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2019 – Die Brauseboys ziehen um und das La Luz muss schließen

20. Dezember 2019

Die­ses Jahr war für uns, die Brau­se­boys, wie für vie­le Wed­din­ger, von einem Umzug geprägt. Nach zehn Jah­ren haben wir als Lese­büh­ne unse­re Spiel­stät­te in den Osram-Höfen ver­las­sen und sind für die Lesun­gen don­ners­tags in einen neu­en Raum im Eschen­bräu umge­zo­gen. So schön wir uns dort seit dem Früh­jahr ein­ge­rich­tet haben, hat uns aber die Nach­richt sehr betrübt, dass das lieb­ge­won­ne­ne La Luz zum Jah­res­en­de schlie­ßen muss. Zeit für einen Rück­blick und Abschied, den Robert Res­cue stell­ver­tre­tend an einem Uten­sil abge­hal­ten hat, das nicht mit umge­zo­gen ist. Wir dan­ken dem La Luz für die schö­nen Jah­re, ins­be­son­de­re Gui­do Wen­de­ring und Nuno, und wün­schen alles Gute für das, was kom­men wird. 

Abgesang auf den Teppich

Lie­ber Teppich,

heu­te liegst du an einer zen­tra­len Posi­ti­on auf der Büh­ne, wo du sonst unten liegst und von den meis­ten nicht wahr­ge­nom­men wirst. Das hat einen beson­de­ren Grund, der mit dem Aus­zug der Brau­se­boys aus dem La Luz zu tun hat.

Es ist über 16 Jah­re her, dass der Grün­der der Brau­se­boys dich irgend­wo auf einem Wed­din­ger Bür­ger­steig fand und auf die Idee kam, dich ins Lai­ne-Art zu schlep­pen, um der neu gegrün­de­ten Büh­ne mit einem eige­nen Tep­pich ein unver­wech­sel­ba­res Merk­mal zu geben. Ob es tat­säch­lich Nils Hein­rich war, der den Tep­pich fand, weiß er selbst nicht mehr. Ich war es jeden­falls nicht. 2003, als ich den Wed­ding ken­nen­ler­nen durf­te, gin­gen mir beim Anblick eines her­um­lie­gen­den Tep­pichs zwar so Gedan­ken durch den Kopf wie: „Boah, was für ein krass gei­ler Bezirk. Die Leu­te legen hier ihre gebrauch­ten Möbel auf den Bür­ger­steig. Boah, krass, das ist so geil.“, aber ich wäre nicht so begeis­tert gewe­sen, um ihn mit­zu­neh­men, um auf die­se Wei­se das kar­ge Ate­liers-Inte­ri­eur von Tep­po Joki­nen und Jaak­ko Lai­ne um einen schon damals maro­den Tep­pich zu erwei­tern. Heu­te übri­gens, nach inzwi­schen 14 Jah­ren wohn­haft im Wed­ding, den­ke ich in der glei­chen Situa­ti­on: „Ver­damm­te Schei­ße! Wel­ches ver­damm­te Arsch­loch schmeißt sei­nen ver­fick­ten, ver­ranz­ten Tep­pich auf die Stra­ße, anstatt ihn zur ver­damm­ten BSR zu brin­gen und glaubt dann auch noch, irgend­ein Pen­ner wür­de ihn mit­neh­men. An die Wand stel­len soll­te man die Drecksau.“

Seit 16 Jah­ren liegst du don­ners­tags vor der Büh­ne. Ein­mal die Woche, für drei Stun­den. Das sind, grob geschätzt, eine Men­ge Stun­den und die meis­te Zeit davon sind Leu­te über dich gegan­gen, haben Schup­pen, Bier, Kaf­fee, Schnit­zel mit Pom­mes, La Luz-Bur­ger, Erd­nüs­se und Salz­stan­gen, Dreck, Regen und Schnee auf dich ver­teilt. Das ist nicht schön und mehr, als ein Tep­pich sonst aus­zu­hal­ten hat.

