Mastodon

Schotter, Schotter, grün, grün, grün

21. Juni 2016
2
Nicht irgendwie bewachsen, sondern bewusst begrünt sind die Gleise in der Osloer Straße. Foto: D. Hensel
Nicht irgend­wie bewach­sen, son­dern bewusst begrünt sind die Glei­se in der Oslo­er Straße.

Ich wün­sche mir ein Stra­ßen­bahn­gleis! Um neben den Schie­nen in der wil­den Wie­se spa­zie­ren zu gehen, um bei Lini­en­un­ter­bre­chun­gen im Gleis­bett pick­ni­cken zu kön­nen, um mit dem klei­nen Wed­din­ger Züge zu zäh­len. Aber vor allem: hät­te ich ein Stra­ßen­bahn­gleis, könn­te ich es begrü­nen. Ich könn­te, den Mau­er­pfef­fer, den ich beim Lan­gen Tag der Stadt­Na­tur am Sonn­tag (19.6.) geschenkt bekom­men habe, wie gehei­ßen, zer­rup­fen und mit den nach­wach­sen­den Pflan­zen mei­ne eige­ne grü­ne Oase anle­gen. Es wür­de wach­sen und sprie­ßen und schon im über­nächs­ten Jahr könn­te ich selbst zu Gleis­füh­run­gen einladen.

Eine Gruppe schaut ich die begrünten Gleise in der Osloer Straße beim Langen Tag der StadtNatur an . Foto: D. Hensel
Eine Grup­pe schaut ich die begrün­ten Glei­se in der Oslo­er Stra­ße beim Lan­gen Tag der Stadt­Na­tur an.

Weil ich aber kein Stra­ßen­bahn­gleis mein Eigen nen­ne, habe ich mir am Sonn­tag in der Oslo­er Stra­ße „Die wil­de Sei­te der BVG“ ange­schaut. Die Ber­li­ner Ver­kehrs­be­trie­be (BVG) hat, was ich mir wün­sche: Stra­ßen­bahn­schie­nen, vie­le Stra­ßen­bahn­schie­nen. Tou­ren­füh­re­rin Hen­drik­je Schrei­ter, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät (Insti­tut für Agrar- und Stadt­öko­lo­gi­sche Pro­jek­te) nahm mich und fünf wei­te­re Stadt­er­kun­der mit auf einen sehr infor­ma­ti­ven Spa­zier­gang ent­lang der 1995 ein­ge­rich­te­ten begrün­ten Test­stre­cke zwi­schen U‑Bahnhof Oslo­er Stra­ße und Eckern­för­der Platz.

Neu ist die Idee der grü­nen Glei­se nicht. So erfuhr ich, dass es schon seit der Erfin­dung der elek­tri­fi­zier­ten Stra­ßen­bahn 1881 ers­te Gleis­be­grü­nun­gen gab. In den 1990er-Jah­ren kam das The­ma mit einem gewach­se­nen Umwelt­be­wusst­sein aber erst rich­tig auf die Tages­ord­nung. Bis dahin gab es fast nur Schot­ter­glei­se. „Heu­te gibt es in Deutsch­land ins­ge­samt 565 Kilo­me­ter begrün­te Glei­se“, erklär­te uns Hen­drik­je Schrei­ter. In Ber­lin sind 60 Kilo­me­ter mit ver­schie­de­nen Pflan­zen bewach­sen, was zusam­men einer Grün­flä­che von 15 Hekt­ar ent­spricht. Ber­lin gehört damit im Deutsch­land­ver­gleich zu den Spitzenreitern.

Mit Sedum (Fetthenne) bewachsen sind die Gleise in der Osloer Straße. Foto: D. Hensel
Mit Sedum (Fett­hen­ne) bewach­sen sind die Glei­se in der Oslo­er Straße.

Aber war­um lässt die BVG ihre Glei­se begrü­nen? Frank Drey­er von der BVG erklär­te uns die  Vor­tei­le gegen­über dem kon­ven­tio­nel­len Gleis. „Schot­ter­glei­se müs­sen von Begrü­nung frei gehal­ten wer­den, weil sie sonst Scha­den neh­men“, erläu­ter­te er. Des­halb wird das Grün teil­wei­se mit viel Auf­wand und mit Che­mie bekämpft. Grü­ne Glei­se sei­en pfle­ge­leich­ter und damit auch öko­no­misch, öko­lo­gi­scher und ein­fach hüb­scher. „Die begrün­ten Glei­se min­dern auch den Lärm, den eine Stra­ßen­bahn macht, lässt das Regen­was­ser nicht ein­fach ver­si­ckern und bin­det den Fein­staub aus der Luft“, ergänzt Hen­drik­je Schrei­ter die Grün­de, die fürs grü­ne Gleis sprechen.

Der Gleis­ab­schnitt, den wir uns anschau­ten, war mit Mau­er­pfef­fer (Sedum) bepflanzt. Mit die­sen wider­stands­fä­hi­gen Pflan­zen sind zehn Pro­zent der begrün­ten Glei­se in Ber­lin bepflanzt. „Die Pflan­zen eig­nen sich nur für Stand­or­te, an denen nicht über die Glei­se gelau­fen wird. Mehr­ma­li­ges Drauf­tre­ten ver­trägt das Sedum nicht“, sagt Hen­drik­je Schrei­ter. Für alle ande­ren Gleis­ab­schnit­te benutzt die BVG Rasen – dem­nächst wird auf einem wei­te­ren Teil­stück der M13, näm­lich am Virch­ow-Kli­ni­kum, ein wei­te­rer Rasen­ab­schnitt hin­zu­kom­men. Der Rasen macht die Glei­se eben­falls grün – muss jedoch zwei bis drei Mal im Jahr bei lau­fen­dem Betrieb gemäht werden.

Grün zum Mitnehmen: Jeder durfte etwas Sedum (Fetthenne) mit nach Hause nehmen. Foto: D. Hensel
Grün zum Mit­neh­men: Jeder durf­te etwas Sedum (Fett­hen­ne) mit nach Hau­se nehmen.

Bis zum Eckern­för­der Platz sind wir lei­der nicht gekom­men mit unse­rer Füh­rung „Die wil­de Sei­te der BVG“. So war es eigent­lich geplant gewe­sen. Es gab ein­fach so viel Inter­es­san­tes zu sagen und zu erfah­ren über die klei­nen Pflänz­chen, die im Gleis­bett wach­sen … Doch das macht nichts! Nächs­tes Jahr gibt es ja wie­der einen Lan­gen Tag der Stadt­Na­tur, orga­ni­siert von der Stif­tung Natur­schutz Ber­lin. Und da ent­de­cken wir ein­fach den Rest der Stre­cke in der Oslo­er Stra­ße. Oder gleich den Rest des grü­nen Berlin.

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

 

 

 

Nächste Station: Gleisführung. Foto: D. Hensel
Nächs­te Sta­ti­on: Gleis­füh­rung. Fotos: Domi­ni­que Hensel
Gleisführung in der Osloer Straße beim Langen Tag der StadtNatur. Foto: D. Hensel
Gleis­füh­rung in der Oslo­er Stra­ße beim Lan­gen Tag der StadtNatur.

2 Comments Leave a Reply

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?