Kooperation und Konflikt und der Rolle von Werten beim Engagement
Für zwei Seminare zur Beteiligung von Ehrenamtlichen und Flüchtlingen an der Berliner Flüchtlingspolitik, die von Wedding.hilft und dem Soldiner Kiez e.V angeboten werden, sind noch Plätze frei. Bei den beiden Seminaren stehen weniger die politischen Strukturen im Vordergrund, sondern die Vergewisserung der eigenen Möglichkeiten und Grenzen, wie sie sich aus den eigenen Ressourcen und Werten ergeben.
Zwar richten sich die Seminare zunächst an Mitglieder von Willkommensinitiativen und andere Akteure der Flüchtlingshilfe, aber es können auch andere Personen profitieren, die ein Interesse an Prozessen der Zivilgesellschaft und der Motivation für altruistisches Engagement haben. Das Seminar teamen die Kulturwissenschaftlerin Maggie Hofmaier und der Soziologe Thomas Kilian. Es wird von der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit in Berlin maßgeblich bezuschusst.
Die Teilnahme ist unabhängig vom jeweils anderen Seminar möglich. Bei beiden Seminaren sind ein warmes Mittagessen und freie Getränke vorgesehen. Deshalb wird eine kleine Selbstbeteiligung von jeweils 10,– Euro erhoben. Der Ort wird nach der Anmeldung mitgeteilt.
Samstag, den 27.2., von 10–18 Uhr im östlichen Wedding:
Seminar 1: Zivilgesellschaftliche Macht, Verhandlungsführung und Konfliktdrehbücher
Ansätze streitbarer Interessenvertretung in der Flüchtlingsarbeit
Eine sinnvolle Idee von Zivilgesellschaft bricht mit der Vorstellung der Politik als Machtzentrum der Gesellschaft. Vielmehr werden die vermeintlichen Machthaber von allen Seiten der Gesellschaft befeuert: Von der Wirtschaft, von Parteien und Wählern, von Bürgerinitiativen und Vetogruppen, sowie von religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften. Der Einfluss ruht dabei durchaus nicht immer auf dem Prinzip: One man, one vote. Im Seminar versichern wir uns der zivilgesellschaftlichen Machtgrundlage von Willkommensinitiativen und anderen Bürgerinitiativen und diskutieren über die daraus folgende unterschiedliche Ausgestaltbarkeit von solchen Initiativen. Die Notwendigkeit zur selbstbewussten Verhandlungsführung mit Wirtschaft, Verwaltung und Politik oder auch nur den Heimleitungen kann man durch solche Vorentscheidung bestenfalls verringern, aber nicht vermeiden. Wenn es zu einer Eskalation kommen sollte, empfiehlt sich die grobe Einhaltung von Konfliktdrehbüchern, die durchaus widersprüchliche Anforderungen stellen. Der Spannung zwischen den Bedürfnissen der eigenen Gruppendynamik, dem Wunsch zur Deeskalation, den Geboten der Fairness und den Anforderungen der eventuell involvierten Öffentlichkeit spüren wir nach. Zur Verhandlungsführung ist ein umfangreiches Planspiel vorgesehen. Dazu reisen wir zurück in den peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta und ihren Verbündeten (431 v. Chr. – 404 v. Chr.), als die überlegenen Athener dem kleinen Volk der Meleter Verhandlungen anbot: Sich angesichts der überlegenen Macht zu behaupten, fordert die Mobilisierung aller nichtmilitärischen Stärke, geschickte Verhandlungsführung und eine raffinierte Regie…
Samstag, den 9. April von 10–18 Uhr im östlichen Wedding:
Seminar 2: Geflohene zur Partizipation ermutigen
Möglichkeiten und Grenzen in der Begegnung mit belasteten Menschen
Es gibt zwei Gründe, sich zu engagieren: Entweder mal will etwas für sich erreichen oder man folgt seinen Idealen und befördert eine bessere Welt. Im ersten Fall verfolgt man seine Interessen, im zweiten Fall folgt man seinen Werten. Personen, die sich in unserer Gesellschaft dauerhaft zivilgesellschaftlich engagieren, tun dies in der Regel auch aus ideelen Gründen. Wer andere zum Engagement ermutigen will, muss – direkt oder indirekt – mit ihnen über ihre Werte sprechen. Werte sind jedoch eine Herzenssache, die jeder gut verschlossen bei sich trägt. Sie zeigen sich zwar im täglichen Leben, sind aber schwer zu beeinflussen. Nur wenn man sich füreinander öffnet, kann man sich auf die Werte des jeweils anderen einlassen. Das fällt von Krieg, Flucht und Trennung belasteten Menschen jedoch gegenüber weniger vertrauten Personen und Botschaften oft noch schwerer als anderen. Mit der ausführlichen Behandlung des Wesens von Werten wird verdeutlicht, dass man sie nicht verordnen kann. Vielmehr kann man den anderen für Werte nur gewinnen. In einem Interviewspiel wird die Reflexion der eigenen Werte und Interessen angeregt. Anschließend geht es um die angemessene Situation für den moralischen Diskurs und die Möglichkeiten, moralisches Lernen zu befördern – vielleicht nicht nur beim Anderen.
Wer sich für die Teilnahme interessiert, kann sich schriftlich per Brief oder Mail an folgende Adresse bewerben:
Soldiner Kiez e.V.
c/o Thomas Kilian
Biesentaler Str. 14
13359 Berlin
[email protected]