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Zum Tod der Weddingerin Antje Meier:
Eine letzte Notiz für Princess Eugenie

7. Juni 2023
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Wer auf der Wed­ding­wei­ser Pinn­wand unter­wegs ist, der kennt den Namen ganz bestimmt: Ant­je Mei­er. Mal hat sie in der Face­book-Grup­pe ihre schö­ne Kera­mik ange­bo­ten, mal hat sie gestrit­ten. Wenn der Ton rau­er wur­de, war Ant­je Mei­er sehr oft Teil der Dis­kus­si­on. Sie zeig­te sich als ener­gi­sche, höchst kri­ti­sche und beharr­li­che Per­son. Am 25. Febru­ar ist ihre Stim­me für immer verstummt.

Antje Meier. Foto: georg + georg
Ant­je Mei­er am Markt­stand. Foto: georg + georg

Die Arbeit an die­sem Text beginnt mit einem Anruf vor ein paar Wochen, der die Todes­nach­richt brach­te und die Bit­te, Ant­je Mei­er trotz allem nicht ein­fach so ver­schwin­den zu las­sen. Der Hin­weis kam von Annet­te. Annet­te hat­te in der Ver­gan­gen­heit eini­ge Tas­sen bei Ant­je Mei­er gekauft. Selbst­ge­mach­te Kera­mik, schö­ne Stü­cke. Auch auf man­chen Wed­din­ger Märk­ten hat­te sie ihre Kera­mik in den letz­ten Jah­ren ange­bo­ten. Die bestell­te Tas­se hat Annet­te nicht mehr bekom­men. Das bestell­te Stück ist ver­mut­lich mit dem Nach­lass von Ant­je Mei­er ins Irgend­wo verschwunden.

Annet­te schick­te mich zu Bri­git­te. Bri­git­te kön­ne mir mehr über die Ver­stor­be­ne sagen. „Ich war mit Anje nicht befreun­det, nie­mand muss mir erklä­ren, dass sie schwie­ri­ge Per­sön­lich­keit hat­te“, heißt es in der Ant­wort­mail. Mir wird eine schwie­ri­ge, aber auch sehr enga­gier­te Frau geschildert.

Ihr Umfeld war ihr wich­tig, schreibt mir das Quar­tiers­ma­nage­ment Pank­stra­ße (QM). Bis zum Schluss war Ant­je Mei­er im Quar­tiers­rat aktiv, zwi­schen­zeit­lich war sie sogar Spre­che­rin des Bür­ger­gre­mi­ums. The­men, die ihr seit 2010 sehr wich­tig waren, so schreibt das QM, waren die Wei­ter­ent­wick­lung des Quartiers/Verbesserung der Lebens­si­tua­ti­on, Inklu­si­on, Bil­dung und Erzie­hung sowie die Jugend- und Senio­ren­ar­beit. Sie wünsch­te sich, dass die Nach­barn mehr auf­ein­an­der zuge­hen, mehr Begeg­nungs­räu­me bekom­men. „Sie war lei­den­schaft­lich in Dis­kus­sio­nen, wenn es um sozia­le Benach­tei­li­gung ging“, heißt es in der Mail vom Quar­tiers­ma­nage­ment. Die Bele­bung des Net­tel­beck­plat­zes war ihr ein gro­ßes Anlie­gen, ins­be­son­de­re die Eta­blie­rung eines regel­mä­ßig statt­fin­den­den Floh­mark­tes. Nicht nur beim QM erhob Ant­je Mei­er ihre Stim­me. Auch beim run­den Tisch Leo­pold­platz brach­te sie sich ein.

