Warum die “Beamtenlaufbahn” weg kann
Sie wird nicht mehr gebraucht, und sie stört: Der Verbindungsgang zwischen dem Rathaus Wedding und dem jetzigen Jobcenter, ironisch “Beamtenlaufbahn” getauft, blockiert die Blickachse zwischen Müllerstraße und dem Campus der Beuth-Hochschule für Technik.
Er zerschneidet die Limburger Straße, die in den 1960er Jahre noch erfahrbar am Rathaus Wedding in die Müllerstraße mündete – bis zwischen 1964 und 1966 der Rathausneubau samt Verbindungsbrücke gebaut wurde, die Mitarbeitern und Besuchern einen einfachen Übergang zwischen Alt- und Neubau gewährleistete.
Diese Brücke ist jetzt nicht mehr erforderlich. Ein Abriss wäre nur konsequent, auch weil der öffentliche Raum, den der Gang zerschneidet, derzeit neu geordnet und gestaltet wird. Das “Bildungsband”, das sich vom Zeppelinplatz über den Platz am Rathaus (»Elise-und-Otto-Hampel-Platz«) bis zum Leopoldplatz ziehen soll, wird hier unterbrochen. Für die Entfernung dieser Barriere plädierten nicht nur die Landschaftsarchitekten, die die Planungen für das neue Rathausumfeld entwickelten, sondern auch die meisten Bürger, die an den Workshops und Informationsveranstaltungen teilnahmen.
Der Denkmalschutz jedoch sieht das anders. Für ihn gehört die »Beamtenlaufbahn« zum schützenswerten Ensemble aus Rathausneubau und altem Weddinger BVV-Saal, das von Fritz Bornemann entworfen wurde. Bornemann war der vielleicht wichtigste Architekt der Westberliner Nachkriegsmoderne. Er entwarf die Amerika-Gedenkbibliothek, die Deutsche Oper, die Freie Volksbühne, die Museen in Dahlem – und auch die Dankeskirche am Weddingplatz, die man unbedingt besichtigen sollte. Der Architekt starb im Jahr 2007 im Alter von 95 Jahren. Man kann ihn also nicht mehr befragen. Es ist aber nur schwer vorstellbar, dass Bornemann einem Abriss in dieser konkreten Situation widersprechen würde. Der Leitspruch der Moderne »Form follows function« galt nämlich auch für ihn. Ornamente mochte er nicht – und zum bloßen Ornament ist die »Beamtenlaufbahn« ohne konkrete Funktion degradiert, auch wenn man sie mit Lichtinstallationen aufhübschen würde, wie einige vorschlagen. Dagegen lag Bornemann sehr viel am freien Blick. Die Deutsche Oper zum Beispiel ist berühmt dafür, dass man auch auf den billigsten Plätzen eine gute Sicht auf die Bühne und eine gute Akustik hat. Begriffe wie »demokratische Architektur«, »freiflutende Räume«, »durchsichtige Architekturen« und »dienende Architektur« werden mit Bornemann in Verbindung gebracht.
Es ist wichtig und richtig, die unterschiedlichen historischen Epochen im Stadtbild sichtbar zu halten und schützenswerte Bauten und Ensembles zu bewahren – gerade die Nachkriegsmoderne war in den letzten 20 Jahren vielen aggressiven Attacken ausgesetzt und musste verteidigt werden. Aber es wäre ein Fehler, Denkmalschutz nur um des Prinzips willen gegen alle Abwägungen, Argumente und neue Situationen durchzuexerzieren. Denn dann läuft die Denkmalpflege Gefahr, nur noch als Hindernis wahrgenommen zu werden und an Überzeugungskraft zu verlieren.
Autor: Christof Schaffelder
Der Kommentar erschien zuerst in der Ecke Müllerstraße, Ausgabe März/April 2016
Warum muß alles weg??? Warum nicht als öffentlichen Raum nutzen??
Und was heißt eigentlich ” Bildungsband “???
Alles nur Worthülsen ohne konkrete Inhalte.
Dann kann man doch auch fragen, warum der Brunnen auf dem Leopoldplatz verschwunden ist???