Es wird Zeit für den zweiten Teil von Diese Promis kommen aus dem Wedding. Diesmal huldigen wir einen der weltbesten Breakdancer, einen hochkarätigen Schlagersänger, zwei Fußballspieler aus der Hertha-Jugend sowie einer umstrittenen Persönlichkeit aus der Zeit des Dritten Reiches. Was sie verbindet: Alle haben ihre Wurzeln im Arbeiterbezirk, bevor sie mehr oder weniger erfolgreich die Welt eroberten.
George Boateng
… der verlorene Bruder
Auf den Bolzplätzen Weddings galt er als der talentierteste Boateng-Bruder: George. Doch während sich seine Geschwister Kevin-Prince und Jérôme zu gut bezahlten Fußballprofis mauserten, landete George im Knast. Was war passiert? Während Jérôme wohlbehütet bei dem gemeinsamen Vater in Wilmersdorf aufwuchs, lebten Kevin-Prince und George Boateng bei der ihrer Mutter in der Malplaquetstraße. An den Wochenenden trafen sich die Brüder auf den betonierten Bolzkäfigen Weddings. In einem ZEIT-Interview betont Kevin-Prince, dass er dieser Periode alles zu verdanken habe. „Die Panke ist mein Zuhause!“, huldigt er den Weddinger Stadtteil. Er und Jérôme schafften den Sprung zu den Jung-Profis bei Hertha BSC, George landete wegen verschiedener Delikte im Gefängnis. Es folgten weitere Stationen als Hundezüchter und Rapper BTNG. Seine erste Single trägt den Namen „Gewachsen auf Beton“ – zu sehen auch auf der Wandmalerei an der Ecke Badstraße/Prinzenallee. Hier ist der älteste Boateng-Bruder zusammen mit seinen Geschwistern zu sehen. Was viele nicht wissen: Das Kunstwerk ist eine Marketing-Aktion des Sportartikelherstellers Nike.
Vartan Bassil
… von einem Stück Weddinger Pappe auf die Bühnen dieser Welt
Seine Flying Steps führten in bis nach Las Vegas, doch alles begann im Haus der Jugend am Nauener Platz. Hier sah der mit seinen Eltern aus Beirut geflüchtete Vartan Bassil zum ersten Mal die wohl bekannteste Berliner Breakdance-Crew, die City Rockers und war überwältigt. Von nun an nutze der jede freie Minute, um die Moves, die Bewegungen, zu lernen, die in den frühen 1970ern in der Bronx entstanden und zusammen mit dem Rap und dem Sprayen nach Europa schwappten. Auf einem Stück Pappe wurden Hip-Hop-Bewegungen wie „Windmills“, „Headspins“ oder „Jackhammers“ bis zur Perfektion geübt. Im kalten Weddinger Winter beschlugen schon mal die Fenster, wenn die Tänzer in Wallung gerieten.
1993 gründete Vartan dann die Flying Steps, die mit Shows wie „Flying Bach“ oder „Flying Illusion“ zu einer der erfolgreichsten Urban-Dance-Crews der Welt wurden. Nach jahrelangen Tourneen rund um die Welt kehrten die Breakdancer 2018 mit der Hauptstadthommage „Flying Illusion“ nach Berlin zurück. Das Haus der Jugend am Nauener Platz war dafür allerdings mittlerweile zu klein geworden. Für vier Wochen gastierten die Flying Steps im Theater am Potsdamer Platz. Ihre Wurzeln sind allerdings weiterhin präsent. Der Geist der Weddinger Anfänge ist immer noch in der Choreografie zu spüren.
Roland Kaiser
… Pflegemutter putzte die SPD-Zentrale
Seine leiblichen Eltern lernte er nie kennen, die Pflegemutter putzte die SPD-Zentrale in der Müllerstaße. Roland Kaiser, Jahrgang 1952, wuchs im Wedding auf und leitete nach seiner kaufmännischen Ausbildung die Werbeabteilung eines Autohauses. Mit seinem Hit „Sieben Fässer Wein“ machte der geborene Roland Keiler 1977 sein Hobby zum Beruf und seine 67 Auftritte in der ZDF-Hitpararade verhalfen ihm zum Kultstatus. Doch der bekennende Sozialdemokrat kann mehr als nur eingängige Schlagerhymnen schreiben und singen. Als Karl Dall ihn 1986 in einer Talkshow provozierte, zeigte er Rückgrat und verließ unter Pfiffen und Buhrufen die Sendung. 2015 äußerte er bei einer Kundgebung Kritik an der Pegida-Bewegung und nahm auch hier negative Fan-Reaktionen in Kauf. Dass sich Roland Kaiser für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche und im Bereich Organtransplantation einsetzt, ist eher unbekannt. Unabhängig, ob man seine Musik mag oder nicht, macht ihn das zu einer Weddinger Persönlichkeit, auf die man stolz sein darf. So sei es ihm auch verziehen, dass er die letzten Jahre, abgesehen von einem Zwischenstopp in Berlin-Zehlendorf, in Münster verbracht hat.
