Kultur, Gespräche und Kollaborationen – die Initiative Parkcafé Rehberge arbeitet nicht nur an der Sanierung und Reaktivierung des Gebäudes an der Catcherwiese im Volkspark Rehberge. Mit verschiedenen Formaten will sie auch schon vor der Wiedereröffnung des Parkcafés die Nachbarschaft zusammenbringen. In den nächsten Tagen gibt es wieder Gelegenheiten, das Projekt kennenzulernen.
Erinnert ihr Euch noch? Im Sommer 2020 war viel los in den Parks. Der Enge der Wohnung entfliehen – das war das Ziel. Vielen wurde plötzlich ganz deutlich, wie wichtig städtische Freiräume sind. Und Parks gehören dazu. Der Volkspark Rehberge entstand rund neunzig Jahre zuvor unter ebenfalls prekären Bedingungen: Einerseits sorgten die Umgestaltung der Landschaft und das Anlegen der verschiedenartigen Grünflächen für Beschäftigung in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit. Andererseits sollten Gärten, Strandbad, Sportanlagen und Wiesen Orte sein, die den Menschen im Wedding, die mit minimalem Wohnraum und finanziellen Mitteln auskommen mussten, einen kostenlosen Freiraum gaben. Hier konnten sie durchatmen und sich bewegen.
Vielen mag es heute ähnlich gehen: An einem heißen Tag im Volkspark Rehberge anzukommen, kommt einer erfrischenden Dusche gleich. Die aufgeheizte, steinerne Stadt und das geschäftige Treiben an der Müllerstraße sind schnell vergessen im Schatten der riesigen Bäume, umgeben von wild wucherndem Blattwerk. Wer hat sich zwischen Plötzensee und Afrikanischem Viertel, Düne und Gartenanlage nicht schon mal verlaufen? Im Herzen des Parks, an der Catcherwiese: das Parkcafé Rehberge.
Das alte Parkcafé: Passiert hier wieder was?
Seit etwa drei Jahren setzt sich die gleichnamige Initiative für eine Wiederbelebung des Ortes ein. Auch wenn, die Renovierung noch bevorsteht, warten, bis das Gebäude als Café und offener Nachbarschaftraum wiedereröffnet, wollten die Mitglieder der Initiative nicht. Aber wer sind denn diese Nachbar:innen? Miteinander ins Gespräch kommen, sich vermischen und Veranstaltungsformate ausprobieren – das sind die Ziele des Projekts „Niemand ist eine Insel“, das in diesem Jahr startete. Dazu sprach sie verschiedene Gruppen und Vereine aus dem Wedding an und lud sie ein, sich einzubringen.
Mittlerweile fanden drei Aktionsreihen auf der Terrasse vor dem Parkcafé statt. Eine ganze Woche im Juni organisierte Roland Walter vom Verein Inklumance: In den Fensterlaibungen hingen Rolands eindrückliche Fotografien, während es Musik, Tanz- und Zirkusworkshops und ein Clownsstück gab. Ende August stemmte das Kiezhaus Agnes Reinhold ein dichtes Programm, mit Kiezküche, Filmabend, Lesung, Stadtspaziergang, Graffiti-Workshop, Quizshow und viel Gelegenheit, die verschiedenen Initiativen und Gruppen des Kiezhauses kennenzulernen. Am Ende Woche saßen einige von ihnen mit an der langen Tafel, an der gemeinsam über die Innenräume des Parkcafés nachgedacht wurde, über verschiedene Nutzungen und die dazu nötige Einrichtung.
Beim darauffolgenden Aktionswochenende luden Rahel Salvodelli und Taykan Sports Wedding zum Boxtraining ein, Filme aus dem Wedding wurden gezeigt und das Theaterkollektiv Enttäusche_mich ermittelte bei einer Gameshow, wem 100 Euro Sozialhilfe zustehen. Geboren war der Social Fight Club, der am 29. Oktober eine zweite Auflage bekommt. Vorab, vom 13. bis 15. Oktober, werden wir bei Spaziergängen durch den Park mehr über unsere krabbelnden, kriechenden und blühenden Nachbar:innen sowie über das Pilzwachstum im Park erfahren. Bei den von Yeşil Çember geplanten Aktionen sind ebenso Ernährung und Lebensmittelverschwendung Thema.