Außer ein paar Male, wenn ich mit dem Staub­sauger über dich gegan­gen bin, wur­de dir nie irgend­ei­ne Pfle­ge zuteil. Kein Tep­pich­schaum, kein Aus­klop­fen, kei­ne Form von irgend­ei­ner Well­ness. Irgend­wie wur­dest du all die Jah­re igno­riert, warst aber doch ein wich­ti­ger Bestand­tei­le der Show. Kei­ner der Gäs­te hat mal gesagt, dass wir einen schö­nen Tep­pich haben, es wur­de nicht ein­mal dar­auf hin­ge­wie­sen, dass wir über­haupt einen Tep­pich haben. Wahr­schein­lich hal­ten die uns alle für bekloppt und wider­wär­tig, weil dei­ne Löcher immer grö­ßer wur­den und du jedem ästhe­ti­schen Anspruch gespot­tet hast.

Vor Jah­ren gab es mal die Gele­gen­heit, dich aus­zu­tau­schen. Ein gut gepfleg­ter Tep­pich aus einer Haus­halts­auf­lö­sung. Ein geeig­ne­ter Zeit­punkt für einen Wechsel.

Aber wie in jeder sozia­len Grup­pe gibt es auch bei den Brau­se­boys kon­ser­va­ti­ve Kräf­te, die den Tag dei­ner Anschaf­fung als gül­tig für alle Ewig­keit und dar­über hin­aus betrach­ten und die „Anpas­sungs­fä­hig­keit an ver­än­der­te Umstän­de“ als ket­ze­risch brand­mar­ken. Über den Grad dei­nes Ver­schlei­ßes haben sie sich damals wie auch heu­te kei­ne Gedan­ken gemacht.

Eine neue Ära bricht an 

Aber der Umzug ins Eschen­bräu ändert die Lage. Die Zeit ist gekom­men für Ver­än­de­run­gen. Das betrifft nicht nur die Anschaf­fung von neu­en Schein­wer­fern, die mit­tels Fern­be­die­nung rotes, blau­es, grü­nes und pas­tel­li­ges Licht kön­nen, die Rück­kehr von Nils Hein­rich und die damit ver­bun­de­ne „Dau­er-Leih­ga­be“ eines kom­pak­ten, moder­nen Bea­mers mit Inter­net-Zugang, der Bil­der in HD wer­fen kann, son­dern auch die Fra­ge, was mit dem alten, ekli­gen Ding pas­sie­ren soll, das kei­ner mehr anfas­sen mag. Einer schlug vor, dich zu ver­bren­nen, was mich fra­gen lässt, wes Geis­tes Kind der­je­ni­ge ist. Die­ser Vor­gang dürf­te eine Kon­zen­tra­ti­on an umwelt­schäd­li­chen Stof­fen frei­set­zen, die eine tage­lan­ge Eva­ku­ie­rung des Wed­ding nötig machen.

Lie­ber Tep­pich, du ahnst, was ich damit sagen will. Dei­ne Zeit ist gekom­men. Vie­le Jah­re lagst du im Wohn­zim­mer von Ehe­paar Scha­lupp­ke aus der Lie­ben­wal­der Stra­ße, die dich 1973 auf dem Basar in Anta­lya für schlap­pe 8.000,- DM gekauft haben, bis ihr Sohn Ewald Krö­ten­ich, gebo­re­ner Scha­lupp­ke einen Aus­flug der Eltern mit dem Freun­des­kreis Wed­din­ger Städ­te­part­ner­schaf­ten zur frei­wil­li­gen Feu­er­wehr Bar­nim dazu nutz­te, den Tou­ris­ten-Nepp gegen einen IKEA-Tep­pich der Modell­rei­he LÖMKE aus­zu­tau­schen, der im übri­gen dem Vor­gän­ger so ähn­lich sieht, dass Ehe­paar Scha­lupp­ke den Aus­tausch 2003 bis heu­te nicht gemerkt hat. Zusam­men mit den Jah­ren bei den Brau­se­boys kommst du somit auf 46 Jah­re Lie­ge­zeit, wobei du die 16 Jah­re bei den Brau­se­boys, meist zusam­men­ge­rollt und lieb­los zusam­men­ge­drückt, in einer Ecke dein Dasein gefris­tet hast.

