Im “Tresor” wurde Technogeschichte geschrieben und das Berghain hat Berlins Ruf als Partyhauptstadt auch international gefestigt. Mag sein. Aber die beste „Disse“ für ein breites Publikum war Joe am Wedding – zumindest wenn man unsere Leserinnen und Leser fragt. Kurz gesagt: eine Legende!
Für welchen Club gibt es heutzutage noch Jahreskarten? Wer in den 1980er-Jahren etwas auf sich hielt, hatte eine, und zwar für Joe am Wedding. Diese Großraumdisko war eigentlich ein Ausschanklokal der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei an der Seestraße Ecke Amrumer Straße. Der Festsaal wurde später an Detlef „Joe“ Gerhardt verpachtet, der eine kleine Diskokette betrieb. Im auf 3000 Personen ausgelegten Saal gab es viel Livemusik – denn dafür war das Joe am Wedding in Berlin bekannt.
Besonders in Erinnerung geblieben ist vielen der Drink Weltfrieden – ein großes Glas Berliner Weiße mit Wodka Lemon oder Gin Tonic gefüllt. Doch im Mittelpunkt stand am Ende die Musik. Wir haben Larry Schuba gefragt, dessen Band Western Union an jedem Montag im brechend vollen Laden Country und Rock’n Roll spielte. „Ich habe am Anfang zu Joe gesagt: Warum Montag, da ist die Stadt doch tot?“, erinnert sich Larry. Joes Antwort: „Genau deshalb! – Und er hatte so recht. Joe hatte das Gespür, das Andere zu machen und er hat alles auf eine Karte gesetzt.“ Donnerstags war allerdings keine Live-Musik angesagt, denn da war Karaoke-Tag.
Legendär war der Abend des Wahlsiegs von Walter Momper im Jahr 1989. Der SPD-Politiker erhielt bei Joe im roten Wedding den roten Schal, der für Jahrzehnte sein Markenzeichen wurde. Doch nichts hat ewig Bestand: In den 1990er-Jahren rutschte die Diskothek in die Insolvenz, weil die Kreuzberger Partnerdisco Pleasure Dome in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Am 30. Juni 1996 war Schluss. Wiederbelebungsversuchen unter anderem als „Palace“ und „Kral“ war ebenfalls kein Erfolg beschieden. Anfang 2011 wurde das Gebäude schließlich abgerissen. Derzeit ist dort ein neues Wissenschaftsgebäude geplant, das 2023 fertig sein soll.
Unsere Leserinnen und Leser haben wir gefragt, an was sie sich erinnern, wenn sie an Joe am Wedding denken. Dass gleich gegenüber die Maximilian-Currybude lag, fand unser Leser Mario von Vorteil. Für wieder andere stand der Dating-Aspekt im Vordergrund: „Im Joe am Wedding habe ich meine Jugendliebe kennengelernt“, schreibt beispielsweise Bernd. Und Nicole traf dort ihren zukünftigen Mann – in diesem Jahr feiern die beiden übrigens Silberhochzeit. Ein beliebter Treffpunkt eben. „Live-Musik, gutes Bier und nette Menschen. War halt ´n geiler Schuppen“, erinnert sich Mario. Party-Fotos? Haben wir leider keine zugesandt bekommen – und doch bleibt Joe am Wedding im Herzen vieler Westberliner und vor allem der Weddinger als ihr zweites Wohnzimmer.
„Ich werde diese Zeit niemals vergessen“, schreibt uns Matthias. „Danke Western Union und dem Mann am Pult!“
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