Im Interview mit dem Weddingweiser beschreibt Bezirksstadtrat Christopher Schriner, an welchen Punkten der Bezirk Mitte ansetzt, um der zunehmenden Vermüllung des öffentlichen Raums zu begegnen.

Mit der Ordnungsamt-App ist schon einmal ein sehr praktikabler Anfang gemacht worden, und viele haben auch gute Erfahrungen damit gemacht. Müll-Ecken werden mit ihrem genauen Standort und einem Foto per Smartphone gemeldet und damit auch den zuständigen Stellen bekanntgegeben. Welche Tücken hat die App aus Ihrer Sicht, die für Frust bei den Nutzer:innen sorgen könnten?
Schriner: Insgesamt wird die App von der Bevölkerung sehr positiv wahrgenommen, das spiegeln zumindest die positiven Rückmeldungen wider, die das Ordnungsamt hierzu erhält. Nichtdestotrotz besteht ein Verbesserungspotential im Rahmen des Ampelsystems (rot: offen, gelb: in Bearbeitung, grün: erledigt), da dieses von den Nutzenden öfter fehlinterpretiert wird. Es schürt die Erwartung, dass „grün“ für „erledigt“ bedeutet, dass der Vorgang insgesamt erledigt ist. Das „erledigt“ sagt in den meisten Fällen aber nur aus, dass wir es bei der zuständigen Stelle platziert haben und die Bearbeitung von dort zugesagt wurde. Das gilt auch für die BSR. Wenn die Rückmeldung „erledigt“ von der BSR eingeht, heißt das nur, dass die Meldung dort weiter verarbeitet wird. Das „erledigt“ geht aber auch an die Beschwerdeführer*innen. Das sorgt für Frust auf allen Kanälen. Hier könnte beispielsweise eine bessere Erläuterung in den Anwendungsregeln erfolgen, zuständig dafür wäre aber das Landesamt LABO. Zudem wurde in Einzelfällen bemängelt, dass keine Videos hochgeladen werden können, sondern nur zwei Fotos. Dieser Umstand ist aber möglicherweise auf eine Datensparsamkeit zurückzuführen, um die Server nicht zu belasten.


In Berlin-Mitte gibt es keine BSR-Recyclinghöfe. Die Weddinger:innen müssen dazu nach Reinickendorf (Lengeder Straße) oder in den Prenzlauer Berg (Behmstraße) ausweichen. Dazu kommt, dass nur wenige Bewohner:innen unseres Stadtteils ein eigenes Auto haben. Wie wollen Sie als Bezirk dafür sorgen, dass mehr Müll abgegeben werden kann?
Diese Problematik trifft leider ebenfalls auf viele weitere Berliner Kieze zu und muss daher gesamtstädtisch gelöst werden. Darauf möchten wir aber im Bezirksamt Mitte nicht warten und haben daher beschlossen, unsere Aktivitäten aus eigener Kraft erheblich zu verstärken und auszubauen. Die Kieztage der BSR sind hierbei nur ein Instrument, das sich wachsenden Zuspruchs erfreut. Auf weitere wichtige Aktionen, die in diese Richtung gehen, hat sich das Bezirksamt kürzlich verständigt und die diesjährige Liste der Projekte beschlossen, die über das Senatsförderprogramm „Saubere Stadt“ finanziert werden.
Mit den Kieztagen der BSR, wo in verschiedenen Teilen des Stadtteils Sperrmüll an einem zentralen Ort abgegeben werden kann, ist Mitte besonders erfolgreich. Soll dieses Angebot ausgebaut und auch noch weiterentwickelt werden?
Ja, das Bezirksamt Mitte befindet sich in guten Gesprächen mit den Verantwortlichen der BSR. Und die Signale, die wir zur Ausweitung der Kieztage von der BSR erhalten, sind positiv. Überdies können wir uns vorstellen, die BSR in weitere Aktionen zur Bekämpfung des Mülls im öffentlichen Raum einzubeziehen. Ob und in welcher konkreten Form bei welcher unserer verschiedenen Aktionen dies der Fall sein kann, wird demnächst bei einem Austausch der Bezirksbürgermeisterin mit der Vorstandsvorsitzenden der BSR besprochen.



