Am kommenden Samstag den 30. Mai wird um 11:00 Uhr zu einer Begehung des Max-Josef-Metzger-Platzes eingeladen. Den Anlass bildet die bevorstehende Umgestaltung der Grünanlage. Mit einer Umfrage haben wir den Handlungsbedarf zu ermitteln versucht. Es stellt sich die Frage, ob diese Neugestaltung nicht auch zu einer Neubewertung und Neuordnung der Erinnerungskultur im Wedding oder zumindest der Müllerstraße genutzt werden kann. Immerhin kommt ein Großteil des im Gebiet zurzeit verbauten Geldes aus dem Städtebaulichen Denkmalschutz. Vor allem wurde an Orten wie dem Leopold- und dem Rathausvorplatz eine Beschäftigung mit der Geschichte zunächst einmal zurückgestellt.
Dass eine Auseinandersetzung mit historischen Zusammenhängen sinnvoll sein kann, zeigt sich schon alleine an dem derzeitigen Namen des Platzes. Denn die Umbenennung einer nahegelegenen Straße nach Metzger – einem Geistlichen, der für seinen Einsatz für den Frieden von den Nationalsozialisten ermordet wurde – scheiterte in den 1990er Jahren auf Grund von Bürgerprotesten. So erinnert heute die schlichte Grünfläche an ihn.
Bei dem schräg aus dem Boden herauswachsenden unbearbeiteten Natursteinstab, der an den Ermordeten erinnern soll – wenn auch die Inschrift nicht gut zu lesen ist – handelt es sich durchaus um ein geglücktes Erinnerungszeichen. Dieser umgestürzte Stein drückt das Scheitern eins unbeugsamen Menschen aus. Das etwas unscheinbare Denkmal kann aber auch als der Untergang eines politischen Systems gelesen werden, das über die Verwendung von Naturstein in der Architektur seinen Ewigkeitsanspruch zum Ausdruck bringen wollte.
Eine Frage der Ausrichtung
Kritischer zu bewerten ist die Stele aus Trümmerschutt des Künstlers Gerhard Schultze-Seehof aus dem Jahre 1954, die nicht ganz so treffend bis heute als eine Erinnerung an den Wiederaufbau und die Trümmerfrauen interpretiert wird. Es geht um die Abfolge Sklaverei, Zerstörung, Wiederaufbau und Demokratie. Das sind zumindest die Begriffe, die dem bildlichen Darstellung der Säule zugeordnet sind. Man muss wissen, dass damals das politische System der DDR und das der Nationalsozialisten mit dem Begriff Sklaverei gleichgesetzt wurden. Interessant ist vor allem auch die Ausrichtung des Denkmales, das sich weder aus den Straßenführungen noch an den Himmelsrichtungen orientiert, sondern sich aus geographischen Bezugspunkten ergibt. So weist die Sklaverei in der Verlängerung nach Hennigsdorf, einem Stahlwerksstandort der DDR, dessen Arbeiter 1953 über die in West-Berlin liegende Müllerstraße in Richtung „Ost-Berlin“ zogen , um dort gegen ihre Regierung zu demonstrieren. Die Seite mit der Darstellung der Zerstörung ist in die Richtung der historischen Mitte Berlins, maßgeblich auf das politische Zentrum der damaligen DDR ausgerichtet. Die Seite, die den Aufbau darstellt, weist treffsicher in die Weddinger Kieze. Das Relief Demokratie zeigt in Richtung des Grundstückes, auf dem 1960–1962 das Kurt-Schumacher-Haus – das Gebäude der West-Berliner Landes SPD – errichtet wurde.
Werbe-Deal für Stadtinfo
Es gibt Menschen, die betrachten Werbeträger als ästhetische Umweltverschmutzung, die Müllerstraße verfügt über sieben neue Litfaßsäulen und acht Tafeln auf Gehwegen und dem Mittelstreifen. Bei der Genehmigung der größten dieser Gewinn bringenden Bildflächen bewies das zuständige Amt besondere Sensibilität, denn die Tafel verdeckt die ohnehin kaum zu sehende unter Denkmalschutz stehenden Dankeskirche am Weddingplatz. Die Grundlage für die Ausstellung dieser „Stadtmöbel“ bilden sogenannte Toilettenverträge. Nach diesen darf die Firma Wall Werbeträger im öffentlichen Straßenland errichten. Zum Ausgleich übernimmt sie die Aufstellung, Wartung und Pflege von öffentlichen Bedürfnisanstalten.
Würde sich die Müllerstraße auf den Weg machen, ihre in der Zeit des Kalten Krieges geprägte Geschichtslandschaft zu überdenken, so ist Blick nach Prenzlauer Berg sinnvoll. Unsere Nachbarn haben es geschafft, historische Informationen kostengünstig in den Stadtraum zu bringen. Dazu schloss man mit der Fima Wall einen Vertrag. Wenn das Bezirksamt die Textfahnen (auf Papier) liefert, stellt Wall dafür moderne beleuchtete Schaukästen zur Verfügung. In Prenzlauer Berg gibt es nun Informationen zur Stadtgeschichte verbunden mit Orientierungsplänen und das Ganze selbstverständlich in zweisprachigen Texten. Lässt sich das nicht auch im Wedding umsetzen? Vielleicht ist das ja ein Thema, über das auf der Begehung am kommenden Samstag gesprochen werden kann.
Autor/Fotos: Eberhard Elfert
Begehung: 30. Mai, 11.00 Uhr,
Treffpunkt auf der großen Wiese des Max-Josef-Metzger-Platzes
[…] Max-Josef-Metzger-Platz: Umgestaltung als Chance […]
Ist hier schon einmal die Frage gestellt worden, warum der Platz umgestaltet werden soll?
Ich habe den Eindruck, dass die Umgestaltung der Plätze im Wedding eine ” Arbeitsbeschaffungsma0nahme ist.
Hier ein weitere Auswahl für ABM Maßnahmen:
https://weddingweiser.de/2012/08/31/platze-im-wedding/