Lie­ber Tep­pich, ich stel­le mir vor, dass es so eine Art Tep­pich-Wal­hal­la gibt, in das ver­dien­te Tep­pi­che, die alles mit sich haben machen las­sen, auf­ge­nom­men wer­den. Dort wirst du jeden Tag mit einem Tep­pich­schaum in der Duft­rich­tung Man­go-Zimt ein­ge­schäumt und feen­glei­che Geschöp­fe staub­saugen dich zwei­mal am Tag mit einem rich­tig guten Sau­ger der Fir­ma Dys­on, auf das kein Staub­korn auf dir las­ten mag und dei­ne Fran­sen wer­den drei­mal am Tag mit einem gol­de­nen Kamm gekämmt. Betre­ten darf dich nur, wen du für wür­dig erach­test und wer das igno­riert, soll vom Blitz getrof­fen werden.

Lie­ber Tep­pich, wir wer­den dich jetzt ent­las­sen und dich dei­nem Schick­sal über­ant­wor­ten. Wer weiß, viel­leicht wirst du nicht blei­ben, wo wir dich nun hin­brin­gen wer­den oder das mit dem Tep­pich-Wal­hal­la war nur so ein Ein­fall von mir, damit der Text nicht „ein­sei­tig“ wird, also von der Län­ge her? Womög­lich steht dir eine Wie­der­ge­burt als tren­di­ge Hand­ta­sche oder roter Tep­pich bei der Ber­li­na­le bevor. Mit die­ser Hoff­nung wol­len Frank und ich dich nun beglei­ten, wäh­rend DJ Vol­ker ein wahr­haft pas­sen­des Lied anstim­men wird, näm­lich das groß­ar­ti­ge „Adieu“ von Zarah Leander.

Wir sagen DANKE FÜR DIE GEMEINSAME ZEIT!

Jahresrückblick der Brauseboys

Plakat des Jahresrückblicks der Brauseboys

Die Brau­se­boys schau­en auch von der Büh­ne auf das Jahr zurück – vom 12.12.–11.1. im Prenz­lau­er Berg. 

Mehr Infos

Sati­re und Lied­gut, dazu beweg­te Bil­der – ein Multimediaereignis! 

Was kam 2019 nicht alles unter die Räder? Welt­kli­ma, Men­schen­ver­stand, Mie­ter. Doch der gemei­ne Ber­li­ner hat ande­re Pro­ble­me, für ihn ist klar: Die Apo­ka­lyp­se rollt auf E‑Rollern heran.

In ihren wöchent­li­chen Lese­shows haben Thi­lo Bock, Nils Hein­rich, Robert Res­cue, Frank Sor­ge, Vol­ker Sur­mann und Hei­ko Wer­ning das Jahr 2019 inten­siv beob­ach­tet, nun prä­sen­tiert die Wed­din­ger Vor­le­se-Boy­group ihren Jahresrückblick.

Seit 12.12. bei­na­he täg­lich um 20 Uhr im Kooka­bur­ra (Schön­hau­ser Allee 184)

www.comedyclub.de

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Ab 16.1.2020 lesen Thi­lo Bock, Nils Hein­rich, Robert Res­cue, Frank Sor­ge, Vol­ker Sur­mann, Hei­ko Wer­ning und Gäs­te dann wie­der jeden Don­ners­tag um 20.30 Uhr im Eschenbräu.

Web­site der Brauseboys

 

 

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