Süleyman Mazanli und Andreas Altvater lieben rauhen Stahl. Im März 2016 haben die beiden jungen Männer das Unternehmen Tatkraft gegründet. Sie wollten ein Bett mit rauer Schale und weichen Kern erschaffen. Man könnte sagen: ein Bett, das so sein sollte wie sie selbst. Weil es ein solches Bett nicht gab, haben sie es entworfen, geplant, geschweißt. Seit gut einem Jahr verkaufen sie es in einem Online-Laden mit bislang nur einem Produkt: dem Bett Ion. Die beiden Unternehmer kennen sich seit ihrer Kindheit im Brunnenviertel und wohnen auch heute wieder Tür an Tür. Dieses Mal im Brüsseler Kiez. Das ist die Geschichte zweier Weddinger Jungs mit Tatkraft.
Ion – das schwebende Stahlbett
“Das Bett Ion ist jetzt perfekt”, sagt Süleyman Mazanli im November 2017. Da blicken die zwei ArtWorker auf rund zwei Jahre Entwicklung zurück. Geschaffen haben Sie ein Bett aus “unbehandeltem Stahl, der deshalb lebt”. Ein Stahl mit Kratzspuren, mit sichtbaren Schweißnähten, mit Patina. “Berlin ist kantig, rauh. Und so ist das Bett.” Vor allem fällt auf, dass das Bett zu schweben scheint, als ob es aus Nichts bestehen würde. Allerdings ist das Design-Stück nicht gerade billig. Auf der Webseite www.tatkraft.org wird es ab 1.090 Euro verkauft.
Der Sitz des Unternehmens ist in der Reinickendorfer Breitenbachstraße. Dort hat Tatkraft seit dem 1. März 2017 eine Lagerhalle mit 650 Quadratmetern angemietet.
In diesem Jahr (2018) soll das Start-Up abheben. Die bislang beinahe 200 verkauften Ions sollen nur die Startrampe für künftigen Erfolg sein. So geht in wenigen Tagen, ab dem 31. Januar, ein weiteres Produkt in den Verkauf: ein Beistelltisch. Bürotische und Wohnzimmertische sind schon kurz vor der Handelsfreigabe durch die mit sich selbst strengen Designer. Fünf Möbelstücke sollen allein 2018 fertig werden, pardon: perfekt werden. Los geht es zunächst mit NOA, OIA und DOM. Im Online-Shop wurde ein Countdown eingetrichtet.
Und der Firmenname soll in diesem Jahr geändert werden: “Jedoch sehen wir in dem anmutenden Klang und der Einzigartigkeit des Namens Mazanli das Potenzial global uneingeschränkt agieren und eine neue Generation deutscher Möbeldesigner darstellen zu können.” Ein Satz, wie man ihn für ein Hipster-Unternehmen aus Mitte vermuten würde. Und doch sind Süleyman Mazanli und Andreas Altvater zwei waschechte Weddinger Jungs.
Wer Süleyman Mazanli und Andreas Altvater sind
In der Gustav-Falke-Grundschule im Brunnenviertel kreuzten sich die Lebenswege der beiden zum ersten Mal. “Über Zeichnungen in der Hofpause sind wir uns in der vierten Klasse kennen gelernt und Freunde geworden”, berichtet Andreas Altvater über die Zeit in der Grundschule. Als Sohn von so genannten “Rußlanddeutschen” war es für ihn an der Schule mit vielen Kindern mit türkischer oder arabischer Herkunft nicht immer leicht, wie er heute sagt. Doch in Süleyman Mazanli hat er damals jemanden gefunden, der ähnlich war wie er, der “gern etwas kreierte, etwas, was zuvor nicht da ist.”
Etwas Neues zu schaffen, das war Mazanlis Lebensmotto auch später. Nach seinem Schulabschluss an der Herbert Hoover Schule in der Pankstraße probierte es sich als Musikproduzent aus. Mxpwr solle man im Internet suchen, verrät er. Seinen Freund Andreas Altvater verschlug es in die Filmbranche. Er arbeitet heute als Kameramann fürs TV-Geschäft.
Nun haben sich die Lebenswege der beiden wieder angenähert. Von dem Bett Ion, eine Designidee von Süleyman Mazanli, war Andreas Altvater sofort begeistert. Und er hat seinem alten Schulfreund und dessen Unternehmen sofort unterstützt. Zufall, dass sie heute beide in der Lüderitzstraße wohnen?
Webseite und Shop: www.tatkraft.org
Text und Foto: Andrei Schnell, Produktfoto: Tatkraft