Nico Kovac
… von der Schillerwiese zum FC Bayern
Wie auch George Boateng hat Nico Kovac seine Wurzeln im Arbeiterbezirk Wedding. Beide wuchsen nur wenige Straßen voneinander auf und beide können auf eine gemeinsame Zeit bei Hertha BSC zurückblicken. Als Teil einer kroatischen Einwanderfamilie wuchst Kovac in der Turiner Straße auf und spielte in seiner Jugend bei Rapide Wedding. Gekickt wurde auf der Schillerwiese, wo der Kroate bis zum Abendgrauen Ecken und Freistöße übte. Mittlerweile ist Nico Kovac ein gefragter Fußballtrainer, der in der Saison 2017/2018 mit der Eintracht aus Frankfurt/Main den DFB-Pokal gewann. Sympathiepunkte verlor Kovac durch die frühzeitige Vertragsauflösung bei den Hessen. Doch welches Arbeiterkind würde ein Angebot des erfolgreichsten deutschen Bundesligavereins, den FC Bayern München, leichtfertig abschlagen? Eines ist gewiss: In der bayerischen Metropole wird Kovac erneut auf einen weiteren Führungsspieler aus der Boateng-Familie treffen. Konnte er sich in seiner Frankfurt-Zeit auf die Offensiv-Qualitäten von Kevin Prince verlassen, steht ihm bei FC Bayern mit Jeromé einer der besten Abwehrspieler der Welt zur Verfügung.
Leni Riefenstahl
… der Leopoldplatz am Anfang des 20. Jahrhunderts
Ihre Rolle im Dritten Reich ist umstritten, ihr Status als Kunstikone ist es nicht. Helene „Leni“ Riefenstahl kommt am 22. August 1902 in der Prinz-Eugen-Straße im 3. Stock zur Welt. Hier in der Nähe des Leopoldplatzes besuchte sie eine Ballettschule und lebte den Traum, Tänzerin zu werden. In der Folge zog ihre Familie nach Neukölln, Schöneberg und Wilmersdorf. Der Vater, ein Handwerksmeister, baute sich ein Installateur-Betrieb auf der Kurfürstenstraße auf und als Studentin bewohnte Riefenstahl eine Wohnung in der Fasanenstraße. Eine Knieverletzung bescherte Riefenstahls Tanzkarriere ein jähes Ende, doch konnte sich „Helene Bertha Amalie“ später als Schauspielerin im Bergfilm-Genre etablieren. Viele bringen Riefenstahl mit ihrer Huldigung des arischen Körpers während der Olympischen Spiele 1936 im Berliner Nazi-Deutschland in Verbindung. Auf ihre umstrittene Rolle während des Nazi-Regimes soll hier nicht weiter eingegangen werden. Unbestritten ist allerdings der künstlerische Einfluss der Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Fotografin bis in die Gegenwart hat. Sowohl George Lucas („Krieg der Sterne“), Quentin Tarantino („Inglorious Basterds“) und Rammstein („Stripped“) ließen sich von ihr inspirieren.
Alles Prominente aus dem Wedding
Dies ist nicht unser erster Beitrag über Promis, die auch dem Wedding kommen. Bisher haben wir damit folgende Persönlichkeiten vorgestellt (A‑Z, sortiert nach Nachnamen): Vartan Bassil, George Boateng, Kevin-Prince Boateng, Eberhard Diepgen, Cornelia Froboess, Maren Gilzer, Thomas Häßler, Martina Hill, Harald Juhnke, Roland Kaiser, Nico Kovac, Manuela, Erich Mielke, Otto Nagel, Oskar, Adel Tawil und Leni Riefenstahl.
Wer noch?
Auch wenn uns noch lange nicht die Puste ausgeht was den Promi-Faktor des Wedding angeht, freuen wir uns über zahlreiche Tipps und Kommentare aus der Weddingweiser-Community: Welche Berühmtheiten kennt ihr, die nachweislich aus dem (ehemals) roten Bezirk stammen?
Hier findet ihr Teil 1 Hier findet ihr Teil 3
Andreas Oertel war überrascht, wie viele Prominente ihre Wurzeln im Wedding haben – so wie er selbst.
Roland Kaiser ging wohl mal auf die Trift-Grundschule, heute Leo-Lionie Schule.
Klasse, vielen Dank, dann muss die WW-Redaktion wohl mal langsam eine Fortsetzung schreiben (-:
Gibt’s bereits: https://weddingweiser.de/und-noch-mehr-promis-aus-dem-wedding/
Harald Juhnke
Gab’s natürlich im ersten Teil: https://weddingweiser.de/promis-aus-dem-wedding/
Nils Frahm wohnt und arbeitet auch im Wedding…
Es fehlt massiv Rapper er ist zwar in Pirmasens geboren lebt aber seit 13 Jahren in Wedding Berlin
Wer immer noch fehlt: Hardy Krüger. Er hat 2008 den Bambi entgegengenommen mit der kurzen Rede: “Der Eberhard Krüger aussem Wedding kriegt den Bambi für sein Lebenswerk!”