Ganz früh, kurz nach Sonnenaufgang unterwegs ist er, vor meiner Haustür. Sein kratziges Haarkleid gibt ihm nicht viel Selbstsicherheit, ängstlich erstarrt der kleine Igel zu einer vermeintlich leblosen Stachelkugel, wenn sich ein Mensch nähert. In den Gärten hinter dem Haus wohnt er in einem Laubhaufen. Nachts jagt er Insekten.
Ein ganz anderes Kaliber Raubtier ist hingegen der Fuchs, sogar das am weitesten verbreitete auf der Erde. Nicht nur im vorstädtischen Reinickendorf – wo er das Wappentier ist – streunt er durch die Straßen. Auch im dicht besiedelten Wedding wohnen Füchse, am Humboldthain, in den Rehbergen, werden aber auch fernab großer Parks im Sprengelkiez gesichtet. “Die wichtigsten Gründe für das häufigere Auftreten des Fuchses sind das reichhaltige Nahrungsangebiot der Wegwerfgesellschaft, kein Jagddruck sowie ein gewisses Zutrauen zum Menschen“, erklärt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zur Häufung von Wildtieren in Berlin. Sie weist ebenfalls darauf hin, dass Füchse trotzdem scheu sind und Menschen nicht grundlos angreifen.
Es ist nicht mehr zu übersehen, die wilden Tiere erobern die Großstädte zurück. Nur hier ist das Nahrungsangebot noch größer als im Wald oder auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Selbst in kanalisierten Gewässern wie der Panke können Stadtbewohner mühelos Graureiher beobachten, und sogar ein Eisvogel findet hier genügend Fische und Insekten für seinen Speisezettel. Gefahr droht ihnen durch die Menschen in der Großstadt meistens nicht. Auch Biber und Waschbären lassen sich vom Großstadttrubel nicht vertreiben und werden an den Ufern der Weddinger Gewässer regelmäßig gesichtet. In den Rehbergen gab es sogar eine Rotte Wildschweine, die den Parkbesuchern (und letztlich auch der Schusswaffe eines Polizisten) zu nahe kamen.
Auch wenn der sieben Hektar große Plötzensee im Sommer von Hunderten Menschen umlagert ist, scheint das eine Schildkrötenfamilie nicht im Geringsten zu stören. Eigentlich kommt in der Natur Deutschlands nur eine Sumpfschildkrötenart vor, doch ein Naturfotograf hat im Jahr 2011 ganze elf Rotwangen-Schildkröten im Plötzensee ausfindig gemacht. Und beim ersten Sonnenstrahl muss man am Ufer nicht lange suchen, um die urigen Reptilien auf einem im Wasser treibenden Baumstamm beobachten zu können.
Parks und Gewässer sind für Tiere natürliche Rückzugsorte, die den Ausgangspunkt für Erkundungsgänge und –flüge durch die Großstadt darstellen. Doch auch die von Menschen errichteten Bauwerke und versiegelten Flächen bieten vielen Tierarten Obdach! So schickte uns der Verein Berliner Unterwelten Fotos von Fledermäusen, die sich in der Flakbunkerruine im Humboldthain häuslich eingerichtet haben.
Auch ein Bussard nutzt das Werbeschild eines Supermarkts am Gesundbrunnen regelmäßig als Beobachtungsposten. Manche Nutztiere haben sich ebenfalls die Städte als Rückzugsraum auserkoren: so finden gerade Wild- und Honigbienen, die weltweit ein gravierendes Artensterben erleben, in Berlin weite Verbreitung. Kein Wunder, gibt es hier doch weniger Pestizide und Insektizide als auf dem Land. Und Feinstaub und Abgase filtern die Bienen heraus, so dass der Stadthonig nicht damit belastet wird – und sogar besonders schmackhaft ist. Im Schul-Umwelt-Zentrum (Gartenarbeitsschule Wedding) an der Scharnweberstraße sind einige Bienenvölker zuhause, aber auch im interkulturellen Gemeinschaftsgarten Himmelbeet am Leopoldplatz und im Mauergarten wird geimkert. Außerdem werden die Mithelfer und Kursteilnehmer im Himmelbeet dafür sensibilisiert, wie man bienenfreundlich gärtnert.
Bislang war der Wedding nicht gerade dafür bekannt, dass es hier besonders einsam zugeht. Aber neulich, als ich beim Abendspaziergang ganz leise war, da habe ich es gehört: auch hier sagen sich Fuchs und Hase Gute Nacht!
Die Informationen und Fotos zu diesem Artikel haben die Leserinnen und Leser des Weddingweisers auf Facebook beigesteuert. Dafür vielen Dank an alle Mitschreibenden!
Die Serie wird mit Haus- und anderen Tieren fortgesetzt.
Fakten zu Berliner Wildtieren (Quelle: Berliner Morgenpost, gekürzt)
Bis zu 4000 Wildschweine leben in Berlin. Wildschweine graben den Boden auf oder drücken Gartenzäune hoch, um an Nahrung in Komposthaufen oder Abfalltonnen zu gelangen. “Die Tiere haben einen guten Geruchssinn und wittern Nahrung in Form von Knollen und Obstresten in Gärten auch auf weite Entfernungen”, sagt Katrin Koch von der Wildtierberatung des Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Um die Wildschweine vom Garten fernzuhalten, sind mindestens 1,5 Meter hohe, stabile Gitterzäune nötig. Außerdem können sogenannte Wühlblockaden aus Beton in den Boden eingelassen werden. Immerhin: Wildschweine greifen Menschen äußerst selten an. Wichtig ist, bei einer Begegnung Ruhe zu bewahren und dem Tier Rückzugsmöglichkeiten zu geben.
