Das Rathaus Wedding, ein beeindruckendes Backsteingebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit, wurde zwischen 1928 und 1930 nach Plänen des Architekten Friedrich Hellwig errichtet. Seine schlichte, funktionale Architektur reflektiert den Zeitgeist der Weimarer Republik.
Die Notwendigkeit eines zentralen Rathauses
Seit der Bildung des Bezirks Wedding im Jahr 1920 gab es kein zentrales Rathaus, sondern die Verwaltungsbehörden waren auf 25 verschiedene Standorte verteilt. Zuvor hatte Wedding als 1861 nach Berlin eingemeindeter Stadtteil nie die Notwendigkeit gehabt, ein eigenes Rathaus zu errichten. Die größten Verwaltungsstandorte befanden sich im Ledigenheim an der Schönstedtstraße, wo auch die Bezirksverordneten tagten, sowie im Jüdischen Krankenhaus. Ursprünglich war das Grundstück am Courbiereplatz (heute Max-Josef-Metzger-Platz) als Standort vorgesehen, doch letztlich entschied man sich für den Block zwischen Limburger, Genter, Ostender und Müllerstraße.


Ein pragmatischer Bau ohne Turm
Der Bezirksbürgermeister Carl Leid entschied sich bewusst gegen den Bau eines Rathausturms, der bis dahin für solche Bauten charakteristisch war. Durch diese Entscheidung konnte er 200.000 Reichsmark einsparen und für andere Zwecke verwenden. Insgesamt beliefen sich die Baukosten auf lediglich zwei Millionen Reichsmark, was das Rathaus günstiger machte als ursprünglich geplant.
Strenge Sachlichkeit im Äußeren, beeindruckendes Interieur
Mit seinen fünf Stockwerken orientiert sich das Rathaus Wedding an der Höhe der umliegenden Wohnbebauung. Die Fassade wird durch 22 bzw. 19 Fensterachsen gegliedert, die dem Gebäude eine strenge, kubische Form verleihen. Die Schmucklosigkeit der Fassade wird nur durch einen Berliner Bären als Fassadenelement an einer Ecke aufgelockert.


Der Innenraum hingegen beeindruckt durch seine Gestaltung: Ein unscheinbarer Eingang an der Müllerstraße führt in ein Foyer mit grünen und gelben Fliesen sowie einem Bodenmosaik des Berliner Wappens. Die seitlichen Treppenaufgänge sind mit beeindruckenden Kandelabern versehen, die aus gestaffelten Türmen mit aufgesetzten Kugellampen bestehen.


Nutzung des Erdgeschosses
Ursprünglich befand sich im Erdgeschoss des Rathauses eine Filiale der Sparkasse. Seit März 2009 beherbergt dieser Bereich die Galerie Wedding, die sich auf Einzel- und Gruppenausstellungen zum Thema Migration und Fremdheit fokussiert.



Erweiterung mit Hochhaus und Sitzungssaal
In den Jahren 1964 bis 1966 wurde das Rathaus durch ein modernes Hochhaus nach Plänen des Architekten Fritz Bornemann erweitert. Dieses zwölfstöckige Gebäude schuf neuen Raum für die Verwaltung. Besonders bemerkenswert ist der auf drei Seiten verglaste Sitzungssaal der Bezirksverordnetenversammlung, der aufgeständert zwischen Alt- und Neubau angeordnet wurde. Die beiden Bauwerke sind durch eine großzügige Freifläche voneinander getrennt, wobei ein verglaster Gang sie miteinander verbindet.


Der damalige Weddinger Bürgermeister Helmut Mattis stellte bei der Grundsteinlegung für den Rathaus-Neubau im Sommer 1962 – und damit 10 Monate nach dem Bau der Berliner Mauer – noch einen interessanten Zusammenhang her: Er sah in dem Haus ein Symbol für die Freiheit aller Bürger, die bald vom Hochhaus-Turm über das wiedervereinigte Berlin blicken könnten.
Heute wird das Hochhaus vom Jobcenter Berlin Mitte genutzt. Zeitweise beherbergte der Sitzungssaal die Schiller-Bibliothek, die mittlerweile in einen modernen Neubau am Rande des Rathausvorplatzes umgezogen ist.


Das Rathaus Wedding nach der Bezirksreform
Bis zum Mauerfall und darüber hinaus bis zur Bezirksreform 2001 diente das Rathaus Tiergarten nur als Sitz der Verwaltung des Bezirks Tiergarten. Seitdem ist es der offizielle Verwaltungssitz des durch die Fusion der Alt-Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding entstandenen neuen Bezirks Mitte. Dennoch befinden sich weiterhin Teile der Bezirksverwaltung im Rathaus Wedding sowie im Rathaus Mitte, in dem auch die Bezirksverordnetenversammlung tagt.


Das Rathaus Wedding bleibt ein bedeutendes Beispiel für die Architektur der Neuen Sachlichkeit und ein wichtiger Bestandteil der Berliner Stadtgeschichte.
"...was das Rathaus günstiger machte als ursprünglich geplant."
Das waren noch Zeiten....