Die Weddingwoche ist eine wöchentliche Kolumne über aktuelle Ereignisse in unserem Stadtteil. Diese erscheint auch samstags im Berliner Abendblatt, Ausgabe Wedding.
Er ist zurück, und ich spüre ein Kratzen im Hals, das dort nicht hingehört. Vermutlich hatte sich der Winter nur für ein paar Tage zurückgezogen, um neue Kräfte zu sammeln und dann seinen Job zu Ende zu bringen. Immerhin gab es noch eine Handvoll Menschen wie mich in Berlin, die bisher ohne Grippe davongekommen waren. Der Winter musste sich also nur in Lauerstellung begeben und abwarten, bis ich meine Wintersachen im hintersten Winkel meines Schrankes vergraben hatte. Er wusste, ich würde nach wochenlanger Kälte und Finsternis durch ein paar warme Tage leichtsinnig werden und mich fortan selbst dann ohne Schal und daumendicken Pullover vor die Tür wagen, wenn es wieder kälter werden sollte. Offenbar ist er nicht nur der dunkelste Winter, nein, er ist auch noch verdammt gerissen.
Dabei bin ich nicht der Einzige, der sich schon auf den Frühling eingestellt hat. Auf der Bellermannstraße konnte ich zwei Hartgesottene beobachten, die mit ihrem Bier vor dem Spätkauf saßen. Zugegeben, im Nachhinein bin ich mir unsicher, ob sie nicht einfach – vom neuerlichen Wintereinbruch überrascht – auf ihrer Bank festgefroren waren. Auch meine Wintermontur einzumotten, war vielleicht zu voreilig. Mit den dicken Pullis, dachte ich, ist es wie mit der Zigarette, die man sich beim Warten auf den Bus ansteckt. Kramt man die Wintersachen wieder hervor, kommt genau dann der Frühling. Also wartete ich ab. Wenn ich jetzt eine Grippe bekomme, hat der Winter zumindest das, was er wollte, und der Frühling kann kommen.