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Weddingmelder- Wochenschau #10/17

12. März 2017

Hun­de, die bel­len, bei­ßen ja bekannt­lich nicht. Wenn sie aber in der Woh­nung allein gelas­sen wer­den, ruft das durch­aus schon mal tier­lie­be Wed­din­ger auf den Plan. Wir küm­mern uns hier näm­lich umein­an­der – ob Mensch oder Getier. Dass sich aber nun aus­ge­rech­net das Kul­tur­amt Mit­te hier ein­mischt und unse­re Eck­knei­pen för­dert? Dass fin­den wir spit­ze – Nost­al­gie hin oder her. Was sonst noch so vor und zurück ging im Wed­ding, das lest ihr wie immer in unse­rer Wochenschau.

Worüber alle reden

Zwei umstrit­te­ne Stra­ßen­na­men sol­len nach jah­re­lan­gem Für und Wider end­lich wei­chen. Hier­für haben Anwoh­ner  im Febru­ar bereits 102 alter­na­ti­ve Namens­vor­schlä­ge ans Bezirks­amt gemacht. Nicht nur Anwoh­ner und der immer wie­der in den Wed­ding spio­nie­ren­de Tages­spie­gel dür­fen also gespannt sein, zu wel­cher Ent­schei­dung die Namens­fin­dungs­kom­mis­si­on im April kommt. Bei­de wur­den übri­gens nicht vor­ab gefragt, wie sie zu einer Umbe­nen­nung ste­hen. War­um die Stra­ßen­um­be­nen­nung im Afri­ka­ni­schen Vier­tel schon seit gefühl­ten Ewig­kei­ten dis­ku­tiert wird? Hier:

Den 1834 in Bre­men gebo­re­nen Franz Lüde­ritz könn­te man als Schlitz­ohr bezeich­nen. Der Groß­kauf­mann mach­te sich 1883 mit einem Trick zum ers­ten deut­schen Land­be­sit­zer in Deutsch-Süd­west, was heu­te zu Nami­bia gehört, in dem er dem Volk der Nama Gebie­te abluchs­te. Im Kauf­ver­trag ließ er offen, ob es sich bei den ver­ein­bar­ten fünf Mei­len rund um die heu­ti­ge Lüde­ritz­bucht um deut­sche Mei­len (= 7,5 Kilo­me­ter) oder eng­li­sche (= 1,6 Kilo­me­ter) ging. Er ertrank 1886 im Oranje-Fluss.

Gus­tav Nach­ti­gal, gebo­ren 1834 in Eich­stedt (Alt­mark) war ein sprach­be­gab­ter Mili­tär­arzt, der Ara­bisch und ver­schie­de­ne afri­ka­ni­sche Spra­chen lern­te und über sei­ne For­schungs­rei­sen berich­te­te. Er erleb­te zahl­rei­che Aben­teu­er als ers­ter Wei­ßer. 1884 wur­de Gus­tav Nach­ti­gal Reichs­kom­mis­sar für Deutsch-West­afri­ka (Togo und Kame­run) und somit Kolo­ni­al­po­li­ti­ker. Bereits 1885 starb er in Las Palmas.

Worüber zu reden lohnt

Besuchergruppe an der Sansibar-/LüderitzstraßeUnd wo wir schon beim The­ma sind:  Von kolo­ni­al­kri­ti­schen Ver­ei­nen und eini­gen poli­ti­schen Par­tei­en wird die Til­gung der umstrit­te­nen Namen im Afri­ka­ni­schen Vier­tel aus nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den natür­lich for­ciert. Wie­der ande­re for­dern ledig­lich die Light-Vari­an­te, näm­lich eine Umwid­mung. So wür­de der Nach­ti­gal­platz fort­an an einen Theo­lo­gen und die Lüde­ritz­stra­ße an die gleich­na­mi­ge Stadt in Nami­bia erin­nern. Dass ins­be­son­de­re letz­te­re Umwid­mung nichts ande­res wäre, als die Kat­ze, die sich in den sprich­wört­li­chen Schwanz beißt, nun ja, kann man und soll­te man wohl erst ein­mal so ste­hen lassen.

Dank the­ma­ti­schen Stadt­füh­run­gen sowie an einer eigens auf­ge­bau­ten Info­s­te­le und dar­über hin­aus mit Hil­fe einer App kön­nen sich Inter­es­sier­te schon seit Län­ge­rem über das größ­te zusam­men­hän­gen­de Vier­tel mit kolo­nia­len Stra­ßen­na­men in ganz Deutsch­land infor­mie­ren. Erklä­ren­de Zusatz­ta­feln, die eine his­to­ri­sche Ein­ord­nung des um die Jahr­hun­dert­wen­de wäh­rend der kolo­nia­len Begeis­te­rung im Deut­schen Reich ent­stan­de­nen Vier­tels ermög­li­chen wür­den, feh­len hin­ge­gen fast voll­stän­dig. Auch die Fra­ge, inwie­weit ansäs­si­ge Anwoh­ner und Gewer­be­trei­ben­de – allein an der Lüde­ritz­stra­ße sind Tau­sen­de betrof­fen – für die anfal­len­den Kos­ten für neue Visi­ten­kar­ten und neue Fahr­zeug­schei­ne ent­schä­digt wer­den, bleibt unge­klärt. In der Sache zwar rich­tig, könn­te man mei­nen, es wehe mal wie­der ein Hauch vor­schnel­ler Sym­bol­po­li­tik durch die Straßen…

Essen im Wedding

In der neuen WG-Bar. Foto: Andaras HahnHier gibt es zwar kein Essen am gro­ßen Tisch, aber rein aus­stat­tungs­tech­nisch erin­nert die Bar in der Mal­plaquet­stra­ße tat­säch­lich an eine WG. Zwei lan­ge Jah­re war sie aus dem Stra­ßen­bild ver­schwun­den, nun ist die Insti­tu­ti­on wie­der da, die gute alte WG-Bar.

Vormerken

Für die Wahl der neu­en Stadt­teil­ver­tre­tung Mül­lerstra­ße kann man sich noch bis zum 16. März als Kan­di­dat auf­stel­len las­sen. Dazu gibt’s hier ein Formular.

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