Dort, wo der Wedding wie eine gesichtslose und ein wenig spießige Vorstadt wirkt, wo man nicht genau weiß, wo Berlin-Mitte aufhört und Reinickendorf beginnt, ist wenige Jahre nach den Kriegszerstörungen ein damals beispielgebendes Siedlungsprojekt realisiert worden. Das waren noch Zeiten, als der Berliner Senat eine aktivere Wohnungsbaupolitik betrieben hat. Nach damals modernsten Grundsätzen entstand so ab dem Jahr 1955 die Siedlung Schillerhöhe im Wedding…
Fahrstuhl und Müllschlucker
Um die Versorgung aller Einkommensschichten mit Wohnungen sicherzustellen, stand insbesondere der soziale Wohnungsbau im Vordergrund. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden aufgrund der großen Wohnungsnot nicht nur zerstörte Wohnhäuser ersetzt, sondern auch anderweitig genutzte Freiflächen bebaut. Dafür mussten erst einmal Laubenpieper weichen – damit auf städtischem Grund und Boden 2.200 Wohnungen zwischen der Seestraße, dem Schillerpark, der Holländerstraße und der Markstraße gebaut werden konnten. An der Aroser Allee befand sich außer den Kleingärten lediglich die 1925–27 errichtete und vor kurzem frisch sanierte Anlage “Schillerhof”.
Die Architekten Gerhard Krebs, Alfred Rahn, Hans Schoszberger und Kurt Dübbers realisierten die Neubauten nach dem städtebaulichen Entwurf von Klaus Müller-Rehm für die städtische Gesellschaft DEGEWO. Die Berliner Morgenpost schrieb über das Projekt am 29. April 1953 begeistert: “Ein mustergültiger, moderner Stadtteil in einer in den Schillerpark übergehenden Grünfläche, der auch im Ausland etwas Neues darstellen dürfte. Vier…Hochhäuser mit Ein-Zimmer-Wohnungen, Zentralheizung, Fahrstuhl und Müllschluckeranlage werden das Wahrzeichen der Siedlung bilden. Die anderen Häuserzeilen, mit zum größten Teil Zwei-Zimmer-Wohnungen, sollen vier und fünf Etagen haben, alle Wohnungen erhalten einen Balkon, die im Erdgeschoss einen Garten von etwa 300 Quadratmetern mit direktem Zugang.” Die 1955 bis 1961 errichteten Gebäude gruppieren sich in Nord-Süd-Richtung in viergeschossige Zeilenbauten, drei achtgeschossige Zeilen und eine achtgeschossige Hochhausscheibe. Auch an die Infrastruktur wurde mit einer Schule, einem Jugendheim, einer Sportanlage, einem Altenheim und einem Kirchenneubau gedacht. Später wurde die 1949 gegründete DEGEWO-Tochtergesellschaft GESOBAU Eigentümer der Schillerhöhe. Die vor dem Krieg begonnene Systematik der nach Schweizer Orten benannten Straßen wurde in der Siedlung weitergeführt, so entstanden die Schwyzer Straße und der Frauenfelder Weg. Eigentlich müsste die Siedlung also eher Schweizer Viertel heißen.
Architektur, die insgesamt anspricht
Sehenswert ist insbesondere die St. Alyosiuskirche, ein für die Fünfzigerjahre typischer Kirchenbau mit angeschlossenem Gemeindezentrum, entworfen von Architekt Felix Hinssen. Mitten in der Siedlung Schillerhöhe steht das Gemeindezentrum Schillerhöhe der Evangelischen Kapernaumgemeinde, ein wenig ansprechender Betonklotz der Siebzigerjahre. Auch das Oberstufenzentrum Gesundheit, ein monströser Schulneubau, steht für das Architekturverständnis dieser Zeit. Doch die den Geist der Nachkriegszeit atmende Schillerhöhe wirkt insgesamt, vor allem durch die energetisch sanierten und farblich ansprechend gestalteten Zeilenhäuser, freundlich und ziemlich vorstädtisch.