Beruf­lich, so könn­te man sagen, was Ant­je Mei­er eine Händ­le­rin. In ihrer Woh­nung in der Prinz-Eugen-Stra­ße hat sie zuletzt ihre Kera­mik her­ge­stellt. Wer an dem Haus mit der Num­mer 6 vor­bei­ging, konn­te Tas­sen, Schüs­seln und ande­re schö­ne Din­ge durchs Fens­ter sehen. Auch Mes­ser hat sie für ihr Kun­den geschlif­fen. Frü­her hat Ant­je Mei­er hier Natur­sei­fen her­ge­stellt, die sie unter dem Label „Oli­vi­as Sei­fe“ ver­kauf­te. Bri­git­te schreibt, dass Ant­je Mei­er ein Händ­chen für Kun­den­be­ra­tung hat­te. Doch das mit der Sei­fe lief nicht unpro­ble­ma­tisch. Kun­den beschwer­ten sich über bezahl­te, aber nicht gelie­fer­te Bestel­lun­gen, man kann es heu­te noch im Inter­net nach­le­sen; es soll Anzei­gen gege­ben haben. Am Ende wur­de die Sei­fen­ma­nu­fak­tur der Wed­din­ge­rin zu viel, sie schloss sie. Noch vor den Sei­fen hat Ant­je Mei­er mal selbst­ge­mach­te Hüte ver­kauft. Mit vie­len Din­gen hat sie sich durch­zu­schla­gen versucht.

„Und über­all hat sie sich gestrit­ten. Sie war nicht ein­fach. Ich den­ke sie hat­te auch kein ein­fa­ches Leben“, schreibt mir Bri­git­te. Sie geriet schnell und oft mit den Men­schen anein­an­der, sie eck­te an. „Nicht sel­ten hat sie Recht gehabt (fand ich), aber muss man das allen Leu­ten immer so direkt sagen?“ Auf dem Markt am Leo­pold­platz, wo sie ihre Kera­mik ver­kauft hat­te, hat­te sie dann sogar Platz­ver­bot. Im Paul-Ger­hardt-Stift woll­te man ihr kei­nen Stand geben. Am Ende stritt sie sogar mit den Pfle­gern im Kran­ken­haus und mit den Pfle­gern zu Hau­se. Ihre Krebs­er­kran­kung hat­te sie da schon ins Bett gezwungen.

Als Bri­git­te ein­mal zum Kran­ken­be­such bei Ant­je Mei­er war, hat sie sie gefragt, ob sie trau­rig ist und eine län­ge­re Lebens­er­war­tung geplant hat­te. Sie habe „nein“ gesagt. Sie hat­te in der Jugend Hero­in gefixt, sie hat­te früh­zei­tig Hepa­ti­tis gehabt, damit wird man nicht alt. Ant­je Mei­er wuss­te das, am Ende wur­de sie 62 Jah­re alt.

„Ich fin­de nicht rich­tig, wenn Leu­te ein­fach ver­schwin­den“, schreibt Bri­git­te mit. „Irgend­wo soll­te es eine klei­ne Notiz geben, die man bei Goog­le frü­her oder spä­ter auch fin­den kann. Es braucht kei­nen lan­gen Nachruf.“

Ich selbst kann­te Ant­je Mei­er nur flüch­tig. Ich sah sie auf den Märk­ten, zum Bei­spiel beim Floh­markt an der Pan­ke, ich sah sie auf unse­rer Pinn­wand unter ihrem rich­ti­gen Namen und ihrem Face­book-Namen „Prin­cess Euge­nie“ strei­ten. Auch mit mir hat sie gestrit­ten. Sie fand nicht alles gut, was der Wed­ding­wei­ser geschrie­ben hat. Ich habe sie als ener­gi­sche Stim­me beim Quar­tiers­rat erlebt, bereit für jeden Kampf für das, was sie für rich­tig, gerecht und wich­tig hielt. Ich hat­te immer gedacht, dass ich mir irgend­wann eines ihrer Kera­mik-Stü­cke kau­fe. Doch dann hielt mich ein vor­an­ge­gan­ge­nes Wort­ge­fecht davon ab. Das ist scha­de, aber nicht mehr zu ändern. Bri­git­te schreibt noch, ich kön­ne sagen: „Ant­je Mei­er hat jetzt Frie­den gefun­den“. Das wäre schön.

