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Auf Linie: Der M 27, die Weddinger Schnecke

20. Januar 2015
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Busse im Wedding³Wer hät­te das gedacht: Als der M 27 im Dezem­ber 2004 ein­ge­führt wur­de, durf­te ihn die BVG nur pro­be­wei­se als Metro­bus titu­lie­ren. Denn: Der M 27 wür­de so schnell wie die S‑Bahn sein und ihr des­halb Fahr­gäs­te weg­neh­men, so die dama­li­ge Befürch­tung der Deut­schen Bahn. Doch als flin­kes Wie­sel wer­den die meis­ten Fahr­gäs­te den M 27 wohl nicht asso­zi­ie­ren, eine gel­be Schne­cke trifft es da schon eher

Prinzenallee M 27

Bis 1960 wur­de die Ver­bin­dung Moa­bit-Wollank­stra­ße von der Stra­ßen­bahn­li­nie 23 bedient. Nach der Tramstill­le­gung in West-Ber­lin über­nahm dann der Bus A70, der 1991 in 227 umbe­nannt wur­de, die Stre­cke. Und dann kamen 2004 die gel­ben Unge­tü­me der Linie M 27. Sie dürf­ten letzt­lich doch Metro­bus­se blei­ben, wohl weil die S‑Bahn froh war, dass sie den Ring mit eini­gen Fahr­gäs­ten ent­las­te­ten. Und in punk­to Schnel­lig­keit kann der M 27 die rot-gel­ben Züge nur manch­mal aus­ste­chen, bei Schnee, Regen, Schie­nen­bruch, Wei­chen­stö­rung oder ande­ren Krisen.

Viel­leicht ist die ein­zi­ge* Metro­bus-Linie des Wed­ding nur Opfer ihres eige­nen Erfol­ges. Vor 2004 fuh­ren die Bus­se auf der Vor­gän­ger­li­nie 227 nur alle zehn Minu­ten von Pan­kow zur Jung­fern­hei­de. Am Wochen­en­de begann die Linie erst am Bahn­hof Wollank­stra­ße und fuhr ledig­lich alle 20 Minu­ten. Und heu­te? Da gibt es auf kei­ner ande­ren Wed­din­ger Linie mehr Bus­se als auf der Rou­te des M 27. Alle sechs bis sie­ben Minu­ten, laut Fahr­plan, müss­te in jeder Rich­tung ein Gelenk­bus auf Fenn‑, Rei­ni­cken­dor­fer, Pank­stra­ße, Prin­zen­al­lee und der Wollank­stra­ße fah­ren. MÜSSTE. Irgend­wo auf der Stre­cke wird der Asphalt immer für Stra­ßen­bau­ar­bei­ten auf­ge­ris­sen. Dann mutiert der flin­ke Bus zur Schne­cke und kriecht mit durch­schnitt­lich 14 Stun­den­ki­lo­me­ter­n¹ durch den Wed­ding. Und oft hat es sich zum Leid der vie­len Fahr­gäs­te völ­lig aus­ge­kro­chen, wenn die Schne­cke durch Stau­fal­len, zu gro­ßen Fahr­gast­an­drang, ungüns­ti­ge Ampel­schal­tun­gen und Autos, die in zwei­ter Rei­he par­ken, ganz aus­ge­bremst wird. Über­haupt trifft man den M27er sel­ten allein, im Schne­cken­ru­del scheint er sich woh­ler zu füh­len. Immer wie­der ist es für die Fahr­gäs­te ein beson­ders schö­nes Erleb­nis, wenn sie sich quet­schen­der­wei­se auf die ers­te Schne­cke wer­fen, und von der Fol­gen­den über­holt wer­den. Die fährt dann nur die gute Ber­li­ner Luft spa­zie­ren. Pech gehabt, im Ren­nen auf das fal­sche Pferd, äh, die fal­sche Schne­cke gesetzt…

Wenigs­tens für Sozio­lo­gen ist eine Fahrt vom gut bür­ger­li­chen Pan­kow in den wil­den Sol­di­ner Kiez im Wed­ding loh­nens­wert und mit Sicher­heit auf­schluss­reich. Der S‑Bahnhof Wollank­stra­ße scheint eine Gren­ze zwi­schen zwei völ­lig ver­schie­de­nen Wel­ten zu sein. 

Zurückbleiben bitte!

Wie auch immer, der geliebt-gehass­te Bus ist bei sei­nen Fahr­gäs­ten so begehrt, dass “Mit­nah­me-Effek­te” nicht immer garan­tiert sind. Es müs­sen sogar häu­fig Fahr­gäs­te zurück­blei­ben, weil sie schlicht nicht mehr in die gel­ben Unge­tü­me hin­ein­pass­ten. Gäbe es noch “Wet­ten dass”, könn­te der M 27 direkt dar­in auf­tre­ten, wenn es um die maxi­ma­le Beför­de­rungs­zahl von Kin­der­wa­gen geht. Die Linie M 27 ist trotz­dem beliebt. Denn ein Blick auf den Stadt­plan zeigt, dass die Linie des M 27 die idea­le Quer­ver­bin­dung zwi­schen Moa­bit, dem süd­li­chen Wed­ding, Möbel Höff­ner, Media Markt und dem Sol­di­ner Kiez dar­stellt. Inzwi­schen hat auch die BVG ein­ge­se­hen, dass die Linie beschleu­nigt wer­den muss – mit Ampel­schal­tun­gen, Bus­spu­ren und bes­ser ange­leg­ten Hal­te­stel­len². Ach du lie­be Schne­cke, wärst du doch nur öfter ein Wiesel.

¹ http://www.morgenpost.de/berlin/article136475123/Tempo-14–2‑Berlins-langsamste-Busse-aller-Zeiten.html

² http://www.berliner-zeitung.de/berlin/verkehr/rund-80-prozent-der-buslinien-sind-langsamer-als-vor-acht-jahren-23850026

* der M 21 streift den Wed­ding nur an der Julius-Leber-Kaserne

Mit­ar­beit: Julia­ne Orsen­ne – Foto: Samu­el Orsenne

Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

4 Comments Leave a Reply

  1. Ich woh­ne auch in der Nähe einer Bus­hal­te­stel­le der M27. Was soll ich sagen, das alles ist aber nur die hal­be Wahr­heit und ist noch sehr schön­ge­re­det. Frü­her hat­te ich den Bus sehr oft genutzt, auf der Stre­cke befand sich ein Kum­pel. Naja was ich da so erlebt habe: Motor­scha­den, Ölver­lust, Fah­rer fah­ren wie Bes­er­ker nach der Per­le­ber­ger Brü­cke Rich­tung Wed­ding, sodass man unfrei­wil­lig in einer Ach­ter­bahn sitzt, die Leu­te die das Tag für Tag mit­ma­chen wis­sen was ich meine 😉

    Ten­denz? Nene nichts mit Ten­denz. Pank­str. und Prin­zen­al­le siehts ganz schlimm aus bei Stoß­zei­ten. 2 Bus­se hin­ter­ein­an­der ist dann schon nor­mal, manch­mal sieht man sogar 3 Bus­se und in eini­gen Fäl­len auch mal 4 Bus­se. Hab sel­ber schon 4 Bus­se an der Hal­te­stel­le Pank­str. gesehen.

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