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Infoveranstaltung am 12. März, 18 Uhr:
Was passiert im Umfeld des S-Bahnhofs Wedding?

6. März 2025
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Der von der S-Bahn durchschnittene Häuserblock um den S-Bahnhof Wedding herum bedarf dringend einer städtebaulichen Neuordnung. Er ist derzeit weit davon entfernt, sein städtebauliches Potenzial unmittelbar an einem Knotenpunkt des Berliner ÖPNV auszuschöpfen. Auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung am 12. März sollen erste Vorstellungen über die Entwicklung des Blockes vorgestellt werden.

Der Bereich gilt zum Großteil planungsrechtlich noch als ein "beschränktes Arbeitsgebiet", ein juristisches Relikt aus den 1950er Jahren, das unter anderem Wohnungsbau verbietet. An der Tegeler Straße kann der Bezirk deshalb nicht verhindern, dass hier vollkommen intakte Wohnhäuser abgerissen werden. An der Reinickendorfer Straße schützt deshalb jetzt der Aufstellungsbeschluss für einen neuen Bebauungsplan (B-Plan 1-120) langfristig die Wohnbebauung. Anders als im Mettmannkiez befinden sich hier die meisten der mit Wohn-Altbauten bestückten Grundstücke aber in Einzelbesitz und nicht im Eigentum der Bayer AG. Und die sieht den Blockbereich um den S-Bahnhof auch nicht mehr als Erweiterungspotenzial ihres Berliner Campus an. Nur das Parkhaus an der Müllerstraße mit dem Betriebskindergarten auf dem Dach soll künftig noch von Bayer betrieben werden.

Auch das Grundstück mit dem "schwarzen Netto" neben dem S-Bahnhof hat noch ein immenses Entwicklungspotenzial. Hier ist seit Jahrzehnten nichts mehr investiert worden, der Discounter pfeift sozusagen auf dem letzten Loch. Seine Tiefgarage zum Beispiel ist schon so lange gesperrt, dass sich kaum einer erinnert, dass sie überhaupt existiert. Und im Vergleich zu dem neuen Edeka-Markt auf der anderen Seite des S-Bahnhofs herrscht im "Netto mit Hund" tote Hose. Der eine Laden brummt (obwohl ohne Kundenparkplatz), in den anderen traut man sich nur mit viel Abenteuerlust noch hinein. Und das, obwohl an der Kreuzung der U6 mit dem S-Bahn-Ring permanent viele Menschen umsteigen und die Lage für einen Nahversorger eigentlich ausgesprochen gut sein müsste.

Der dänische Eigentümer des schwarzen Netto strebt jetzt zusammen mit der Bayer AG eine Neuordnung an. Ein dritter Investor könnte die Grundstücke der beiden Konzerne übernehmen und entwickeln, wobei er sich dazu verpflichten müsste, das Bayer-Parkhaus und den Betriebskindergarten sowie den Netto-Discountermarkt weiter eine Heimstatt zu geben.

Aber auch der Bezirk muss Vorstellungen für die Entwicklung des Blocks formulieren. Denn nur in Kooperation könnten beide einen "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" aufstellen, der das künftige Baurecht festschreibt. Dabei würde der Bezirk darauf achten, dass hier auch bezahlbarer Wohnungsneubau entsteht. Wobei die Lage direkt an der Ringbahn natürlich die Möglichkeiten beschränkt, denn Wohnungen mit Ausrichtung auf die Gleise sind ab einer bestimmten Höhe aufgrund des nächtlichen Lärms nicht mehr zulässig. Die Lärmschutzwand entlang der Gleisanlagen funktioniert weiter oben nicht mehr.

Andererseits sind Büros derzeit für Projektentwickler in Berlin ökonomisch keine Alternative. Obwohl die Berliner Wirtschaft anders als im Bund positive Wachstumsraten aufweist (laut Wirtschaftssenatorin Giffey sind in Berlin insbesondere Fintech, Green Tech, Health Tech und Games Wachstumsbranchen), kommen derzeit weitaus mehr Büroflächen auf den Markt, als nachgefragt werden. Die Überkapazitäten dürften noch auf Jahre hinaus bestehen – und die Banken entsprechend kritisch bei der Finanzierung von Bürohäusern sein. Stattdessen boomen derzeit an Stellen, die sich nicht für Wohnungsbau eignen, "Serviced-Apartments". Planungsrechtlich gelten die als Hotels und nicht als Wohnraum. Auf dem Dach des Gesundbrunnencenters zum Beispiel sollen jetzt 162 solcher vermutlich teuren Kurzzeit-Kleinstwohnungen in Holzbauweise entstehen. Auch beim Umbau des Schillerpark-Centers sind Hotelapartments geplant.

Informationsveranstaltung zum geplanten Blockkonzept für den Bereich um den S-Bahnhof Wedding:
Mittwoch, 12. März, 18 Uhr, Vor-Ort-Büro des Lebendigen Zentrums Müllerstraße, Müllerstr. 12. Einlass ab 17:30 Uhr. Der Eingang erfolgt durch das Tor rechts neben Edeka oder barrierefrei links von Rossmann.

Die Altbauten rund um den östlichen Ausgang des S-Bahnhofs Wedding sind mit dem Aufstellungsbeschluss für den B-Plan 1-120 jetzt planungsrechtlich gesichert. Sie können jetzt zwar noch aufgestockt und modernisiert, aber nicht mehr zugunsten von Gewerbebauten abgerissen werden.

Text: Christof Schaffelder

Der Beitrag ist zuerst erschienen in der Sanierungszeitschrift Ecke Müllerstraße, Ausgabe März 2025

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5 Comments Leave a Reply

  1. Gott, kann man nicht mal das Planungsrecht ändern, das mit dem Lärm ist ja nicht auszuhalten. Im Projekt Urbane Mitte werden jetzt auch massenhaft Büros hingeklatscht, weil man angeblich am Gleisdreieck keine Wohnungen bauen kann. Das ist doch nicht mehr zeitgemäß! Lärmschutzfenster, fertig.

  2. Sehr schön und dringend notwendig, dass dieser unwirtliche Bereich ins Auge gefasst wird.
    Aber zum Thema Wohnungsbau an Bahngleisen. Wie konnte denn dann eigentlich das imposante Holzhaus in der Lynarstraße, direkt an der Ringbahn, entstehen? Das ragt ja nun weit über die Gleise empor. Mit schönen Balkonen direkt zur Ringbahn hin.

  3. Verstehe ich das richtig: Auch das Bayer-Parkhaus steht zum Abriss, wenn ein neuer Investor im Neubau eine Kita und Parkplätze bereit stellt?

  4. In der Umgebung wohnen weiterhin viele Menschen, die sich Edeka nicht leisten können. Anders als der Artikel darstellt, hat der netto seine Berechtigung. Noch einen weiteren Einkaufstempel ("Edeka 2") braucht niemand.

    Dürfen wir - nachdem die Zone am nördlichen Rand der S-Bahn sehr traurig zugunsten der Hostels gentrifiziert wurde und immer noch wird - , darauf hoffen, dass wieder etwas geschieht, das eine Verbesserung für die Anwohner darstellt?

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