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Erstaunliche künstlerische Vielfalt:
Skulpturen im Wedding

2. April 2024
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Ob den Weddingern bewusst ist, wie viele Kunstwerke sich auf ihren Straßen, Plätzen und in den Parks befinden? Nicht nur gibt es bei uns einmalige bildhauerische Werke zu bestaunen, sondern auch einige bemerkenswerte Nachbildungen.

Schillerdenkmal Foto: Tilman Vogler
An der Schinkelkirche am Leo: Adorant, verschneit
Foto Renate Straetling

Im Wedding befinden sich interessante Kopien. Ganz unscheinbar am Rand des Leopoldplatzes steht seit 1963 ein Nachguss des „Betenden Knaben“, der um das Jahr 300 v.Chr. in Rhodos von einem unbekannten Künstler hergestellt wurde. Die Originalskulptur gelangte 1747 zum preußischen Königshaus, nach dem Krieg in die Sowjetunion und kehrte 1958 nach Berlin ins Alte Museum zurück. Dieser Nachguss entstand 1914 für das Grabmal Köttgen auf dem Urnenfriedhof am Krematorium Wedding. Als die Grabstelle 1963 auslief, schenkten die Erben die Skulptur dem Bezirk. Nach mehrfachen Umgestaltungen des Leopoldplatzes steht der Betende Knabe seit etwa 1985 am heutigen Standort nahe der Schulstraße.

Um 1743 herum in das Gebäude der Akademie der Künste und der Wissenschaften Unter den Linden eingebaute Skulptur der Muse Polyhymnia – die Muse der Hymnendichtung und des (feierlichen) Gesangs. Polyhymnia sitzt auf einem irregular geformten Felsblock, welcher auf der Rückseite flach und kaum behauen ist. Die Muse trägt einen langen Umhang und ist sonst ohne weitere Attribute dargestellt. Ihre Arme fehlen zum größten Teil. Die Figur ruht auf einem quaderförmigen Sockel. Sie wurde etwa um 1910 am Nordwestrand des Schillerparks (Dubliner Ecke Edinburger Str.) aufgestellt.

Schillerdenkmal im Schillerpark

Das 1941 aufgestellte Schillerdenkmal ist eine Kopie des 1869 geschaffenen Schillerdenkmals von Reinhold Begas. Das Original stand bis 1935 am Gendarmenmarkt. Die Nationalsozialisten nutzten Schiller für ihre Propaganda. Die Aufstellung des Denkmals sollte auch im widerständigen Arbeiterbezirk ein Zeichen setzen und zudem die im Schillerpark turnenden Schüler mit deutscher Geistesgeschichte beeindrucken. Für die Errichtung des Denkmals wurde die Terrassenanlage des Schillerparks umgebaut. So wurde eine Brunnennische geschlossen, Die Plastik Ringer von Wilhelm Haverkamp wurde von seiner zentralen Stelle im Schillerpark entfernt und an in den Volkspark Rehberge versetzt. Gleichzeitig schmolz man das unerwünscht gewordene Rathenau-Denkmal, um aus dessen Material das Material für das Schillerdenkmal zu gewinnen.

Im Oktober 1930 wurde am Ende der großen Sicheldüne im Volkspark Rehberge der Rathenau-Brunnen aufgestellt. Die Formen waren abgestimmt auf die einzigartige Lage am Ende eines lang gezogenen Höhenrückens.

Acht Grantistufen führen hinauf; am Aufgang befinden sich auch Bronzetafeln mit den Bildnissen von Emil und Walther Rathenau. Der Rathenau-Brunnen wurde im Volksmund auch die Steuerschraube genannt. Er stand nur vier Jahre: 1934 wurde die Bronze-Spirale entfernt, da die Nazis keine jüdischen Menschen mit einem Denkmal würdigen wollten. 1941 schmolz man es ein und verwendete die Bronze zum Nachguss des beschädigten Schillerdenkmals von Reinhold Begas - heute steht der Nachguss im Schillerpark.

