Der Wedding. Endliche Weiten. Dies sind die Abenteuer der Bewohner des Wohnhauses in der Müllerstraße 42, die schon oft zuvor da gewesene Gentrifizierung bekämpfen und dahin gehen, wo schon viele Weddinger zuvor gewesen sind.
Eine Fortsetzungsgeschichte von Ruben Faust und Nethais Sandt. Die zweite Staffel von Ruben Faust.
Staffel 1 ; Staffel 2: Folge 1
Montag
Sein Wecker klingelt und wie ein Roboter schaltet er ihn so schnell wie möglich aus. Liebevoll dreht sich Albert um und schaut, ob seine Ehefrau Elena auch aufgewacht ist. Zum Glück schläft sie noch weiter. Albert steht so leise wie möglich auf und greift sich ein rot-kariertes Hemd und ein Paar Jeans aus dem IKEA-Schrank. Als Albert lautlos aus dem Zimmer geschlichen ist, geht er schon in das benachbarte Zimmer, und sieht da seine kleine Tochter mit ein paar Stiften den Boden bemalen. “Guten Morgen Elisa. Komm, wir machen dich fertig und gehen zur Kita.”, sagt er. Sie schreit ihm freudig entgegen und springt ihm in die Arme. Ein paar Minuten später hat er schon das Frühstück zubereitet und in eine kleine, grüne Papiertüte verpackt. Elisa greift sie und rennt schon zur Tür hinaus, bevor sie sich ihre Schuhe angezogen hat. Albert greift sie noch schnell. Er versucht zu flüstern und zu rufen: “Elisa, komm wieder. Schuhe anziehen!” Doch sie ist schon die halbe Treppe runter. Er atmet einmal tief aus und hechtet seiner Tochter hinterher.
Vor der Haustür wartet sie brav unter dem Plakat, das auffordert, die Atomkraft abzuschaffen und hat sich bereits hingesetzt. Lachend streckt Elisa ihrem Vater ihre Füße entgegen. Als er ihr die Schuhe angezogen hat, nimmt er sie bei der Hand und geht los in Richtung Kita. Dort angekommen springt sie zwischen ihre Freunde und rennt über den Spielplatz hinweg. “Herr Kreuzburg, kann ich kurz mit Ihnen reden?”, fragt ihn eine der Erzieherinnen. Besorgt schaut er zurück und bejaht die Frage. “Ach keine Sorge. Ist nichts Schlimmes. Wir sehen leider immer wieder, dass Eltern große Schwierigkeiten haben mit ihren Kindern. Deswegen wollten wir ein Eltern-helfen-Eltern-Angebot machen. Und wie wir Sie und Ihre Tochter kennen, dachten wir es wäre vielleicht eine gute Idee, wenn Sie und Ihre Frau da auch anwesend sind.” Albert fällt ein Stein vom Herzen. Er sagt, er würde es sich überlegen und mit seiner Frau bereden. Daraufhin verabschiedet er sich freundlich und geht.
Auf den Boden schauend schlendert er die Straße zur Tram entlangt. Er seufzt einmal, und gähnt im gleichen Atemzug. Nach kurzer Wartezeit an der Haltestelle setzt er sich in die Tram und lehnt den Kopf gegen das Fenster. Für einen Moment kann es nicht schaden, nochmals Schlaf nachzuholen.
Dienstag
Sein Wecker klingelt und wie ein Roboter schaltet er diesen so schnell wie möglich aus. Albert schaut, ob seine Elena auch aufgewacht ist. Diese stöhnt einmal und dreht sich von weg. Albert steht leise auf und greift sich ein grünes Shirt mit goldenen Linien und ein Paar Jeans aus dem IKEA-Schrank. Vor dem Spiegel fährt er sich über den kaum merkbaren Stoppelbart. Er atmet einmal tief ein und wieder aus. Plötzlich rennt Elisa an ihm vorbei und schaut ihn fordernd an. Er lächelt sie an und begrüßt sie, indem er sie hochhebt. Gemeinsam putzen sie Zähn,e und machen sich bereit, zur Kita zu gehen. Auf dem Weg dorthin begegnen sie der Mutter von einer von Elisas Freunden. Nach ein paar Minuten schaut er auf die Uhr, tut erschrocken und sagt: “Entschuldigung, ich bin etwas spät dran. Kannst du Elisa die paar Blöcke noch schnell mitnehmen, dann schaffe ich es noch pünktlich zur Arbeit.” “Ja, klar doch. Wir sehen uns dann bestimmt morgen, oder?”, beantwortet sie die Frage.
“Wieso? Was ist denn morgen?”, fragt er. “Na der Elternabend. Ich habe in der Einladungsmail gesehen, dass es auch um ein Eltern-helfen-Eltern-Seminar gehen soll. Da willst du doch bestimmt dabei sein?”
“Stimmt. Ich denke, dass Elena kommen kann. Aber ich versuche es auch. Bis dann!”
Schon rennt er zur Straßenbahn.
Mittwoch
Sein Wecker klingelt. Albert fährt sich durchs Gesicht und seufzt. Nach ein paar Malen dreht sich Elena um und schlägt auf die immer noch klingelnde Digitaluhr. Albert bedankt sich und steht auf. Er geht ins Bad und greift sich da das rote Hemd aus dem Wäschekorb. Eine Hose, die er am Wochenende gewaschen hatte, nimmt er von der Leine auf dem Balkon. Er geht zurück ins Schlafzimmer und spricht seine Ehefrau an.
“Ich schaffe es heute Abend nicht pünktlich zum Elternabend und komme etwas später. Mein Chef möchte, dass ich länger arbeite.”
Als Antwort stöhnt ihm Elena genervt etwas Unverständliches entgegen.
“Ich habe voll verschlafen. Elisa muss noch zur Kita gebracht werden.”
Elena setzt sich hin und schaut ihn böse an. Er entschuldigt sich und verlässt die Wohnung. Er geht erst ein paar Meter in Richtung der Straßenbahn, doch dreht sich dann um und geht zur U‑Bahn.
Mittwoch Abend
Erschöpft atmen beide, als wären sie gerannt. Sie klettert von Albert runter und lehnt sich auf seinem Arm an ihn an. Er seufzt und schaut traurig zur Decke. “Ich muss jetzt unbedingt los.”, sagt er ernst.
“Wirklich schon?”, bettelt sie. Er nickt, steht auf und zieht sich an.
“Sehen wir uns bald wieder?”, fragt sie und wirft sich lachend die Decke über. Er zuckt mit den Achseln und geht.
Donnerstag
Der Wecker klingelt. Albert schaltet ihn aus und bleibt liegen.
“Schatz, du musst zur Arbeit.”, sagt Elena und wendet sich zu ihm. “Ich werde mir heute und morgen frei nehmen. Vielleicht machen wir mal wieder was als Familie?”
Fortsetzung folgt!
Alle Figuren und Namen sind rein fiktional und jede Übereinstimmung mit der Realität ist nur zufällig.
Müller42 ist eine Weddingweiser-Textreihe von Ruben Faust und Nethais Sandt. Sie wird immer dienstags und freitags weitergeführt.