Ich komme aus Süddeutschland, die meiste Zeit meines Lebens habe ich aber hier in Berlin verbracht. Und doch ist es so, dass man eine Verbundenheit zu seiner Heimat und vor allem auch zu seiner Sprache hat.
Wolfgang hatte seine Galerie bei mir um die Ecke im Bellermannkiez. Die kleinste Produzenten-Galerie Berlins, wie ein Schild an seiner Tür Auskunft gibt.
Er ist mir aufgefallen, wenn ich täglich daran vorbeigelaufen bin, nachmittags wieder vor seinem Laden auf dem Mäuerchen saß, manchmal rauchend und ein Glas Wein in der Hand.
Irgendwann habe ich ihn angesprochen und ihn um Feuer gebeten. Zu meiner Überraschung hörte ich den Dialekt meiner Heimat aus seinem Mund. Das hatte irgendetwas Verbindendes.
Wir unterhielten uns, freundeten uns an. er zeigte mir seine Kunst, und wir saßen viele Abende zusammen in seiner Galerie. Wir haben Musik gehört und Wein getrunken, über das Leben sinniert und uns gegenseitig Ratschläge gegeben.
Unsere Freundschaft hielt viele Jahre. Eigentlich verging kein Tag ohne eine Begegnung mit Wolfgang. Außer sonntags, der war ihm heilig, da ist er dann immer nach Zehlendorf zu seiner Ex-Frau und zur Familie gefahren. Zu Carolinchen, wie er sie immer noch liebevoll nannte. Mit ihr hatte er zwei Kinder. Das war eine Konstante in seinem Leben, der Familiensonntag.
Vor dem Schaufenster von Wolfgangs Laden ist ein Beet. Wie die meisten Beete in der Bellermannstraße ist es ungenutzt. Ich habe ihm vorgeschlagen, das Beet nutzbar zu machen und dort Sonnenblumen anzupflanzen. Er sagte: "Benjamin, mach einfach." Selber war er nicht wirklich motiviert, Hand anzulegen. Wolfgang hatte es gerne sehr bequem - zumindest aus meiner Sicht. Obwohl er auch ein Arbeitstier war, weil er die ganze Nacht Bilder produziert, danach aber den halben Tag verschlafen hatte.
Ich habe Sonnenblumensetzlinge bei mir zu Hause produziert und dann bei ihm eingepflanzt. Aus dem kleinen Setzlingen wurden riesige Sonnenblumen und ein Publikumsmagnet. Wolfgang war begeistert. Plötzlich blieben so viele Menschen bei ihm vor seiner Galerie stehen und haben das Gespräch mit ihm gesucht. Es hat Leben in seine Bude gebracht. Viele Kontakte sind dadurch entstanden, und er war ganz glücklich darüber, welche Auswirkungen die Bepflanzung hatte. In den folgenden Jahren hat Wolfgang sein Beet selber bepflanzt und gepflegt. Ich glaube, die Sonnenblumen haben noch mal Schwung in sein Leben gebracht,
Ich habe in der Zeit meine Fahrrad Service Station am Plötzensee aufgemacht und bin nicht mehr so oft im Bellermannkiez, dafür war Wolfgang umso mehr bei mir am Plötzensee. Es ist so schön, was aus dieser Begegnung geworden ist, Zuletzt war er erst vor ein paar Wochen hier.
Zum Abschied haben wir uns umarmt und ich habe ihm noch gesagt, wie schön es ist, dass wir befreundet sind. Und er sagte ja, das finde ich auch, Benjamin. Ich wusste nicht, dass es ein Abschied für immer sein wird.
Mein guter, lieber Freund, Wolfgang ist verstorben. Und ich bin traurig darüber, sehr sogar. Seine Familie wird seine Kunst verwalten und wahrscheinlich noch eine Ausstellung organisieren.
Wolfgangs Beerdigung ist am 12.12.2024 um 12:00 Uhr auf dem Friedhof Onkel Tom Straße 30 in Zehlendorf. Die Familie freut sich, wenn wir Wolfgang gemeinsam verabschieden.
Sollte noch eine Ausstellung mit seinem Werk stattfinden, werde ich das auch an dieser Stelle verbreiten. Die Familie wird die Galerie noch eine Zeit lang aufrechterhalten.
Autor: Benjamin Weißstern
Es gibt ein Portrait über Wolfgang und seine Arbeit, welche im Weddingweiser erschienen ist.
Benjamin Weißstern
Danke für den Nachruf.
Er war ein sehr guter Freund das ist das wenigste was ich noch für ihn machen konnte. Danke für deine Anteilnahme.
Benjamin