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Wiesenburger müssen Gelände verlassen

4. Dezember 2015
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Foto: Die Wiesenburg
Das Wohn­haus gehört zur Wie­sen­burg. Es muss aber nicht ger­ämt wer­den. Foto: Die Wiesenburg

Das lan­des­ei­ge­ne Woh­nungs­un­ter­neh­men dege­wo hat in der Wie­sen­burg in der Wie­sen­stra­ße Ate­liers sper­ren las­sen. Der Grund dafür ist eine befürch­te­te Ein­sturz­ge­fahr. Der Ver­ein Wie­sen­burg e.V. glaubt nicht an eine aku­te Gefahr, da die dege­wo im Herbst die betref­fen­den Kel­ler mit Stüt­zen hat sichern las­sen. Der Ver­ein befürch­tet, dass die dege­wo den Abriss plant.

Die Wie­sen­bur­ger sagen, dass sich „ein ver­wil­der­ter unge­nutz­ter Ort leich­ter abrei­ßen lässt.“ Sie glau­ben, dass Ziel der dege­wo sei es, die Künst­ler (die zum gro­ßen Teil Mit­glied im Ver­ein Wie­sen­burg e.V. sind) los­zu­wer­den. Wenn die Künst­ler ihre Arbeits­räu­me und das Gelän­de erst ein­mal ver­las­sen haben, sei für den Eigen­tü­mer dege­wo vie­les leich­ter. Und: „Es gibt genü­gend Mög­lich­kei­ten den Denk­mal­schutz zu umge­hen und somit einen bedeu­ten­den Teil Ber­li­ner Geschich­te für immer zu zerstören.“

Kein Abriss der Wiesenburg

Die dege­wo hält dage­gen. Die aktu­el­le Pres­se­mit­tei­lung der dege­wo spricht von “bis dato unbe­kann­te Kel­ler­be­rei­che”, die “akut ein­sturz­ge­fähr­det” sei­en. Und: In ihrem Mie­ter­ma­ga­zin stadt­le­ben ließ sie bereits im August 2015 Gün­ter Rei­mann zu Wort kom­men: „Nun ist das Haus in guten Hän­den.“ Gün­ter Rei­mann ist Mit­ar­bei­ter im Fach­be­reich Denk­mal­schutz im Bezirks­amt. Die dege­wo lässt zwar den Denk­mal­schüt­zer spre­chen, aber das Argu­ment liegt auf ihrer Sei­te, wenn Gün­ter Rei­mann auf den Ver­fall hin­weist. Die Wie­sen­burg ist trotz der Unter­stüt­zung durch das Quar­tiers­ma­nage­ment Pank­stra­ße mit zuletzt 150.000 Euro im Wort­sin­ne rui­niert. „Die Häu­ser sol­len genutzt wer­den – sonst ver­kom­men sie.“ Das heißt, auch Denk­mal­schüt­zer wol­len Inves­ti­tio­nen – die am ehes­ten die dege­wo stem­men kann.

David gegen Goliath

Auf den ers­ten Blick wirkt alles wie ein Kampf zwi­schen David und Goli­ath, wobei die Sym­pa­thien der Zuschau­er beim schein­bar klei­nen Wie­sen­burg e.V. lie­gen. Misst man die media­le Reso­nanz, dann scheint eher die dege­wo der Zwerg zu sein. Im Spie­gel gab es bis­lang noch kei­nen Arti­kel über eine Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft, der aus poli­ti­schen Grün­den eine teu­re Immo­bi­lie über­ge­hol­fen wur­de. Hin­ge­gen gab es in Deutsch­lands füh­ren­den Nach­rich­ten­ma­ga­zin bereits den Bericht über die dro­hen­de Ver­drän­gung der Wie­sen­bur­ger. Die­ser Arti­kel hat­te zu Erfol­gen für den Ver­ein Wie­sen­burg e.V. geführt. Das vor Jahr­zehn­ten als Obda­chen­lo­sen­heim genutz­te Gelän­de lan­de­te nicht bei der BIM (ehe­mals Lie­gen­schafts­fond), wo es meist­bie­tend an Inves­to­ren ver­kauft gewor­den wäre, son­dern kam zur lan­des­ei­ge­nen dege­wo, die immer­hin ein sozio­kul­tu­rel­les Zen­trum ver­spricht. Außer­dem wird der Ver­ein unter­stützt vom Quar­tiers­ma­nage­ment Pank­stra­ße, von der Sozi­al­raum­ori­en­tier­ten Pla­nungs­ko­or­di­na­ti­on und nicht zuletzt von der BVV (das Bezirks­par­la­ment), die am 15. Okto­ber beschlos­sen hat, dass die Wie­sen­bur­ger in die Pla­nun­gen zur Neu­ord­nung des Gelän­des ein­zu­be­zie­hen sind (Druck­sa­che 2264/IV)

Zukunft der Wiesenburg

Die Wie­sen­burg ist ver­fal­len. Gro­ße Inves­ti­tio­nen sind nötig. So gese­hen ist es viel­leicht nicht ganz so dra­ma­tisch wie es auf den ers­ten Blick aus­sieht, wenn nach jahr­zehn­te­lan­gem Rechts­streit um die Fra­ge, wer eigent­lich Eigen­tü­mer des Gelän­des ist, zuguns­ten des Lan­des Ber­lin ent­schie­den wur­de. Nach Über­tra­gung des Grund­stücks vom Land an die dege­wo ist der nächs­te Schritt ein so genann­tes Werk­statt­ver­fah­ren. Hier wird der Ver­ein Wie­sen­burg e.V. betei­ligt. Das Ergeb­nis ist noch offen. Anzu­neh­men ist aber, dass die Kämp­fe die­ser Werk­statt wei­ter­hin öffent­lich aus­ge­tra­gen wer­den. Und es ist abzu­se­hen, dass die Zeit der anar­chi­schen Struk­tu­ren der Wie­sen­burg vor­bei sind. Lag die Wie­sen­burg bis­lang gefühlt am Stadt­rand, so rückt sie wie der Wed­ding ins­ge­samt immer wei­ter in die Mit­te Ber­lins und muss sich damit professionalisieren.

Mehr zur Wie­sen­burg auf dem Weddingweiser:
Wie­sen­burg: Die Ver­drän­gung aus dem Paradies
Die eigen­tüm­li­che Ret­tung der Wiesenburg
Pres­se­mit­tei­lung der dege­wo (am 4.12. um 16.30 Uhr noch nicht veröffentlicht)

Text: And­rei Schnell

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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