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Neue Klasse, neue Schultische: Quinoa-Schule sucht Spender

27. April 2016
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Lehrer Christoph Trautvetter unterrichtet Naturwissenschaften an der Quinoa-Schule. Foto: Andrei Schnell.
Leh­rer Chris­toph Traut­vet­ter unter­rich­tet Natur­wis­sen­schaf­ten an der Qui­noa-Schu­le. Foto: And­rei Schnell.

Wer erin­nert sich noch an den Auf­re­ger, als es hieß, die Leh­rer an Ber­li­ner Schu­len müss­te ihre eige­ne Krei­de mit zur Arbeit brin­gen? Die Qui­noa-Schu­le bit­tet um noch viel mehr als um Krei­de. Sie sucht Spen­der, die einen kom­plet­ten Satz Tische und Stüh­le für 26 neue Schü­ler mit­brin­gen. Was ist das für eine Schu­le? Oder: Erin­nert man sich an die Kla­ge, dass Leh­rer heut­zu­ta­ge hal­be Sozi­al­ar­bei­ter sein müss­ten? “Genau sol­che Leh­rer suchen wir”, sagt Kla­ra Sucher bei einem Gespräch mit dem Wed­ding­wei­ser. Nur dass im Moment nicht Leh­rer gesucht wer­den, son­dern eben Tische und Stüh­le. Der Wed­ding­wei­ser besucht aus Anlass eines Spen­den­auf­rufs eine Schu­le, die nicht nur man­ches, son­dern vie­les anders macht.

Aktu­ell ler­nen an der Qui­noa Schu­le rund 50 Schü­ler. Im August rücken sie eine Klas­se höher, so dass die Qui­noa Schu­le dann eine 9., eine 8. und eine neue 7. Klas­se haben wird. Für die neue 7. Klas­se muss ein Klas­sen­raum her­ge­rich­tet wer­den. Bei einem Besuch am 20. April konn­te sich der wed­ding­wei­ser davon über­zeu­gen, dass noch viel zu tun ist. Wich­tig ist der Schu­le nicht, dass Flu­re, Gän­ge und Räme reprä­sen­ta­tiv wir­ken. Der neue Klas­sen­raum braucht neben Far­be und Tape­te wirk­lich vor allem Schul­mö­bel, womit Stüh­le und Tische gemeint sind. Für 26 Jugend­li­che, die ab August die neue 7. Klas­se bil­den wer­den, sucht die Qui­noa Schu­le im aktu­el­len Spen­den­auf­ruf Möbel. “Auch ein White­board suchen wir”, sagt Kla­ra Sucher, zustän­dig für Pres­se und Kommunikation.

Das Schulgebäude der Quinoa Schule macht nicht viel her, das selbstgesteckte Bildungsziel dagegen sehr. Foto: Andrei Schnell.
Das Schul­ge­bäu­de der Qui­noa Schu­le macht nicht viel her, das selbst­ge­steck­te Bil­dungs­ziel dage­gen sehr. Foto: And­rei Schnell.

Viele Wege zu spenden

Wie bei allen Schu­len, die nicht staat­lich sind, bezahlt der Ber­li­ner Senat immer­hin den größ­ten Teil der Per­so­nal­kos­ten. Kei­ne Zuschüs­se gibt es aller­dings für Miet­kos­ten oder Mate­ri­al. Da die Qui­noa Schu­le bewusst ein nied­ri­ges bezie­hungs­wei­se bei neun von zehn Schü­lern kein Schul­geld ver­langt, ist der Schul­be­trieb auf Spen­den ange­wie­sen. Wer aktu­ell für die ab August neu auf­ge­nom­me­ne Klas­se 7 Tische und Stüh­le spen­den möch­te, nimmt mit Kla­ra Sucher Kon­takt auf über klara.sucher[at]quinoa-bildung.de.

Neben Sach­spen­den sind vor allem Geld­spen­den nötig. Für ein Schü­ler­sti­pen­di­um muss der Spen­der über vier Jah­re 6000 bis 9000 Euro zah­len kön­nen. Wed­din­ger wer­den wahr­schein­lich eher in der Lage sein, beim Auf­ruf “500 x 5 Euro” mit­zu­ma­chen. “5 Euro pro Monat hel­fen uns im Schul­all­tag an vie­len Stel­len”, sagt Kla­ra Sucher. Alle Spen­den­mög­lich­kei­ten sind dar­ge­stellt auf der Web­sei­te quinoa-bildung.de.