Die Treppenanlage mit den seitlichen Granitpfeilern und die große Granitunterlage des Brunnens blieb erhalten. Erst 1987 wurden der Brunnen und die Porträtreliefs von einem Bildhauer rekonstruiert. Der Brunnen ist leider aus Sparzwängen seit vielen Jahren nicht mehr in Betrieb.

Das Ringerdenkmal eine Bronzeplastik zweier Ringer, wurde 1906 von Wilhelm Haverkamp geschaffen. Ursprünglich befand sie sich seit 1920 an zentraler Stelle im Schillerpark, musste dort aber 1941 dem neu errichteten Schillerdenkmal weichen. Die auf einem Sockel aus Muschelkalk stehende Skulptur zeigt überlebensgroß den Kampf zweier nackter Ringer. Sie zeigt die Anspannung der Athleten und ist eine Reminiszenz an das Herkuläus-Antäus-Motiv. Die Freifläche hinter dem Denkmal trägt im Volksmund den Namen "Catcherwiese".

Er war ein Kind des Wedding, vielleicht der bekannteste Weddinger überhaupt: Harald Juhnke. Im Kiez, in dem der Entertainer und Schauspieler aufgewachsen ist, wurde kurz nach seinem Tod 2005 auf dem Fordoner Platz ein Denkmal errichtet. Die erste Version sorgte für Irritationen, doch die überarbeitete Fassung ist eine geeignete Würdigung für diesen “Weddinger Jung”. Aus dem Plan, eine richtige Skulptur für Harald Juhnke aufzustellen, ist bislang nichts geworden.

Denkmal vor der Kaserne

Das Denkmal "Berlin dankt Frankreich" von Max Bill am Kurt-Schumacher-Damm an der Zufahrt zur Julius-Leber-Kaserne wurde 1994 nach dem Abzug der französischen alliierten Soldaten errichtet. Die Kaserne war unter dem Namen "Quartier Napoléon" Hauptquartier der französischen Armee in Berlin.

Am 20. Mai 2021 wurde die Organspende-Skulptur als ein Ort des Dankes das neue DANK-Mal auf dem Gelände des Campus Virchow-Klinikum enthüllt. Mit der Skulptur soll Organspender:innen, aber auch denjenigen, die durch ihre Profession und Engagement die Organtransplantation möglich machen, gedankt werden. Das DANK-Mal symbolisiert den Flügelschlag eines Schmetterlings, bei dem sich die Flügel nur kurz berühren. So kurz berühren sich auch die Lebensspiralen von Spendenden und Empfangenden, greifen für einen kurzen Moment ineinander, um danach wieder in verschiedene Richtungen zu gehen und so Leben zu verändern.

Foto: Renate Straetling

"Den Verfolgten 1933-1945" gewidmet ist die obige Skulptur, die auch am Mittelweg des Campus Virchow-Klinikum platziert ist. Gertrud Bergmann (1910-1985, geb. in Schwerin) war Bildhauerin, Medailleurin und Dozentin. Sie schuf diese Statue 1964. Von ihr stammt auch die Skulptur des Spreekieker, eine Erinnerung an den Rundfunksprecher Alfred Braun, die 1982 an der Spree in Charlottenburg aufgestellt wurde.

Die zwölf Meter hohe Trümmersäule von Gerhard Schultze-Seehof steht auf dem Max-Josef-Metzger-Platz. Mit 40.000 Mosaiksteinen aus Trümmerschutt die damalige Vorstellung sind auf jeder Seite die Themen Sklaverei, Zerstörung, Aufbau bzw. Wiederaufbau Berlins und Demokratie symbolisiert. Die Stele entstand aus abgeklopften Ziegelsteinen der kriegszerstörten Weddinger Häuser Eingeeiht wurde sie am 20. Juni 1954, also nur ein Jahr nach dem Volksaufstand in der DDR, als Arbeiter aus Hennigsdorf durch die Müllerstraße gezogen waren.

