Unser Leser Leon hat alles ausprobiert: Wohnungsgesuche in Online-Foren, Zettel in Cafés auslegen und an Laternenpfählen aufhängen und dergleichen mehr. Im Kiez Leute kennenlernen und sie ansprechen? Noch eine Anzeige schalten? Was könnte er noch tun? Lest selbst:
Die Wohnungssuche in Berlin ist hoffnungslos. Man steht vor der unheimlichen Aufgabe, in dieser Stadt auffallen zu müssen. Bei Vermietern ist es das Gegenteil. Sie kriegen 1.000 Nachrichten in einer Stunde und suchen nach Wegen, um nicht aufzufallen. Ein Spiel, das ich gehörig satt habe. Und trotzdem stehe ich wieder vor diesem Spielbrett. Manch einer muss einen monatlichen Einsatz von 20 Euro hinblättern, um auf Immoscout24 im Posteingang weiter oben aufzutauchen, andere belasten jeden Menschen, den sie kennen, mit der Mitsuche (wahrscheinlich die erfolgreichste Variante). Was ist aber, wenn man Leute nicht gerne nervt und trotzdem eine Wohnung sucht? Vielleicht hat man ja Glück bei einer Anzeige und schreibt als erste Person, besichtigt mit 100 anderen die Wohnung und fällt durch Ruhe und Zuverlässigkeit auf. Unwahrscheinlich, im wahrsten Sinne des Wortes. Oder, ja, oder man schreibt einen kleinen Artikel in einem Lokalblog, ja, mehr als ein paar Sätze und regt sich über die Wohnungssuche auf, während man gleichzeitig über die Schönheit des Viertels schwärmt. Es wirkt vielleicht ein bisschen verlogen, aber was ist, wenn man das Viertel wirklich lieben gelernt hat?
Reden wir also über den Wedding. Die Panke hat schöne Windungen und der Nettelbeckplatz klebrige Sitzbänke unter Baumkronen. Bei Dar4 gibt es leckeren Falafel und bei Oeuf gibt es teuren Cafe. Mieten schwanken zwischen 6 und 17 Euro pro Quadratmeter. Spontanvegetation wächst zwischen alten Betonplatten hervor. Hinterhöfe zeigen einem eine Vergangenheit, die manch eine Fassade schon vergessen hat. Der Schillerpark lädt zum Freilauf und Spielen ein, während die Baumkronen den Verkehrslärm abfangen. Sie sehen, ich bin ein Besucher Ihres Stadtteils. Oftmals sitze ich in einem Café in der Hochstraße, kenne inzwischen die Stammkunden und Angestellten und stelle mir vor, selbst hier ein Nachbar zu sein. Je öfter ich wiederkomme, desto konkreter wird der Wunsch, selbst ein Teil dieser Nachbarschaft zu werden.
Falls es bis hierhin unklar war: Ich suche eine Wohnung, denn meine israelische Freundin zieht im Herbst nach Berlin. Wir suchen zusammen was Gemütliches in Wedding. Es ist schwer, wählerisch zu sein als Suchender, doch wie sie sehen, hat dieser Stadtteil eine Anziehungskraft, der ich schwer widerstehen kann. Falls sie das Lesen dieses Artikels erfreut hat und sie nebenbei noch eine Wohnung haben, die zum Herbst frei wird, melden sie sich doch gerne in der Redaktion.
Autor: Leon Hidalgo