Im Jahr 1986 wurde die NachbarschaftsEtage von Mitgliedern des Vereins Fabrik Osloer Straße e.V. gegründet. Der Verein war bereits einige Jahre zuvor im März 1982 entstanden. Beide Gründungen liegen weit zurück, nun wird in diesem Jahr das 30-jährige Bestehen der NachbarschaftsEtage gefeiert.
Ruth Ditschkowksi leitet die NachbarschaftsEtage seit vielen Jahren und ist gleichzeitig im Vorstand des Vereins Fabrik Osloer Straße aktiv. Wie weit die Gründungen des Vereins Osloer Straße und des Treffs für Nachbarn zurückliegt, ist an den Worten zu spüren, die Ruth Ditschkowski verwendet: „Wir kommen aus der Gemeinwesenarbeit“. Gemeinwesenarbeit kommt aus dem Bereich der Sozialarbeit und bedeutet, sozialräumlich und ressortübergreifend tätig zu sein. Gemeinwesenarbeit heißt, zur Selbsthilfe zu befähigen und soziale Teilhabe im Gemeinwesen zu ermöglichen. Das sind auch die Wurzeln der NachbarschaftsEtage.
In den 80ern war die Off-Szene in der Fabrik zu Gast
In den 1980er Jahren bestand ein großer Teil dieser Arbeit mit und für Nachbarn in der Osloer Straße 12 darin, Kulturveranstaltungen zu organisieren. „Norbert Kleemann hat durch die NachbarschaftsEtage eine Off-Szene in die Fabrik geholt. Es gab Kunst, Bettina Wegner sang hier, es gab eine Ausstellung über die RAF, 1988 war hier die AVE-Modemesse“, sagt Ruth Ditschkowski. Ihre Stimme klingt noch immer stolz, wenn sie darüber spricht, was der Verein und die NachbarschaftsEtage in den 1980er Jahren erreicht haben.
1990 musste sich die NachbarschaftsEtage neu ausrichten, denn Kunst und Kultur zu ermöglichen, wurde immer schwerer. Deshalb wechselte der Schwerpunkt der Arbeit auf das Feld Familienbildung, auch „wenn wir die Kultur nie aufgegeben haben.“ Zum Konzept Familienbildung gehört unter anderem das im April 2014 eingerichtete Familienzentrum, ein Projekt der NachbarschaftsEtage. Unverändert in all den Jahren und auch für Ruth Ditschkowski persönlich wichtig war die Arbeit mit Migranten. Das sei damals eine bewusste politische Entscheidung gewesen. Sie sagt: „Alles was wir machten, war politisch.“
Vom Kinderladen in die Zündholzmaschinenfabrik
Ebenfalls eine bewusste politische Entscheidung war es für die Sozialarbeiterin und Erzieherin Ruth Ditschkowski, als sie sich 1981 für eine Arbeit beim Verein Putte entschied. Der Verein verstand sich als politisch. Er betrieb vor der Flächensanierung des Brunnenviertels in den 1970er Jahren einen Kinderladen in der Putbusser Straße. Das Besondere damals: Der Kinderladen richtete sich ausdrücklich auch an Kinder von Migranten. Heute ist das normal, aber damals war es neu und war Ausdruck einer politische Haltung. Ab 1978 wechselte der Putte e.V. von der Puttbusser Straße in einen Seitenflügel der ehemaligen Zündholzmaschinenfabrik in der Prinzenallee.
Die NachbarschaftsEtage in der Fabrik Osloer Straße nutzt heute die Räume im ersten Obergeschoss und im Erdgeschoss des Hinterhofes. Es ist ein Ort, wo Nachbarn sich treffen können, zum Beispiel im NachbarschaftsCafé. Die Angebote richten sich an alle Menschen in der Nachbarschaft. Neben regelmäßigen Veranstaltungen und Kursen stellt die NachbarschaftsEtage ihre Räume – ein Veranstaltungssaal mit Café und drei Gruppenräume – für Stadtteilgruppen, Vereine und Initiativen zur Verfügung. Vor allem aber ist es ein Ort, wo viele Angebote für Familien und junge Eltern stattfinden. Um gerade diese Angebote für Familien noch auszubauen, wird die Etage seit April 2014 als Familienzentrum von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft gefördert.
Im September wird das Jubliäum gefeiert
Für Ruth Ditschkowski ist das Jubiläumsjahr 2016 ein gutes Jahr, zeugen 30 Jahre NachbarschaftsEtage doch auch von einer beachtlichen Durchhaltekraft. Im September wird es ein Jubiläumsfest geben, um das zu feiern. Als Vorstand des Vereins Fabrik Osloer Straße hat Ruth Ditschkowski auch den Blick für das gesamte Gelände mit seinen vielen Projekten und Initiativen, aber die NachbarschaftsEtage ist nicht nur für sie ein wichtiges inhaltliches Projekt des Vereins. Hier steckt seit 30 Jahren ganz viel für die Nachbarschaft im Soldiner Kiez drin.
Mehr Informationen über die Arbeit des Projektes gibt es online unter www.nachbarschaftsetage.de und auch auf Facebook unter der Adresse www.facebook.com/NachbarschaftsEtage.
Der Text ist in der Mai-Ausgabe des Kiezmagazins Soldiner erschienen. Wir sind Kooperationspartner der Bürgerredaktion, die das Magazin ehrenamtlich vier Mal im Jahr herausgibt. Autor dieses Textes ist Andrei Schnell. Mehr über die Soldiner-Kiezredaktion unter www.dersoldiner.wordpress.com. Fotos: Fabrik Osloer Straße, Andrei Schnell, Dominique Hensel