Erster Eindruck von der Schule

Nur wenige Schulen in Deutschland bieten die Fächer Zukunft und Interkulturelle Kompetenz. Foto: Andrei Schnell.
Nur weni­ge Schu­len in Deutsch­land bie­ten die Fächer Zukunft und Inter­kul­tu­rel­le Kom­pe­tenz. Foto: And­rei Schnell.

Die Qui­noa Schu­le ist nicht das, was vie­le Men­schen land­läu­fig unter einer pri­va­ten Schu­le ver­ste­hen. Die Qui­noa Schu­le ist nur inso­fern pri­vat, indem sie kei­ne staat­li­che Schu­le ist. Aber bes­ser beschreibt das Adjek­tiv “frei” oder “alter­na­tiv”, wor­um es die­ser Schu­le inhalt­lich geht. Das Beson­de­re an der Qui­noa Schu­le ist, dass sie “den Kiez in sei­ner sozia­len Struk­tur abbil­den möch­te”, wie Kla­ra Sucher sagt. Die Qui­noa Schu­le wur­de vor weni­gen Jah­ren bewusst im Sol­di­ner Kiez gegrün­det, weil hier die sozia­le Struk­tur beson­ders schwie­rig. “Eltern, die Trans­fer­leis­tun­gen bezie­hen, zah­len bei uns nur das Essens­geld von 30 Euro für ihre Kin­der”, sagt Kla­ra Sucher. Trans­fer­leis­tun­gen sind Hartz IV, BAföG oder Wohn­geld. “Wir glau­ben, dass mit dem rich­ti­gen Kon­zept etwas aus den Kids im Kiez wer­den kann.”

Konzept

Auf den ers­ten Blick unge­wöhn­lich an dem Kon­zept sind die bei­den Fächer und Zukunft und Inter­kul­tu­rel­le Kom­pe­tenz. Das zwei­te Fach hat die Auf­ga­be, den Schü­lern zu zei­gen, “dass ihre mul­ti­ku­rel­le Her­kunft eine Stär­ke ist”, viel zu oft wür­de die Her­kunft als Makel betrach­tet, wie Kla­ra Sucher sagt. Tat­säch­lich erfasst die offi­zi­el­le Sta­tis­tik der Bil­dungs­ver­wal­tung Schü­ler mit nicht deut­scher Her­kunft (ndh). Vie­le Eltern sehen auf­grund der Rat­lo­sig­keit der meis­ten Schu­len im Umgang mit die­ser Quo­te in ihr einen Nega­tiv­wert. Das ande­re Fach, das Fach Zukunft, dient der Berufs­ori­en­tie­rung – aber nicht nur. Es gehe dar­um, die Schü­ler zu befä­hi­gen, am Ende der 10. Klas­se ihr Leben selbst­be­stimmt in die Hand zu neh­men. Des­halb will die Schu­le nicht an der Anzahl der guten Abschlüs­se gemes­sen wer­den, son­dern an der Anzahl der Schü­ler, die ihre Berufs­aus­bil­dung nicht abge­bro­chen haben.  Außer­ge­wöhn­lich wie die bei­den Fächer sind auch die häu­fi­gen Tutoren­ge­sprä­che. Dabei gin­ge es nicht ein­fach nur um Schul­leis­tun­gen, son­dern immer um per­sön­li­che Zie­le. “Das kann auch sein, die Zeit fürs Com­pu­ter­spiel auf täg­lich eine Stun­de zu redu­zie­ren”, sagt Kla­ra Sucher. Die Schü­ler sol­len sich Zie­le set­zen, die “rea­lis­tisch, ehr­gei­zig und mess­bar” sind, das wer­de in den Gesprä­chen immer wie­der trainiert.

Ein aus­führ­li­ches Kon­zept bie­tet die Schu­le in einer Dar­stel­lung mit dem Titel “Inno­va­ti­ve Schu­le für den Wedding”.

LINKS

Ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten, für die Qui­noa Schu­le zu spenden.

Text und Fotos: And­rei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

1 Comment

  1. […] LINKS Web­sei­te der Qui­noa-Schu­le. „Führ Regie in Dei­nem Leben“ ist Mot­to von act e.V., die bio­gra­phi­sches Thea­ter mit Schü­lern erar­bei­ten. Über den Preis Aus­ge­zeich­ne­ter Ort im Land der Ideen. Auf dem Wed­ding­wei­ser erschien über die Qui­noa-Schu­le bis­lang: Neue Klas­se – neue Schultische. […]

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