Weit über 1000 Steinmarder leben in Berlin – überall in der Stadt verteilt. Steinmarder sind etwa so groß wie Katzen, wiegen um die 1,5 Kilogramm und sind an ihrer langen, struppigen Rute erkennbar. Besonders berüchtigt sind die Tiere für ihre “Marderschäden” an Autos – sie zerbeißen Kabel oder Wasserschläuche im Motorraum. Dieser dient ihnen als Unterschlupf, Versteck für Nahrung oder Spielplatz ihrer Jungen. Stabile Kabelummantellungen für gefährdete Teile können die Marderschäden verhindern. Ob sich ein Marder in einem Haus eingenistet hat, kann man an seinem charakteristischen Kot erkennen, der besonders lang und mit Beuteresten versetzt ist. Dauerhaft lassen sich die Tiere nur fernhalten, wenn es gelingt, sämtliche Einstiegsmöglichkeiten zu verschließen; etwa Mauerlöcher, Belüftungsschlitze oder lockere Dachziegel.
Der Fuchs ist berüchtigt als Überträger der Tollwut, die in Deutschland allerdings seit 2006 nicht mehr bei den Tieren nachgewiesen wurde. Auch der Fuchsbandwurm spielt in Berlin keine Rolle. Im Stadtgebiet gibt es etwa 1400 Füchse. Da sie keine Gefahr darstellen, werden sie in der Stadt nur in Ausnahmefällen geschossen. Die Tiere von Grundstücken komplett fernzuhalten ist schwierig, da sie Mauern überklettern können und sich unter Zäunen hindurchzwängen. Um sie nicht anzulocken, sollten Nahrungsmittelquellen wie Hunde- oder Katzenfutter entfernt und offene Mülltonnen geschlossen werden. Fühlt sich ein Fuchs erst einmal im Garten heimisch, so gibt es mehrere Methoden, ihn wieder loszuwerden: Da die Tiere keine menschlichen Gerüche mögen, werden spezielle Mittel, die nach menschlichem Schweiß riechen, im Fachhandel angeboten. Auch Außenlampen mit Bewegungssensor können abschrecken. Schließlich geht es auch ganz einfach: Es kann reichen, den Gartenschlauch in ihre Richtung zu halten.
Wer hätte das gedacht: Wildkaninchen können ganz schön gefährlich sein: Sie legen weitverzweigte Höhlensysteme an, die die Statik von Straßen oder gar kleinen Häusern gefährden können – ihre Grabtätigkeiten können zudem Baumwurzeln zerstören. Im vergangenen Jahr wurden deswegen etwa 800 Tiere in Berlin getötet. Auf kleinen Grundstücken sind Schäden aber glücklicherweise selten: Die Tiere werden durch die ständige Anwesenheit des Menschen oder von Haustieren wie Katzen vertrieben. Einmal im Garten, sind die Nager allerdings nicht wählerisch und beschädigen oftmals sämtliche Stauden und Gehölze. Wer also auf Nummer sicher gehen möchte, kann Beete mit einem Drahtzaun umziehen, der mindestens 20 Zentimeter tief in die Erde eingelassen ist. Einzelne Bäume können mit Drahtmanschetten gegen die Bisse der Kaninchen geschützt werden.
Der Biber war fast ausgerottet, seit etwa fünf Jahren gibt es ihn aber wieder häufiger (100 Tiere) in Berlin. Die niedlichen Nager mit der charakteristischen Biberkelle sind durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Sie erfreuen allerdings nicht uneingeschränkt: 45 Gehölzarten stehen auf ihrem Speiseplan, darunter auch Nadel- und Apfelbäume. Vor allem im Winter, wenn sonstige Nahrung rar ist, fällt der Biber auch Ufergebüsche und Bäume.
Waschbären fressen seltene Tiere wie die Sumpfschildkröte oder den Graureiher, wühlen Gärten um und nisten sich auf Dachböden ein – sie sind eine invasive Art. Ursprünglich nicht in Berlin beheimatet, gibt es mittlerweile mindestens 1000 Waschbären in allen Ecken der Stadt, und ihre Zahl steigt. “Waschbären fernzuhalten ist nahezu unmöglich – die sind eine echte Plage”, sagt Wildtierberaterin Koch vom Nabu. Die fünf bis zehn Kilogramm schweren Tiere ernähren sich in Städten von Essensresten, klettern auf Obstbäume, stöbern auf Kompostplätzen oder in Mülltonnen. Um das heimische Obst gegen Waschbären zu sichern, können mindestens einen Meter hohe Blechringe an den Baumstämmen angebracht werden. Mülltonnen sollten mit Spanngummis gesichert werden. Damit Waschbären nicht ins Haus gelangen, sollten alle Schlupflöcher dauerhaft verschlossen und der Schornstein durch ein Metallgitter gesichert werden.
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