Drei Straßen treffen sich unter den Liesenbrücken an der Grenze von Mitte und Wedding. Ein Kreisverkehr organisiert genau unter der Brücke den Verkehr auf der Gartenstraße, der Scheringstraße und der Liesenstraße. Eine Bürgerinitiative hofft, dass an diesem Verkehrsknotenpunkt zukünftig ein weiterer Weg hinzukommt: ein Fuß- und Radweg über die stillgelegten Eisenbahnbrücke hinweg. Das „Bündnis Liesenbrücken“ will so über dem Kreisverkehr eine kreuzungsfreie grüne Verbindung vom Nordbahnhofpark zum Humboldthain schaffen. Seit drei Jahren arbeiten die Bürger für die Umsetzung des Plans. Es gibt erste Erfolge, doch die Aktiven wissen, ihr Weg ist noch weit.
„Wir sind seit drei Jahren dran. Das wird ein Langzeitthema, denn das ist ein riesiges Bauwerk“, sagt Antje Henning vom Berliner Netzwerk für Grünzüge, das sich für das Bündnis Liesenbrücken engagiert. Als sie kürzlich interessierte Berliner beim Tag des offenen Denkmals nach ihrer zeitlichen Vorstellung fragte, verwies Henning auf die Yorckbrücken in Schöneberg: „An dem Projekt wurde 30 Jahre lang gearbeitet.“ Auf eine ähnlich lange Zeit ist das Bündnis Liesenbrücken eingestellt. Umso mehr freut es die Gruppe, dass es erste Erfolge gibt.
Zunächst ist da die Erkenntnis, dass alle Angesprochenen das Projekt unterstützen. „Es gibt eine sehr positive Resonanz. Alle erkennen, dass es eine gute Idee ist. Es gibt auch keine Nutzungskonflikte“, erklärt Antje Henning. So konnten bereits sehr schnell viele Partner für das Bündnis gefunden werden. Die beiden Quartiersmanagements im Brunnenviertel, der Technologie-Park Humboldthain e.V., das Berliner Netzwerk für Grünzüge, die Stiftung SPI unterstützen das Bündnis. Auch der Eigentümer der Liesenbrücken, die DB Netz AG, eine Tochter der Deutschen Bahn, unterstützt die Bemühungen. „Wir werden alles unterstützen, was dazu führt, dass es eine Lösung gibt“, sagt Cord Meyer von der DB Netz AG. Das Unternehmen nutzt die denkmalgeschützte Immobilie nicht mehr und möchte die Anlage am liebsten verkaufen. Sogar für einen Euro, wie beim Tag des offenen Denkmals deutlich wurde, denn mit dem „unbequemen Denkmal“ sind kostspielige Pflichten verbunden, unter anderem der Erhalt der Verkehrssicherheit.
Fragen der Finanzierbarkeit ihres Plans stellt das Bündnis Liesenbrücken erst einmal zurück. Jetzt freut man sich darüber, dass die Technische Universität Berlin ihr Thema aufgegriffen hat. Im vergangenen Semester haben Ingenieursstudenten vom Campus in der Ackerstraße im Rahmen eines Entwurfsseminars Varianten für die Umsetzung des grünen Übergangs über die Liesenbrücken erarbeitet. Dabei würde bei allen Entwürfen die rostige Anmutung der Brücken erhalten bleiben, die heutzutage viele Fotografen und Maler anzieht. Ob eines der Entwürfe umgesetzt werden kann, ist unklar. Doch die Stiftung SPI treibt das Projekt ebenfalls voran, seit dem Frühjahr gibt es eine Förderung über das „Lokale Soziale Kapital“. Bei dem geförderten Projekt, das die Stiftung SPI umsetzt, geht es darum, die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen und weitere Aktive zu sammeln.
Als nächster Schritt steht die Begutachtung der alten Eisenbahnbrücken, die 1890 bis 1896 gebaut wurden, auf dem Plan der Bürgerinitiative. Material und Statik müssen geprüft werden, die so genannte Restnutzungsdauer ermittelt werden. Dafür steht das Bündnis bereits mit dem Bundesamt für Materialforschung in Kontakt. Das größte Problem sehen die Experten in der Korrosion, denn der Rost ist für jeden Laien sichtbar. Weil die Brücken aber schon lange stillgelegt sind, wird Materialermüdung wahrscheinlich aber kein Problem sein. „Wir machen viele kleine Schritte, aber es geht voran, der Unterstützerkreis wächst“, sagt Antje Henning zuversichtlich.
Text und Fotos: Dominique Hensel
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