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Ein Mann und sein Ost-West-Café

25. September 2014
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Update 26.04.2022: GESCHLOSSEN Ich gehe nicht sehr oft ins Ost-West-Café. Aber ich fah­re sehr gern oft dar­an vor­bei. Seit das Café-Restau­rant vor zwei Jah­ren an der Brun­nen­stra­ße, Ecke Ber­nau­er Stra­ße eröff­ne­te, ist der Ein­gangs­be­reich das Brun­nen­vier­tels belebt. Das ist, grob zusam­men­ge­fasst, der Ver­dienst des Ost-West-Cafés. An schö­nen Tagen sit­zen an den Tischen auf dem Geh­weg nun immer Men­schen. Auch Innen ist es meist sehr gut gefüllt und abends knipst der Besit­zer oft die neon­grü­nen Leuch­ten an, damit noch mehr Pas­san­ten das Café bemer­ken. Das ist auch ein Effekt: Die Men­schen auf der ande­ren Sei­te der Brun­nen­stra­ße, in Alt-Mit­te, kön­nen die grel­len Lich­ter sehen und den­ken jetzt viel­leicht sel­te­ner, dass hin­ter der ehe­ma­li­gen Mau­er die Stadt irgend­wie abge­stor­ben oder total gefähr­lich ist. Denn hier ist jetzt ein Café, hier ist Licht, hier ist ganz nor­ma­les Leben, obwohl hier Wed­ding ist.

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Der  Besit­zer: Dr. Suat Özkan las im ver­gan­ge­nen Jahr im Rah­men der Wed­din­ger Lese­wo­che aus sei­nem Buch über Ehrenmord.

Um das Ost-West-Café zu ver­ste­hen, muss man über den Besit­zer reden. Dr. Suat Özkan ist ein in Deutsch­land auf­ge­wach­se­ner Tür­ke, er wohnt im Brun­nen­vier­tel. Er ist ein ehr­gei­zi­ger und vor allem ideen­rei­cher Mensch. Und so ist es kein Wun­der, dass es schwer fällt, ihm des leich­te­ren Ver­ständ­nis­ses wegen ein Eti­kett anzu­schrei­ben. Es wären sehr vie­le Eti­ket­ten nötig, denn Özkan ist Autor, Jurist, Mit­grün­der des Online-Maga­zins kukksi, Quar­tiers­rat, Mit­glied der Bür­ger­platt­form Wed­ding Moa­bit und Held. Ideen gehen ihm nie aus, das merkt jeder, der mit ihm spricht. Eine Idee ist ein Immi­gra­ti­ons­mu­se­um, eine schon etwas kon­kre­ter gewor­de­ne der Ost-West-Back­shop gegen­über sei­nem Café. Dass da nicht ein­fach nur Bröt­chen ver­kauft wer­den, ist irgend­wie klar.

Die Idee beim Ost-West-Café ist es laut Özkan, ein Café-Restau­rant und einen Ort der Begeg­nung zu schaf­fen. Und damit ist es ihm durch­aus ernst. Er lädt ganz ver­schie­de­ne Kul­tu­ren und Reli­gio­nen (per­sön­lich) ein, bei ihm einzukehren.

Böse Zun­gen sagen, der fin­di­ge Unter­neh­mer will nur die Mau­er­ge­denk­stät­ten- und Mau­er­park-Tou­ris­ten in sein Café zie­hen. Für die­se Theo­rie spricht der Tra­bant vor der Tür (bit­te nicht anfas­sen!), die uni­for­mier­ten Alli­ier­ten-Sol­da­ten­pup­pen in den Fens­tern, die Post­kar­ten­stän­der und ein detail­ver­lieb­tes Kon­zept, das das Ost-West-Café selbst in vier (Besatzungs-)Zonen ein­teilt sowie Gerich­te, die mit ihren Namen sagen: Lie­ber Gast, hier war die berühm­te Ber­li­ner Mau­er, Sie essen an einem his­to­ri­schen Ort! Ein His­to­ri­ker hat mir neu­lich mal erklärt, dass es für das, was an die­sem wirk­lich his­to­ri­schen Ort geschieht, einen Begriff gibt. Wil­des Geden­ken. Jeder soll bit­te selbst ent­schei­den, ob das bes­ser ist als gar kein Geden­ken oder nicht. Ich per­sön­lich fin­de den Tra­bant in Ord­nung. Die Sol­den­ten­pup­pen lösen in mir ein sehr ungu­tes Gefühl aus.

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Das Ost-West-Café in der Brun­nen­st­a­ße 53.

Freun­de des Ost-West-Cafés sagen mir, dass die Ecke belebt wur­de, dass es eine Ein­kehr­mög­lich­keit mehr im Brun­nen­vier­tel gibt, die viel­leicht auch ein Tür­öff­ner für das von Mit­te, Pan­kow und auch vom Wed­ding irgend­wie abge­schnit­te­ne Vier­tel ist. Und hier tref­fen sich Men­schen. Tou­ris­ten und tür­ki­sche Groß­fa­mi­li­en essen Tisch an Tisch. Men­schen aus dem Kiez kom­men Kaf­fee­trin­ken, Men­schen von Irgend­wo­her essen Kuchen oder Bur­ger und kau­fen Post­kar­ten. Es gibt Aus­stel­lun­gen zu his­to­ri­schen The­men, flie­gen­den Tee und manch­mal Face­book-Pos­tings zu aktu­el­len und his­to­ri­schen Ereignissen.

Wenn ich es auf einen Satz brin­gen soll, sage ich: Das Ost-West-Café ist wie die Mischung aus Check­point Char­lie und Familienzentrum.

Ost-West-Café, Brun­nen­stra­ße 53, www.ost-west-cafe.de

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

2 Comments

  1. .…und ver­schan­delt mit sei­nem Palet­ten­holz zuneh­mend die Kreu­zung. Auch die Prei­se sind gesal­zen und der Ser­vice meis­tens schlecht, da hier alles nur unge­lern­te Aus­hilfs­kräf­te zu lau­fen scheint. Stän­dig wech­selt das unge­lern­te Per­so­nal und stän­dig sucht das O/W Cafè. Das grü­ne Licht ist so grell, das ich da abends nicht gemüt­lich sit­zen wür­de. Und auch in dem Back­shop ent­steht der Ein­druck, das es hier nur dar­um geht den Kun­den das Geld aus der Tasche zu zie­hen. Wo gibt es denn noch “Ost­bröt­chen” über 25 Jah­re nach dem Mau­er­fall? und war­um kos­ten die so viel? Eigent­lich ist das nur ein Ort wo Tou­ris ihr Geld las­sen sol­len. Wenn der Chef sich end­lich mal gestan­de­ne Gas­tro­no­men holt um küchen­mä­ßig das O/W Cafè nach oben zu brin­gen und sein Per­so­nal anzu­lei­ten könn­te es noch was wer­den. Wie ist denn zu erklä­ren, das der Gast­raum mit chlor­hal­ti­gem Was­ser gewischt wird, wäh­rend noch Gäs­te essen? Der Kiez war­tet ab. Vie­le Besu­cher sind ent­täuscht. Wann wird das Cafè eine Berei­che­rung wer­den… nicht nur für Touris?

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