Der Weltraum, unendliche Weiten… und dann ein Zwischenfall. Eine Notlandung des Raumschiffs ist unumgänglich. Es ist Sternzeit 300138,0 und das havarierte Schiff schwenkt in eine Erdumlaufbahn ein, mit Karacho kracht es auf die Oberfläche. Kurz darauf materialisieren zwei Crewmitglieder vor dem Hauptgebäude der Berliner Hochschule für Technik (BHT) im Wedding. Und wenn sie schon mal da sind, gehen sie natürlich zu Captain Zitt; das ist definitiv der Auskenner für ihr Technikproblem der Zukunft. Willkommen zur 11. Intergalaktischen Gastvorlesung in der Luxemburger Straße!
Die Begebenheit mit den zwei intergalaktischen Gästen fand am Freitag (11.11.) in der BHT statt. Ein Hörsaal voller Science Fiction-Fans und ein Fernsehteam waren Zeugen der Außenmission. Auch die halbe Weddingweiser-Crew war dabei. Sie war nicht kostümiert, im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmer:innen der Veranstaltung. Unter der bunten Zuhörerschaft fanden sich eine Andorianerin mit blauer Haut und den typischen Fühlern auf dem Kopf, ein Sternenflottenoffizier, aber auch Jedi-Ritter mit Laserschwertern und der dunkle Lord Vader waren Teil des Publikums. Im Zentrum stand jedoch ein Herr mit spitzen Ohren und skeptischem Blick: Mr. Spock. Ein deutscher Doppelgänger des berühmten Vulkaniers zog die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Er heißt Jens Dombek und stammt aus Spandau, lebt heute aber in Brieselang. Viele Teilnehmenden standen am Freitag Schlange, um von ihm eine Autogrammkarte zu bekommen.
Fantreffen und Vortrag im Wedding
Die ungewöhnliche Veranstaltung war eine Art Fantreffen für Science Fiction-Fans. Das Verkleiden, gemeinsame Posieren für viele Fotos und ein bisschen Fachsimpelei gehörten definitiv dazu. Doch eigentlich ging es um etwas ganz anderes, den Vortrag von Dr. Hubert Zitt, Spezies Mensch. Seit 1996 hält er Vorträge über Star Trek. Wenn er nicht auf Fan Conventions ist oder auf der Bühne Vorträge hält, ist er Dozent an der Hochschule Kaiserslautern (Campus Zweibrücken). Mit Technik kennt er sich aus, allerdings eher mit seinem Fachgebiet, der Elektrotechnik.
In seinem Vortrag beschäftigte sich Captain Zitt mit der Frage, ob die technischen Visionen aus Raumschiff Enterprise Wirklichkeit werden können. Die Antwort kennt jeder Star Trek-Fan: Die Visionen aus Star Trek können nicht nur Wirklichkeit werden, sie sind es schon längst, zumindest einige. Mit einer Art sehr kurzweiligen Videoschnipselvortrag nahm Dr. Zitt die Zuhörer:innen mit auf eine Reise in die Welt von Captain Picard und Mr. Spock und zeigte, welche der technischen, einst fantastischen Gerätschaften aus der Serie heute Alltag sind: Flachbildschirme, Universalübersetzer, Headsets, Fingerabdruckscanner und vieles mehr. „Und hey, wir reden heute ganz normal mit Computern“, sagt der Referent. Seine Begeisterung für die Ideen der Kreativen bei Star Trek teilt er mit dem Publikum. Verwunderlich sei die Treffsicherheit aber nicht: „Die Macher haben vorher verschiedene Wissenschaftler gefragt, wie sie sich die Zukunft ihres Berufs vorstellen.“ So kam es zu realistischen Visionen.
Visionen für die Zukunft
Der Blick in den Rückspiegel ist beeindruckend, ohne Frage. Aber was ist mit der Zukunft? Mit vielen Ausschnitten aus den neuen Serien „Discovery“ und „Picard“ zeigte Hubert Zitt, wie sich die Macher der Science Fiction-Welt diese Zukunft vorstellen. Sind es 3D-Spiegel, in die Luft projizierte Bildschirme, Gestensteuerung, programmierbare Materie und künstliche Intelligenz mit Bewusstsein, die auf uns Erdlinge zukommen? Dr. Zitt scheint den Zuhörer:innen zuzurufen: Selbstverständlich! „Wir können uns nicht vorstellen, was in 50 oder 100 Jahren ist. Die Fortschrittskurve steigt exponentiell an, aber wir können uns nur eine lineare Entwicklung vorstellen“, erklärt er. Mr. Spock, der in der ersten Reihe sitzt und aufmerksam zuhört, hat dabei ganz sicherlich eine Augenbraue hochgezogen. Als Vulkanier weiß er natürlich wie immer viel mehr.
Natürlich gibt es auch etwas Moral bei der Geschichte. So berichtet Dr. Zitt von einer inzwischen real existierenden künstlichen Intelligenz, die ein Tetris-Spiel aus eigenem Antrieb angehalten hat – weil sie gemerkt hat, dass sie das Spiel niemals gewinnen kann. Als echter Fan der Star Trek-Philosophie zieht Dr. Zitt an dieser Stelle eine Parallele zur aktuellen Weltlage mit Diktatoren und Krieg in der Ukraine. Vielleicht, so Zitt, wäre es klug, der künstlichen Intelligenz zu folgen und das „gefährliche Spiel“ einfach anzuhalten. Auch die Andorianerin applaudiert.
Science Fiction mit Herz: Spendensammlung
Soweit zu den Sternen und den Visionen, die auf der Leinwand zumindest visuell vorstellbar werden. Bei der Intergalaktischen Vorlesung stellte man sich auch ganz weltlichen Problemen. So wurde bei der kostenfreien Vorlesung Geld für das Kinderhospiz „Berliner Herz“ gesammelt. Auch Kekse wurden für den guten Zweck verkauft – in Form von Meister Yoda und eines Star Trek-Kommunikators.
Captain Zitt im Livestream
Wer auch ein wenig seiner Science Fiction-Lust frönen möchte, kann sich in die Weihnachtsvorlesung von Dr. Hubert Zitt an der Hochschule Kaiserslautern reinklicken. Sie findet am 15. Dezember ab 19 Uhr statt. Der Link wird unter www.startrekvorlesung.de veröffentlicht. Wer auch für diese Mission keine Zeit hat, der muss bis zur nächsten Intergalaktischen Gastvorlesung in der BHT im Wedding warten. Und dann kostümiert, bitte!
Sehr geehrte Frau Hensel,
ein wunderschöner Bericht.
Vielen Dank.
Wolfgang Hahn
Hallo Herr Hahn, vielen Dank für die Blumen. Es war mir eine Ehre. Der Dank geht aber natürlich an Sie, denn Sie haben diese schöne Veranstaltung organisiert. Sollten Sie das im nächsten Jahr wieder tun, würde ich mich freuen und auch gern wieder vorbeischauen. Viele Grüße!