In den 1970er Jahren kam noch das Kombibad Seestraße hinzu, das den größten Teil der Siedlung von der verkehrsreichen Seestraße abschirmt. Trotz oder gerade wegen der ruhigen Lage: im Bewusstsein der Berliner ist dieses kleine, in sich geschlossene Wohngebiet kaum bekannt – schließlich passt eine Siedlung im Grünen kaum in das das Klischee vom “Arbeiterbezirk Wedding”. Dabei ist immerhin die gesamte nördliche Hälfte des Ortsteils Wedding voll von Parks und Gärten. Und die benachbarte grüne Siedlung Schillerpark aus den 1920er Jahren hat es – auch wegen ihres Reformwohnungsbaus – zum Weltkulturerbe gebracht. Die weitgehend unbekannte Siedlung Schillerhöhe hat eine ebenso lebenswerte Wohnlage im Übergangsbereich von Wedding nach Reinickendorf – die Mini-Trabantenstadt am Rand des dichtbebauten Wedding ist einen zweiten Blick wert.
Man sollte erwähnen, dass die im Artikel zitierte Gesamtplanung so nicht, bzw nur z.T. erst sehr viel später realisiert wurde.
Es entstanden anfänglich neben den dreistöckigen Blocks und 2 Ladenzeilen nur drei achtstöckige Hochhäuser in denen es Wohnungen von 1, 2, oder 3 Zimmern gab.
Aber was für ein Komfort für Sozialbauten 1956!
Balkon (jede Wohnung), Zentralheizung, Fahrstuhl, Müllschlucker, im Souterrain große Waschküche mit einer Heißmangel und angestelltem Personal, Fahrradkeller.
Damals gehörten wir zu den ersten Mietern, im nördlichsten „Hochhaus“ (Nr 16), 6. Stock, praktisch mitten im Park mit herrlichem Ausblick nach Westen über die (Rodelbahn) ‚Bratpfanne‘ hinüber bis zur Bastion & nach Norden die Arosa Allee hinauf.
Ein Paradies für Kinder wie mich, der als Fünfjähriger dort einzog und direkt am Haus ein ‚Buddelplatz‘ hatte, dahinter die Wiesen mit dichten Gebüsch-Inseln zum Verstecken, auch vor dem radelnden Parkwächter.
Sowohl zwischen der Armenischen Str 16 und dem Sportplatz an der Ungarnstraße (wo jetzt die Schule steht), als auch zwischen der ‚Bratpfannne‘ und der Kirche standen noch viele ganzjährig bewohnte ‚Lauben‘ mit nur sehr wenig Garten dran,
wohl ursprünglich von im Krieg Ausgebombten errichtet (?).
Auch ich habe dort in der Schwyzerstrasse 17b von 1975–2003 gewohnt,es war eine schöne Zeit.
Was für eine schöne Seite!!
1970 zogen meine Eltern mit mir (2 Jahre) in die Schwyzer Straße 22. Dort wohnte ich bis 1989 und zog dann bis 1996 in den Frauenfelder Weg. Meine gesamte Kindheit lebt also in dieser Gegend. Ich konnte gefahrlos über die Wiese zur Gottfried-Röhl-Grundschule laufen. Vorher noch Sammelbilder oder Knallpatronen im kleinen Laden in der Ungarnstraße (beim dicken Thomas) kaufen. Die Schule mit ihren Pavillons war sehr modern.Im Winter ging es zum Rodeln auf die Bratpfanne oder über die Barfusstraße auf die Engelsbahn oder die Todesbahn. Im “Einkauszentrum” Schwyzer Straße ist heute noch mein Allgemeinarzt. Ich kannte Mutter und Vater, beide Söhne und nun die Tochter der dritten Generation. Nebenan war ein sehr guter Jugoslawe mit einer lebensgroßen Trachtenpuppe im Fenster. Dann kam der Bäcker. Ein sehr großer Raum. Links gab es den Kuchen, im Bogenknick lagen die Schrippen und geradezu Brote und oben auf dem Tresen Gummitiere, Gummischlangen etc. Dann Drogerie Heimchen. Als ich den Namen vorhin gelesen habe bekam ich fast feuchte Augen. Danach wurde die Drogerie etliche Jahre von Familie Radzko betrieben. Die Tochter heiratete und für kurze Zeit führten sie den bereits erwähnten Bäcker. Nicht zu vergessen Butter Hoffman und später COOP. Man kannte sich und die besonders nette Kassiererin Frau König sprach mich immer mit Namen an. Auch in der Siedlung rund um die Schwyzer Straße kannten sich viele mit Namen und oft wurde auf der Straße ein Schwätzchen gehalten. Der Name Hausgemeinschaft hatte seinen Namen zu recht!! Sogar heute habe ich noch lockeren Kontakt.
