Ab sofort gibt es auf dem Weddingweiser eine wöchentliche Kolumne. Diese erscheint auch samstags im Berliner Abendblatt, Ausgabe Wedding. Den Anfang macht Ingo Scharmann zum Thema “Gute Vorsätze”…
Meine Liste mit Vorsätzen für 2013 wurde am Neujahrsmorgen spontan um die Absichtserklärung ergänzt, nie wieder Alkohol zu trinken. Und auch die Zigarettenindustrie soll keinen müden Cent mehr an mir verdienen. 2012 konnte ich mich noch damit herausreden, die Welt würde ohnehin im Dezember untergehen. Wozu dann der Stress, mit dem Rauchen aufzuhören? Aber wenn sich die Welt weiter dreht, macht es durchaus Sinn, sich wieder Gedanken über Gesundheit, Figur und Fitness zu machen. Da meine Tage als rauchende Couch-Kartoffel endgültig gezählt sein sollen, rappele ich mich gleich an Neujahr zu einem Spaziergang durch den Wedding auf.
Inzwischen kann ich mich auch wieder durch die Straßen bewegen ohne die ständige Furcht, jemand könnte aus der Deckung seiner Balkonbrüstung einen Böller vor meine Füße werfen. Überhaupt scheint sich die Armee der Hobby-Pyrotechniker auf dem Rückzug zu befinden, denn in der Ferne zischt und kracht es nur noch gelegentlich.
Auf dem Leopoldplatz bleibe ich im Nieselregen vor einem großen Weihnachtsbaum stehen. Auf die bunten Sterne, die den Baum schmücken, haben Weddinger Kinder ihre Wünsche für Weihnachten geschrieben. Sie reichen von einer Barbie-Puppe bis hin zu einer kleinen Schwester. Schwer zu sagen, ob Amy die „große Rassel“ bekommen hat, die sie sich gewünscht hat. Der Wunsch, „das Es keine Menchen mehr Gips, die Papie Auf den Boner werfen“ hat sich jedenfalls nicht erfüllt, denn überall liegt Papier mit Aufschriften wie „Fire Fantasy“ oder „High Speed Bombs“ herum. Dem Kind zuliebe beschließe ich die Sache mit dem Papier auch auf meine Liste zu nehmen und überlege, wie nett es wäre, wenn man seine Neujahrsvorsätze auch am Leopoldplatz aufhängen könnte: „Ich wünsch mir, das es keine Tage mehr Gips, wo ich ganzen Tag auf Kausch rumsitz. Und wenn, dann wenigstens nicht mit Kippe.“
Der Leo scheint mir jedenfalls ein besserer Ort für meine Liste als ein Kopf, der sich gerade erst von dem erholt, was nachts in ihn hineingeschüttet wurde!
Ingo Scharmann
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