Ohne Einlasskontrollen, teure Tickets und andere Barrieren sollen die Veranstaltungen vielen Leuten offen stehen, die sonst draußen bleiben. Das ist einerseits möglich durch Fördergelder des Berliner Projektfonds Urbane Praxis. Dieser unterstützt seit mehreren Jahren Aktionen im Stadtraum, die sich – oft mit oft künstlerischen Mitteln – einem Ort und den dortigen Menschen widmen. Jedoch wäre es ohne das Engagement der vielen Freiwilligen zu keiner einzigen Veranstaltung gekommen.
Veranstaltungen, Kollaborationen: Was bleibt?
Die vergangenen Monate haben viele Menschen ans Parkcafé gelockt und auch dazu geführt, dass sich die Initiative weiterentwickelt hat. Sie ist mittlerweile ein Verein, in dem Mitglieder und Interessierte über das gemeinsame Planen und Schaffen immer besser kennenlernen. Insofern begann, schon lange bevor das Gebäude angefasst wurde, mit dem Bau an den Strukturen des Parkcafés. Dazu sind die Fundamente für künftige Kollaborationen gelegt – mit dem Inklumance e.V., dem Kiezhaus Agnes Reinhold, Taykan Sports Wedding, Enttäusche_mich und Yeşil Çember. Der Austausch hat viele Erkenntnisse geliefert über ihre Bedarfe und Expertisen. Zugleich wurde durch das Ausprobieren der unterschiedlichen Veranstaltungsformate deutlicher, was es im künftigen Parkcafé braucht. Eine Reflektion des Gestaltungsworkshops während der zweiten Aktionswoche ist ebenfalls angesetzt.
Parallel zu dem umfangreichen Programm wird auch am Bauantrag für die Renovierung des Gebäudes gearbeitet. 10.000 Euro kamen bereits bei einer Crowdfunding-Aktion (Crowdfunding fürs Parkcafé Rehberge, Weddding unterstützen) zusammen, mit denen die für den Antrag nötigen Gutachten zum Zustand des Gebäudes finanziert werden. Auch das zeigt, wie viele Menschen im Kiez sich eine Wiederbelebung des Ortes wünschen.
Die nächsten Veranstaltungen
- Freitag, 13. Oktober, 17–19 Uhr: Spaziergang durch den Park mit Georg Reinhardt von der Organismendemokratie, Treffpunkt: Terrasse des Parkcafés Rehberge
- Samstag, 14. Oktober, 15–17 Uhr: Spaziergang durch den Park mit dem Mykologen Dr. Öyküm Öztürk, um essbare und andere Pilze zu entdecken und kennenzulernen, Treffpunkt: Terrasse des Parkcafés Rehberge
- Samstag, 14. Oktober, 17–19 Uhr: Getränke, Vortrag und Lesung aus “Der Pilz am Ende der Welt” mit Maximilian Ludwig, Terrasse des Parkcafés Rehberge
- Sonntag, 15. Oktober, 14–17 Uhr: Food-Mandala mit der Künstlerin Safak Yüreklik, anschließend wird gekocht, um eine Bewusstsein für Lebensmittelverschwendung zu schaffen – es gibt Suppe!
Die Veranstaltung finden in Zusammenarbeit mit Yeşil Çember statt. Yeşil Çember sensibilisiert seit über 16 Jahren vor allem türkisch- und arabischsprachige Menschen für nachhaltige Lebensstile und setzt sich für eine barrierefreie Umweltbildung ein, die für alle Bürger:innen in Deutschland zugänglich ist.