Ein Beispiel des bezirklichen Engagements war der Müll-Gipfel im Soldiner Kiez letztes Jahr, der noch einmal verdeutlicht hat, welchen Stellenwert der Bezirk dem drängenden Problem beimisst...
Es gibt eine Zielvereinbarung mit dem Senat, die bis zum 31. Dezember 2025 befristet ist. Der Bezirk erhält dafür 20.000 Euro, um individuelle Präventionsstrategien umsetzen zu können. Wir haben im Bezirk zwei befristete Stellen für sogenannte „Waste Watcher“ geschaffen, die speziell an bekannten Müll-Hotspots Kontrollen durchführen und die Einhaltung der Sauberkeitsvorgaben überwachen. Besonders achten sie auf die Bekämpfung von Kleinstablagerungen wie Hundekot und Zigarettenkippen sowie größeren Ablagerungen, etwa Sperrmüll und Gewerbeabfällen. Die Einsatzkräfte werden gezielt in Bereichen aktiv, die häufig von Verschmutzungen betroffen sind. Darüber hinaus sind Präventionsmaßnahmen im Rahmen von Schulbesuchen und anderen öffentlichen Veranstaltungen geplant, um über die Auswirkungen von illegalem Müll im öffentlichen Straßenland aufzuklären.
Rund 80 Prozent aller Beschwerden, die das Bezirksamt Mitte erreichen, drehen sich um Müll. Ob Zigarettenkippen, Plastikbecher oder Sperrmüllhaufen – das Bezirksamt nimmt sich dieses Themas an und startet am Freitag die Kampagne „Mitte macht sauber". Die Kampagne lädt alle ein, gemeinsam aktiv zu werden, sich auszutauschen und kreative Lösungen zu finden. Um das Thema ins Bewusstsein der Menschen zu rücken, sagt das Bezirksamt Mitte dem Müll in diesem Jahr den Kampf an.
Terminhinweis: Am Donnerstag findet von 13:00 – 18:00 Uhr wieder ein BSR-Kieztag in der Tegeler Straße 29 – 31 statt, wo Sperrmüll kostenlos abgegeben werden kann.
Laut Straßenreinigungsgesetz Berlin (von 1978) und der dazu gehörenden Verordnung, auf der für jede Straße in Berlin die Häufigkeit der Reinigung festgelegt ist (per Gesetz, also keine Empfehlung!!), sind fast alle Straßen im Wedding an 5, manche sogar an 6 Tagen die Woche von der BSR zu reinigen. Dies tut die BSR gerade in den Kiezen abseits der großen Touristen-Hotspots schon lange nicht mehr. Allerdings wird die andere Seite des Straßenreinigungsgesetzes erfüllt. Demnach werden 75% der Kosten bei den Anliegern als Zwangsgebühr eingesammelt.
Haus- und Wohnungseigentümer sowie Mieter/innen zahlen also regelmäßig - aber sie (= wir) erhalten nicht die vom Gesetz vorgegebene Gegenleistung, weil die BSR es nicht schafft, ihren gesetzlich aufgegebenen Auftrag zu erfüllen - Dies ist auch kein momentanes Phänomen, sondern das ist so leider schon seit circa 6 Jahren oder länger so.
An dieser Stelle helfen gute Worte der Politik nicht mehr weiter. Nicht ein wenig mehr hiervon und davon, sondern schlichtweg Ausstattung der BSR mit den Ressourcen, die sie benötigt, um das Straßenreinigungsgesetz zu erfüllen.
Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass die Politik endlich mit Tagten aktiv werden muss, die dazzu führen, dass die von Berlin selbst beschlossenen Gesetze aus umgesetzt werden.
Es soll dann doch mal der Landesrechnungshof bei der BSR eine offizielle Organisationsanalyse machen. Dann wird das Problem, das seit Jahren von Politik und Verwaltung zerredet wird, sicherlich mal richtig angepackt. Alles andere ist weiße Salbe.
Es ist auffällig, wie schlecht Berlin, in Puncto Sauberkeit, gegenüber anderen großen europäischen, oder Städten in Nordamerika abschneidet! Müll: eine Ursache mag sein, dass Zugezogene nur andere Wege der Müllentsorgung kennen! In Spanien stellt man seine Mülltüten vor die Tür! Nachts wird der dann abgeholt! Von vielen jungen Zugezogenen wird angenommen, in Berlin mache man das so! Man stellt einfach ein olles Möbelstück oder eine Kiste raus und schreibt zu verschenken rauf und fertig! Die Kleinstmüllablagerungen! Es nutzen die besten Regelungen und Gesetze nichts, wenn Niemand kontrolliert ob Kippen einfach weggeworfen, Hundekot nicht entfernt wird etc. Wenn ich sehe wie viel auf den Gehsteigen gerotzt, geworfen, einfach abgestellt wird- so kann man der Sache nur mit Personal Herr werden! Von Graffiti, dem vermüllten Franzosenbecken, wild abgestellten Einkaufswafen, Fahrrädern in der Panke, will ich gar nicht erst anfangen!
Richtig.
Herr Rogge schreibt es unten ja richtig: warum klappt das mit der Sauberkeit in New York City (!) deutlich besser als in Berlin?
Das kann ich übrigens selbst bestätigen, dass es in NYC sauberer ist.
Zunächst freue ich mich sehr, dass dieses Thema hier aufgegriffen wird.
Auch im Sprengelkiez gibt es mehrere regelmäßige Sperrmüllecken: Lynarstraße vor der städtischen Kita (dort ganz massiv), Lynarstraße/Ecke Tegeler an den Altglas-Containern, Kiautschoustraße direkt am Zugang zum Sprengelparks, aufm Sparrplatz liegen regelmäßig Matratzen, Wildenowstr.
Das sind die Orte, die mir regelmäßig auffallen.
Zwei befristete Stellen für ganz Mitte, hmmm, nun ja. Besser als nichts, aber das reicht doch vorne und hinten nicht.
Ich würde mich nicht wundern, wenn einige neue Bewohner glauben, das es sich hierbei um offizielle Sperrmüllabstellplätze handelt.
Bei einigen anderen (Togostr./Kameruner Str.) sieht es aus als würde sich der benachbarte Entrümpelungsbetrieb dort des Sperrmülls entledigen, der nicht mehr für den Verkauf geeignet ist.
Letztens wieder mal für eine Woche in New York. Die Stadt, vor allem die Straßen sind sauber, selbst in den Slumgebieten. Woran das wohl liegen mag? In deutschen Medien ist stets Gegenteiliges zu lesen, neuerdings auch Rattenplage, Obdachlose in Zelten etc.