Letzte Woche gab es auf unseren Pinnwänden und im Blog zu dem Kommentar über fehlende Kita-Plätze viele Diskussionen. Dieser Beitrag ist keine Antwort, sondern zeigt vielmehr eine andere Perspektive auf das gleiche Problem.
Ich hatte mich geärgert, und zwar nicht, weil der Autor eine andere Meinung hat als ich, sondern weil ich mich unverstanden und fast beleidigt fühlte. In eine abwertende Schublade voller Vorurteile hatte man mich gestopft. Die Kita-Situation, so wie ich sie sehe, sieht nämlich ganz anders aus!
Wie in unserem Haushalt sind auch in unserem Freundeskreis meist beide Eltern voll berufstätig, um die ständig steigenden Kosten tragen zu können. Konnten Generationen vor uns noch von einem Gehalt leben, so ist es heute nur noch die Ausnahme, wenn eine® für das Kind zu Hause bleibt. Dass eine Rechtsgrundlage geschaffen wurde, welche eine Kinderbetreuung garantiert, ist meiner Ansicht nach eine notwendige Entlastung. Und wir sind dankbar, in Berlin ist diese Betreuung kostenfrei! Es ist ein unglaublicher gesellschaftlicher Fortschritt, der mir zeigt, dass diese Stadt auch modern sein kann. Diese soziale Errungenschaft ist in meinen Augen überaus vorbildlich und erstrebenswert.
Welchen Anspruch gibt es eigentlich?
“Seit dem 1. August 2013 haben Kinder bereits von ihrem ersten Geburtstag an einen Anspruch auf einen Kita-Platz. Der Senat, die Bezirke und die Kita-Träger haben dafür gesorgt, dass ausreichend Kita-Plätze zur Verfügung stehen. Damit eröffnen sich den Kindern bereits vor ihrer Schulzeit hervorragende Bildungschancen. Darüber hinaus ergeben sich hiermit beste Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.” Quelle
Bisher kein sichtbarer Erfolg…
…denn der Bedarf an Kita-Plätzen in Berlin ist immens: Die Stadt wächst, sogar die Geburtenrate steigt. In vielen Bezirken ist es daher sehr schwer und nicht selten unmöglich, einen Kitaplatz für sein Kind zu bekommen. Die Stadt kommt mit dem Bauen (und Betreiben) von Einrichtungen nicht hinterher, zu träge scheinen die Millionen aus diversen Förderprogrammen zu fruchten. Doch das sind alles keine neuen Erkenntnisse, schon lange war klar, wie es kommen würde. Der benachbarte Prenzlauer-Berg (aka. Pregnancy-Hill) war bereits vor über zehn Jahren ein Paradebeispiel für den verschlafenen Bedarf an Kita-Plätzen. Nun ist das Kind wohl ganz in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen, denn es gibt in den meisten Bezirken mehr Kinder als Kita-Plätze. Und zukünftig wird es noch schlimmer. Wer hier seine persönliche Karriere oder gar die Existenz bedroht sieht, hat meiner Meinung nach allen Grund zu klagen – auch vor Gericht.
Welche Lösungen gibt es?
Der Senat muss schneller werden. Es müssen mehr Stellen geschaffen, mehr Räume ausgestattet und die Prozeduren vereinfacht/beschleunigt werden. Dann gibt es hoffentlich auch mehr Kita-Plätze für unsere Kinder.
Die Einrichtungen müssen sich den Arbeitszeiten von heute anpassen. Die Geschäftszeiten in Büros und im Job allgemein haben sich verändert. Nur das Kind muss meistens bis 17 Uhr abgeholt sein. Das passt nicht mehr zusammen.
Die Gehälter der Erzieherinnen und Erzieher müssen erhöht werden. Der Beruf muss für Schulabgänger und Quereinsteiger attraktiv und lukrativ sein.
Zusatzbeiträge sollten konsequent unterbunden werden, im Gegenzug fände ich eine einkommensabhängige Beteiligung an den Kosten einer Kita nicht abwegig.
Statt sich bei 50 Kitas einzutragen: Warum gibt es eigentlich keine zentrale Warteliste für Kita-Plätze?
Aber diese notwendige Sicherung der Kinderbetreuung ist nicht die Aufgabe von einzelnen, beruflich stark geforderten Eltern, sondern die einer ganzen Gemeinschaft bzw. des Staates. Daher wiege ich gern die Dankbarkeit für neue Errungenschaften in Berlin (Rechtsanspruch auf kostenfreie Kinderbetreuung) gegen die Versäumnisse bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf.
Mein Fazit: Macht ruhig weiter so – erhebt weiterhin Ansprüche und kämpft für mehr Kita-Plätze. Und falls hier jemand eine Kita gründen möchte und kann, nur zu!
Lieber Samuel, vielen Dank für deine konstruktive(re), differenzierte(re), lebensnahe(re) und aktuelle(re) Perspektive auf die Kita- und Eltern-Situation im Wedding!