Dies ist die Geschichte der Wiederauferstehung einer namhaften Konditorei aus Aleppo. In einer Manufaktur im Wedding bewahrt ein Konditormeister alte Traditionen. Er stellt nach alten Familienrezepten Süßigkeiten aus der im Bürgerkrieg zerstörten syrischen Stadt her – das ist einzigartig in ganz Europa.
Alles in Aleppo zurückgelassen
Die Stadt Aleppo ist bekannt für ihre Gastronomie. Seit 1955 hatte sich dort die Marke „Merelly“ einen guten Ruf für „Delicati“ und Baklava erarbeitet. Die feinen Süßwaren von Merelly gelten dort als hochwertiges Geschenk bei Hochzeiten, anlässlich von Geburten und wenn man Besuch etwas Besonderes bieten will. Im Bürgerkrieg musste die Besitzerfamilie den Betrieb schweren Herzens zurücklassen und ist nach Deutschland geflohen.
„Wir haben hier in der Müllerstraße 95 in den Räumen der früheren Konditorei Rateitschak genügend Platz gefunden“, erzählt Betreiber Nasser Yegan. Auf zwei Stockwerken wurde alles umgebaut, auch ein gekühltes Lager für den Onlineshop ist neu entstanden. In der blitzsauberen, 300 qm großen Manufaktur mit Verkaufscafé werden unter Anleitung des 40-jährigen Konditormeisters Munzer in Handarbeit Dutzende verschiedene Produkte hergestellt. „Ich freue mich, dass die Tradition nicht einfach so geendet hat“, sagt Munzer, der die Herstellung der orientalischen Süßigkeiten von seinem Vater gelernt hat. Wie viele andere Syrer muss er jetzt mit Hilfe durch Verwandte noch einmal bei Null anfangen, doch er ist “voller positiver Gefühle”, sagt er.
Grün wie Pistazien
Im modernen Verkaufsraum mit Café bedient Muhammad die Kunden und hilft bei der Auswahl. Das fällt bei den vielen, teilweise einzeln verpackten Produkten erst einmal schwer. Alles wird am Ende nach Gewicht verkauft, man kann sich edle Geschenkverpackungen im typischen Gold und Grün in verschiedenen Größen zusammenstellen lassen. Die Farben passen gut, denn die meisten Produkte sind weiß, goldgelb und grün. Das liegt an den grünen Pistazien, die Merelly immer noch aus Aleppo importiert und die in fast allen Süßwaren enthalten sind. „Das Besondere ist, dass wir wenig Zucker verwenden, kaum Honig“, erklärt Nasser. Tatsächlich schmecken die feinen, oft veganen Delikatessen nicht sehr süß und enthalten verschiedenste Zutaten: Grieß, Sesam, Walnuss, Mandeln, Kokosnuss, Nougat, Kardamom, um nur einige zu nennen. Viele Süßigkeiten heißen Raha, bei uns eher als Turkish Delight oder Lokum bekannt. Da gibt es eine Variation mit einer Umhüllung aus Rosenblättern, die sich im Mund geschmacklich voll entfalten. Wieder anderes erinnert an weißen Nougat, der hier Noga heißt. Beispielsweise Man + Salwa, das der Legende nach auf das biblische Manna zurückgehen soll. Auch das syrische Baklava hat wenig mit dem süßen Pendant aus der Türkei zu tun und ist eine Entdeckung wert. Das Gleiche gilt für syrisches Marzipan mit Pistazienfüllung, das deutschen Gaumen unbekannt vorkommt. An Butterkekse erinnern Ghraibe oder Brazek, Mabrumeh oder Maamoul.
Der Laden, wo es auch einen Cafebetrieb gibt, hat täglich von 10 bis 22 Uhr geöffnet und gewährt jetzt auch den Berlinern einen Einblick in die gastronomische Tradition Syriens. Eine großartige, bewegende Geschichte voller Hoffnung, die hier im Wedding weitergeschrieben wird.
Merelly (mit Online-Shop)
Müllerstr. 95, 13349 Berlin, U Afrikanische Straße,
Mo-Sa 10–21 Uhr
Telefon 030 24 17 72 37
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dies ist ein gutes Beispiel gelungener Integration