Am Bahnhof Südkreuz war der Feldversuch des Bundesinnenministers bereits letztes Jahr ein umstrittenes Thema, nun ist auch am Bahnhof Gesundbrunnen eine neue Videoüberwachung installiert worden. Da fragt man sich unwillkürlich: Dient diese der Gesichtserkennung?
Der Aufschrei war groß, als das Bundesministerium des Innern, die Deutsche Bahn AG, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt ihr gemeinsames Vorzeigeprojekt vorstellten: die automatische Gesichtserkennung mittels hoch-auflösender Videokameras ab 1. August 2017 für sechs Monate. Ausgewählte Testpersonen tragen einen Transponder bei sich und sollen möglichst mehrmals täglich durch den Bahnhof gehen. Um den kritischen Stimmen entgegen zu kommen, würde nur eine speziell beschriftete Seite der Treppe erfasst. Datenschützer und andere Menschen, die ihre Privatsphäre in Gefahr sehen, waren dennoch alarmiert.
Ende 2017 wurde ich am Bahnhof Gesundbrunnen eher zufällig auf Handwerker aufmerksam, die neben den bestehenden Kameras neue, moderne Geräte installierten. Meine etwas provokante Frage, ob dies nun (auch) der Erkennung diene, wurde umgehend verneint. Doch nun ist die Installation an jedem Aufgang zu sehen und bei reddit gibt eine erste Diskussion über den vermuteten Zweck.
Auf heise.de wurde berichtet, dass es – vermutlich am Südkreuz – auch einen zweiten Feldversuch gibt, bei dem herrenlose Koffer, Taschendiebe und bestimmte Gefahrensituationen per Videokamera erkannt werden sollen. Im Allgemeinen gilt der Bereich um den Fernbahnhof als besonders sicherheitsrelevant. Des Öfteren stehen hier zahlreiche Polizeitransporter auf dem Bahnhofsvorplatz, dem „Hanne-Sobek-Platz“.
Sicherheit zu Lasten der Privatsphäre, nun also hochauflösende Überwachung am Bahnhof Gesundbrunnen. Hoffentlich mit positiven Auswirkungen für alle Besucher, Pendler und Anwohner, die dort täglich ein- und aussteigen. Ich wünsche mir, dass der Bahnhof zu einem sicheren Ort wird, bezweifle aber persönlich, dass Kameras konkrete Probleme verhindern können.
UPDATE: Aufgrund unserer Berichterstattung hat sich die SPD-Bundestagsabgeordnete für Berlin Mitte, Eva Högl, um eine Klärung bemüht. Ihr Büro teilte uns mit, dass sie vom Bundesministerium des Innern die Nachricht erhalten habe, dass am Bahnhof Gesundbrunnen KEINE Gesichtserkennung geplant ist. Zwar wird aktuell die Videoüberwachungsanlage ausgetauscht, Systeme oder Software zu automatischen Gesichtserkennung werden aber nicht installiert.