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  1. Also, ich habe mir bis­her einen Kom­men­tar sehr ver­knif­fen, möch­te jetzt aber doch etwas sagen. Ich kann­te Ant­je per­sön­lich. Unse­re ers­te Begeg­nung war durch­aus posi­tiv und herz­lich, wenn auch ich bereits damals ein Grund­miß­trau­em Ihrer­seits gegen­über Ihrer Umwelt emp­fun­den habe. Ich könn­te mir vor­stel­len dass es auf­grund ihrer Erfah­rung für sie unge­wöhn­lich ist dass jemand nett und freund­lich zu ihr ist. als ich dann ange­fan­gen habe, die Fahr­rad­ser­vice Sta­ti­on Plöt­zen­see auf­zu­bau­en, hat sie ein Feind­bild gegen mich ent­wi­ckelt. War­um wie­so wes­halb weiß ich nicht. Sie hat mich per­ma­nent ange­grif­fen und wenn ich mal etwas auf dem wed­ding­wei­ser gepos­tet hat­te, wuss­te ich ganz genau dass es einen Nega­tiv Kom­men­tar von Ant­je geben wird. Aber sie hat dazu gehört zu unse­rem Wed­ding, wenn auch sehr schwie­rig. Als ich von ihrem Tod gehört habe, habe ich geheult. Ich fin­de den Nach­ruf sehr ange­mes­sen, er spie­gelt die Rea­li­tät, die ihre Mit­men­schen erlebt haben. Mit Nach­tre­ten hat das nichts zu tun. Im Gegen­teil, hier wird ein Mensch mit all sei­nen Facet­ten gewür­digt, die er uns prä­sen­tiert hat. Im guten als auch im Schlech­ten. Allei­ne schon der Umstand, dass sie einen Nach­ruf bekommt, zeigt, was für ein außer­ge­wöhn­li­cher Mensch sie war. Das wird hier gewür­digt, nicht mehr und nicht weni­ger. Sie hat eine Spur im Leben hin­ter­las­sen, das ist mehr als die meis­ten von uns errei­chen wer­den. Ruhe in Frie­den Ant­je Meier

  2. Es scheint mir von Her­zen nicht rich­tig, am Ende mit der “Streit­bar­keit” im Text das eig­ne, letz­te Wort wie aus­zu­for­mu­lie­ren. Was wis­sen wir schon vom and­ren, des­sen Leben, Leid, um zu urtei­len? Nichts. Mir schien sie ein auf­rech­ter Mensch zu sein, viel­leicht unbe­quem, etc. RIP, Ant­je Meier.

    • Es ging hier vor allem dar­um, Ant­je über­haupt zu wür­di­gen. Das war der Wunsch der Men­schen, die an mich her­an­ge­tre­ten sind. Sie alle ein­te auch der Wunsch, dass es ein ehr­li­cher Nach­ruf sein soll, kei­ne Beschö­ni­gung. Ich bin ziem­lich sicher, das hät­te Ant­je auch gar nicht gewollt. Man kann da sicher geteil­ter Mei­nung sein, wie ein Nach­ruf sein soll. Aber die vie­len posi­ti­ven Rück­mel­dun­gen von Per­so­nen, die Ant­je kann­ten, sagen mir: der Text liegt nicht so falsch (für viele).

  3. Wo ist der Arti­kel denn bit­te ein Nach­tre­ten? Sie war mir auch bekannt ( durchs Mes­ser­schlei­fen) und ich fin­de den Nach­ruf einer nicht unkom­pli­zier­ten Per­sön­lich­keit angemessen.

  4. Die­ser Arti­kel über Frau Mei­er ist abso­lut geschmack­los und beschä­mend. Ich habe den Wed­ding­wei­ser abon­niert, weil ich nor­ma­ler­wei­se die kur­zen Bei­trä­ge über den Bezirk schät­ze und inter­es­sant fin­de. Inso­fern bin ich scho­ckiert, dass die Autorin hier ihre jour­na­lis­ti­sche Reich­wei­te und Macht miss­braucht, um einer Ver­stor­be­nen nach­zu­tre­ten und ihr ein kaum ver­hüll­tes “Nega­tiv­denk­mal” zu set­zen, das sich wohl zu gro­ßen Tei­len aus ihren per­sön­li­chen Erfah­run­gen und Dif­fa­mie­run­gen durch eine der Ver­stor­be­nen nicht wohl­ge­son­nen Frau “Bri­git­te” speist.

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