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Nach wem sind diese Straßen eigentlich benannt? (Teil 1)

5. Juli 2020

Foto: Samuel Orsenne bearbeitet: WeddingweiserUnse­re Serie: Im Afri­ka­ni­schen, im Eng­li­schen oder im Brüs­se­ler Vier­tel, aber auch im Brun­nen­vier­tel oder im Sol­di­ner Kiez sind vie­le Stra­ßen nach Län­dern, Orten oder mit Bezug auf Kriegs­schau­plät­ze benannt. Da kann man schon eine klei­ne Welt­rei­se machen. So man­cher Stra­ßen­na­me im Wed­ding und Gesund­brun­nen klingt merk­wür­dig. Nicht weni­ge sind nach Per­so­nen benannt – mit teil­wei­se sehr frag­wür­di­gen Bio­gra­phien. Wer dahin­ter steckt, dürf­te aller­dings kaum jemand wis­sen. Wir erklä­ren euch kurz, mit wem wir es da zu tun haben.

Straßenname auf Anwohnerwunsch

Straßenschild Bellermannstraße Prinzenallee Straßenname
Foto: Samu­el Orsenne

Bel­ler­mann­stra­ße: Der Vater des 1793 gebo­re­nen Chris­ti­an Fried­rich Bel­ler­mann war ab 1804 Gym­na­si­al­di­rek­tor in Ber­lin. Nach dem Schul­be­such kämpf­te er als Frei­wil­li­ger gegen die napo­leo­ni­sche Besat­zung und stu­dier­te ab 1814 Theo­lo­gie. Von April 1818 bis Herbst 1825 war Bel­ler­mann Pre­di­ger in Lis­sa­bon, ab 1827 in Nea­pel. Ab 1835 wirk­te Bel­ler­mann als Pfar­rer an der neu errich­te­ten St.-Pauls-Kirche am Gesund­brun­nen. Sei­ne in Süd­eu­ro­pa durch­ge­führ­ten For­schun­gen ver­öf­fent­lich­te er 1839. Kurz nach sei­nem Tod 1863 bean­trag­ten Anwoh­ner, der Stra­ße den Namen Bel­ler­mann­stra­ße zu ver­lei­hen, den sie dann auch erhielt.

Butt­mann­stra­ße: 1891 wur­de eine wei­te­re Stra­ße nach einem Pre­di­ger an der St. Pauls-Kir­che benannt, näm­lich nach Phil­ipp Butt­mann (1809 – 1901). Die­ser stamm­te aus einer seit 1789 in Ber­lin woh­nen­den Huge­not­ten­fa­mi­lie. Er war zwei­ter Pas­tor an der St.-Pauls-Kirche in der Bad­stra­ße 5051. Butt­mann wohn­te in der Pank­stra­ße 30. Bei der Stra­ße gibt es eine Beson­der­heit: Sie wur­de noch zu sei­nen Leb­zei­ten nach ihm benannt.


Alchemisten

Am Ende des 19. Jahr­hun­derts waren neue Stra­ßen rund um die Bad- und die Brun­nen­stra­ße sowie an der Pan­ke ent­stan­den. Die­se wur­den vor allem nach Alche­mis­ten benannt, die vom 16. – 19. Jahr­hun­dert in Ber­lin gewirkt haben.

Thur­neysser­stra­ße seit 1891

Gropiusstraße Thurneysserstraße Straßenschild Straßenname
Foto: Til­man Vogler

Leon­hard Thur­neysser, gen. zum Thurn (1531 – 1596) war Alche­mist und Medi­zi­ner. Der gebür­ti­ge Base­ler hat­te Medi­zin stu­diert und wur­de 1571 Leib­arzt des bran­den­bur­gi­schen Kur­fürs­ten. Thur­neysser war Anhän­ger der moder­nen Theo­rien von Para­cel­sus und leb­te im leer­ste­hen­den Fran­zis­ka­ner­klos­ter zu den Grau­en Brü­dern, wo er ein Labo­ra­to­ri­um und eine Buch­dru­cke­rei ein­rich­te­te. Er floh 1584 wegen Kri­tik an sei­nen medi­zi­ni­schen Prak­ti­ken und starb verarmt.

Kun­kel­stra­ße seit 1895:

Der 1631 gebo­re­ne Johann Kun­ckel von Löwen­stern war Exper­te für Glas­her­stel­lung, Alche­mist und Erfin­der. Außer­dem wirk­te er als Kam­mer­die­ner des Gro­ßen Kur­fürs­ten. Er starb 1703 in Stock­holm, vom schwe­di­schen König geadelt.

