Über Straßennamen ereifern sich die Berliner immer wieder gerne, vor allem, wenn die Straßen einen neuen Namen erhalten sollen. Im Afrikanischen Viertel im Wedding, aber auch anderswo kochen die Gemüter hoch über die Frage, ob die Stadt denn keine anderen Probleme habe als sich mit der Würdigung von historisch fragwürdigen Menschen durch Straßenschilder zu beschäftigen. Zeit, dass wir uns auch einmal mit der Frage auseinandersetzen: Was macht eigentlich ein Berliner Straßenschild aus?
Eigenartig verbundene Buchstaben
Wer sich als Berliner in einer anderen Stadt umschaut, bemerkt den Unterschied sofort: Die Berliner Straßenschilder sind nicht blau, sondern weiß. Und auch die Schrift ist sehr markant, und das merkt man vor allem an zwei Buchstabenkombinationen. Ach ja, stimmt, wird jetzt der Eine oder der Andere sagen: beim „Platz“ ist oft das „t“ mit dem „z“ eigenartig verbunden, ebenso wie das „ß“ sofort auffällt. Diese Verbindung zweier Buchstaben nennt man Ligatur, und die Form des „z“ ist ein „Z mit Unterschlinge“. Bei den Straßenschildern gibt es das so nur in Berlin, und ursprünglich auch nur im Westteil. Ab Mitte des letzten Jahrhunderts wurden die Schilder mit der Schriftart Erbar Grotesk beschriftet. Zunächst wurden emaillierte Tafeln bemalt, später wurde das Siebdruckverfahren verwendet und heute sind Plotter in Gebrauch. In Ostberlin ging man einen ganz anderen Weg und erstellte Schilder aus drei übereinanderliegenden Plastikschichten, aus deren oberster Schicht die Buchstaben herausgefräst wurden. Hier kam eine sehr schmale und kantige Schrift zum Einsatz, die nicht besonders gut lesbar war. Dank der Frästechnik sind diese Schilder aber besser als ihre westlichen Pendants vor dem Verblassen geschützt.
Unverwechselbar wie Berlin
Nach der Wende wurden die Westberliner Schilder auch nach und nach im Osten verwendet, aber noch immer gibt es dort zahlreiche alte Schilder. In manchen Straßen sind nur noch diese Relikte ein Indiz dafür, in welcher Stadthälfte man sich befindet. Ab Mitte der 1990er-Jahre wurde die Schriftart vom Schriftgestalter Andreas Frohloff modernisiert, wobei die markanten “t‑z” und “s‑z”-Ligaturen erhalten blieben. Nach wie vor werden die – in Berlin nach einem komplizierten Prinzip vergebenen – Hausnummern des Straßenabschnitts unterhalb des Straßennamens aufgeführt. Nur manchmal zeigen kleine Zusatztafeln weitere Informationen zum Namensgeber an, wie zum Beispiel bei der Petersallee, die 1986 umgewidmet wurde.
Jedenfalls dürfen wir uns noch immer darüber freuen, dass es ein paar typische Dinge gibt, die das Berliner Straßenbild so unverwechselbar machen: die gemischte Pflasterung mit Steinen und Gehwegplatten, nostalgisch wirkende Gaslaternen und eben die weißen Straßenschilder.
Solche „Berliner“ Straßenschilder habe ich erstaunlicherweise in der Stadt Herne, bei Bochum entdeckt. Keine Ahnung, was sie dort zu suchen haben, und wieso, auf jeden Fall wirken sie recht alt (1970er?).