Als die Lauben an der Schwyzer Straße für den Schulneubau weichen mussten war das für uns Kinder DER Abenteuerspielplatz. Verlassene Lauben in denen noch die Tapete hing, der muffige Geruch von feuchten Möbeln etc. Ich hatte mich mit einem Bein in einem umgestürzten Baum verheddert und der Bagger kam auf mich zu. Der Fahrer sah mich und machte sich einen Spaß daraus langsam auf mich zuzufahren. PANIK!!! Auch Fahrradfahren lernte ich in der Schwyzer Straße. Meine Mutter hielt mich am Sattel fest in Höhe der letzten Zeile vor der neuen Schule und plötzlich war ich an der Kirche und Mutter winkte von hinten. Da kam ich auch an der Pumpe vorbei. Samstag traf man dort immer die motorisierten Nachbarn bei der Autowäsche.
Es wäre schön, wenn sich noch mehrere hier auf dieser Seite an die schöne Zeit erinnern würden.
[…] sind Schmuckgiebel mit Reliefs angebracht. Direkt an den beschaulichen Schillerhof schließt die Siedlung Schillerhöhe aus den 1950er Jahren […]
Ja, in der Schillerhöhe bin ich aufgewachsen, von 1957 bis 1970, in einer großen 3‑Zimmer-Wohnung. Als Heizung war eine Koksheizung eingebaut und im Bad ein selbst zu beheizender Wasserkessel für die Badewanne. Wir Kinder haben uns immer gestritten, wer den Kessel heizen durfte, wenn Baden angesagt war. Durchzogen wird die Schillerhöhe von der Ungarnstr. auf der wir auch unsere Wohnung hatten, Nr. 85b, mit einem kleinen Garten vor dem Balkon, direkt oben am Park. Mein Vater hatte den Notdienst für die Fahrstühle der Hochhäuser, und immer wenn einer steckenblieb schellte bei uns eine Klingel und eine Nummer zeigte an, in welchem Hochhaus der Fahrstuhl steckte. War für uns Kinder ganz schön aufregend.
Die Ungarnstr. geht von der Müllerstr, fast parallel zur Seestr., überquert die Reinikendorfer Str. und hat dann den Namen Reginhardstr. Die Ungarnstr. war auch für mich und viele Kinder der tägliche Weg zur Schule, denn die war noch nicht auf der Schillerhöhe, sondern auf der Müllerstr.
Auf der Umgarnstr. war auch ein kleines “Einkaufscenter” mit einem Lebensmittelladen (Erst Eigentümer Laube, dann Butter Beck) ein Kiosk mit Spielzeug (damals ganz wichtig) und ein Lokal. Aber zum richtigen Einkaufen ging es quer durch den Schillerpark, dann die Türkenstr. runter bis zur Müllerhalle.
Ich erinnere mich gern daran.
Auch ich wuchs in den 60er Jahren in der Schillerhöhe auf. Meine Eltern bekamen
damals in der Schwyzer Str.18 d eine 4 Zimmerwohnung mit Garten, da wir eine
große, kinderreiche Familie waren. Die Schwyzer Str. war damals eine noch sehr
junge Straße und es gab viele unbebaute Flächen und Laubengebiete.
Für uns Kinder eine Abenteuerlandschaft rund um die St Aloysiuskirche, wo es
Sandberge gab und zum Park hin, unsere geliebten Kletterbäume. Laubes kleiner
Milchladen, später der Supermarkt, sowie das Lokal „LAUBES GUTE STUBE“
in der Ungarn Str. waren genauso bekannt und beliebt wie „Butter Hoffmann“, die Kneipe, von Bodo, der kleine Bäcker und die Drogerie „Heimchen“ in der Schwyzer Str.
Als ich erwachsen wurde und heiratete, bezog auch ich 1980 in der Ungarn Str. 91a eine 4 Zimmer Wohnung mit Garten. Es war eine wundervolle Zeit. Meine drei Kinder wuchsen
hier auf und besuchten die Gottfried- Röhl- Grundschule, die damals von der Müllerstr.
in die Ungarnstr. zog. In dieser schönen Gegend lebe ich heute gern in den Erinnerungen
wie auch mein Bruder, dessen Kinder, sowie meine Kinder, die in unmittelbarer
Nähe wohnen. Praktisch gleich um die Ecke. Ich liebe meine Schillerhöhe und würde
gerne hier wohnen bleiben. Nur, in zwei Jahren gehe ich in Rente und werde mir diese
Wohnung aufgrund der ständigen Mieterhöhungen wohl nicht mehr leisten können.