Bött­ger­stra­ße seit 1905

Johann Fried­rich Bött­ger, 1682 ‑1719, hat­te eine Apo­the­ker­leh­re absol­viert. Er  floh, weil er ver­meint­lich Gold pro­du­ziert hat­te, aus Ber­lin nach Sach­sen. Dort wur­de er nicht, wie gefor­dert, nach Preu­ßen aus­ge­lie­fert, son­dern man mach­te sich sei­ne Kennt­nis­se zunut­ze: 1709 gelang ihm die Her­stel­lung von Hart­por­zel­lan – die Geburt der Por­zel­lan­ma­nu­fak­tur Mei­ßen, die er bis zu sei­nem Tod leitete.


Unternehmer

Man­che Unter­neh­mer und Poli­ti­ker hat­ten einen direk­ten Bezug zum Wed­ding, man­che Namens­ge­ber nicht. Von Ernst Sche­ring und Hein­rich Behm kann man jeden­falls sagen, dass sie den Wed­ding nach­hal­tig beein­flusst haben.

Sche­ring­stra­ße seit 1894

Ernst Chris­ti­an Fried­rich Sche­ring, 1824 – 1889, war Apo­the­ker und Phar­ma­zeut. 1851 erwarb er die spä­te­re Grü­ne Apo­the­ke in der Chaus­see­stra­ße. Auf der Pari­ser Welt­aus­stel­lung 1855 erhielt er eine Sil­ber­me­dail­le für sei­ne Erzeug­nis­se. Das Apo­the­ken­la­bor wur­de peu à peu zu einer che­mi­schen Pro­duk­ti­ons­stät­te umge­wan­delt und 1864 in die Mül­lerstra­ße ver­legt. Hat­te Sche­ring sich zunächst auf Foto-Hilfs­mit­tel spe­zia­li­siert, setz­te die Fir­ma spä­ter auf Arz­nei­mit­tel. 1882 schied Sche­ring aus dem Betrieb aus.  Nach die­sem für den Wed­ding so wich­ti­gen Fabri­kan­ten (heu­te Stand­ort der BAYER AG)  sind eine Schu­le in der Lüt­ti­cher Stra­ße und eine (heu­te) rela­tiv unbe­deu­ten­de Stra­ße im Brun­nen­vier­tel benannt.

Behm­stra­ße seit 1894

In der Behmstraße

Hein­rich Wil­helm Behm, 1708 – 1780, erbau­te das Bad und den Trink­brun­nen auf sei­nem Land an der Pan­ke, wo 1701 eine Heil­quel­le ent­deckt wor­den war. Einer Legen­de zufol­ge hat­te der König Fried­rich I. an die­ser Stel­le nach Was­ser ver­langt. Die Mül­le­rin reich­te ihm die­ses und es schmeck­te ihm gut. Die­se Legen­de ver­brei­te­te der Arzt und Hof­apo­the­ker Behm und nann­te das Bad Fried­richs-Gesund­brun­nen. 1809 wur­de das Bad nach der Köni­gin Lui­se von Preu­ßen „Lui­sen­bad“ genannt – der noch im Namen der Biblio­thek fort­lebt. Letzt­lich sind so auch die Namen Bad- und Brun­nen­stra­ße entstanden.

Rave­né­stra­ße seit 1895

Lou­is Rave­né, 1793 – 1861, war Nach­kom­me huge­not­ti­scher Ein­wan­de­rer und Eisen­wa­ren­händ­ler. Rave­né über­gab die Eisen­groß­hand­lung an sei­nen Sohn Pierre Lou­is R. Rave­né, der spä­ter wegen sei­ner öffent­lich zugäng­li­chen Gemäl­de­samm­lung bekannt wur­de. Er hat kei­nen direk­ten Bezug zum Wedding.

Lie­sen­stra­ße seit 1833

Carl Adolf Fried­rich Lie­sen, 1785 – 1854, hat­te eine Gast­stät­te in der Chaus­see­stra­ße. Nach­dem 1826 eine Stra­ße durch sein Gelän­de ange­legt wur­de, erhielt die­se 1833 sei­nen Namen. Der Name hat also nichts mit dem Frau­en­na­men “Lie­se” zu tun.

Wollank­stra­ße seit 1882

Fried­rich Adolph Wollank, 1833 – 1877, gehör­te zu einer bekann­ten Guts­be­sit­zer­fa­mi­lie – berühmt für ihren Wein­berg am heu­ti­gen Wein­bergs­weg. Er war Amts­vor­ste­her in Pan­kow und Anlie­ger der nach ihm benann­ten Stra­ße. Erst seit 1938 gehört der Abschnitt zwi­schen Prin­zen­al­lee und S‑Bahnhof Wollank­stra­ße zum Wedding.


Mehr Infos zu allen Ber­li­ner Stra­ßen fin­det ihr bei Kau­perts. Stra­ßen­füh­rer durch Ber­lin. Jeder Stra­ßen­na­me wird erklärt.

In Teil 2 geht es um Schrift­stel­ler, Archi­tek­ten und Militärs.

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

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