Höher geht's im Wedding nicht. Das Wiedervereinigungsdenkmal auf der Aussichtsplattform der Humboldthöhe über dem Bunker stammt von Arnold Schatz aus Senne bei Bielefeld. Auf einem ummauerten Betonsockel wurde 1967 eine 11 m hohe Aluminiumskulptur aufgestellt: Zwei stelenartige Metallteile verbreitern sich in der Mitte und laufen an den Enden spitz zu; sie werden von einem Ring umfaßt und zusammengehalten Das Ensemble symbolisiert die einstige Teilung des Landes. Auf einer Tafel steht: „Mahnmal der Einheit Deutschlands“.

Die Skulptur aus Muschelkalkstein von Hildegard Leest wurde 1962, kurz nach dem Mauerbau, im Schatten der Mauer an der Liesenstraße/Ecke Chausseestraße als Wiedervereinigungsdenkmal aufgestellt. Es steht am Ende des Südpankeparks, unter dem der Altarm der Panke in einem Rohr hindurchfließt.

Zum zentralen Ort des Gedenkens an die Opfer des Aufstands wurde der Städtische Urnenfriedhof an der Seestraße. Dort wurden am 23. Juni 1953 acht Opfer des Aufstandes, die in West-Berliner Krankenhäusern gestorben waren, beigesetzt. Stellvertretend für alle Opfer wurde hier am 17. Juni 1955 ein Mahnmal von Karl Wenke eingeweiht, an dem bis heute alljährlich die offiziellen Gedenkfeiern und Kranzniederlegungen der Bundesregierung und des Berliner Senats stattfinden.

Eine besondere Skulptur ist das Brunnenkunstwerk „Tanz auf dem Vulkan“, das 1988 von der tschechisch-deutschen Künstlerin Ludmila Seefried-Matejková auf dem damals verkehrsberuhigten Nettelbeckplatz errichtet wurde. Aus dem Becken ragt ein zwei Meter hoher Vulkan empor, auf dem Krater stehen fünf Bronzefiguren. Am Fuß des Vulkans ist ein Klavier aus schwarzem Vulkangestein mit bronzener Klaviatur in den Granit eingelassen, davor sitzt ein Pianist.

Noch mehr Skulpturen entstehen in der Bildhauerwerkstatt an der Panke. Hier erfahrt ihr mehr über diese Institution.

weddingweiserredaktion

Die ehrenamtliche Redaktion besteht aus mehreren Mitgliedern. Wir als Weddingerinnen oder Weddinger schreiben für unseren Kiez.

6 Comments Leave a Reply

  1. Hinweis: auf der Osloer Straße stehen noch Skulpturen, die dort von der Bildhauerwerkstatt im Einvernehmen mit dem Bezirksamt Wedding aufgestellt wurden. sie sind im Rahmen der 750-Jahr-Feier entstanden. Die Arbeit „Wir nennen es Fortschritt“ von Rolf Scholz steht auf der Osloer Straße. Es ist ein Findling auf unbeweglichen Rädern, ein ironisches Mahnmal für den „ruhenden Verkehr“. In der Travemünder Straße steht eine Doppelskulptur von Ralph Hauswirth und Hermann Hugo: Zwei Granitblöcke werden von einem kreisförmigen Eisen zusammengehalten.

  2. Es gibt noch weitere Skulpturen! Manche stehen prominent mitten im Kiez, jedoch hinter Hecken versteckt sind (z.B. Großer Berliner Torso von Karl Bobek (1925 bis 1992). Ein weiterer Artikel zu Skulpturen lohnt sich. - Lieber Rolf, der Beitrag war nicht komplett von mir, es war unter Joachim´s Ägide ein Sammel-Beitrag des Redaktionsteams. Renate

  3. Liebe Renate, gerne habe ich deinen umfassenden Artikel gelesen. Verrätst du uns noch, wer das Rathenau-Denkmal geschaffen hat?

    • Ich antworte mal (als Hauptautor des Artikels). Das Original wurde von Georg Kolbe geschaffen, die Nachbildung 1987 von Harald Haake.

  4. Vielen Dank für den lehrreichen Artikel. Ich werde künftig mit wacheren Augen durch unseren Lieblingsbezirk gehen.
    Simone

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