06.10.2020 Ihr Motto könnte sein: Bei uns zählt jeder. Eine Gruppe von etwa 20 Leuten aus dem Soldiner Kiez setzt sich vor ihrer Haustür für ein neues Verständnis von Mobilität ein. Und dazu zählen auch Verkehrszählungen. Zählmeister werden gesucht. Einiges hat die erst 2019 gegründete Gruppe AGNMV bereits geschafft. Das nächste große Ziel ist ein Workshop. Ach ja, und die Diagonalsperre auf der Grüntaler ist auch noch nicht in trockenen Tüchern. Robert Schimanek erzählt, warum es sich lohnt mitzumachen.
„Menschen aus dem Soldiner Kiez treffen sich in einer Arbeitsgemeinschaft, um bei der Mobilität etwas zu verändern“, sagt Robert Schimanek. Er sagt mit Absicht Mobilität und nicht Verkehr, denn „Verkehr wird mit motorisierten Kraftfahrzeugen assoziiert“. Mobilität meint dagegen alle Formen der Fortbewegung.
Workshop im April
AGNMV ist die Abkürzung für nachhaltige Mobilität und Verkehrswende. Gerade letztere fällt nicht vom Himmel, wie deren Befürworter seufzend und die Gegner erleichtert sagen. Wer bei der AGNMV mitmacht, der gehört zu denen, die die Verkehrswende voranbringen will. Der nächste Schritt der AG ist ein Workshop, der für April 2021 geplant ist. Zusammen mit dem Mieterbeirat im Soldiner Kiez soll es um „Verkehr – (Probleme) – Reduzieren im Soldiner Kiez“ gehen. So lautet der Arbeitstitel des Treffens. Konkret soll es um Parkflächen, die Straße Prinzenallee und die Kreuzung der Prinzenallee mit der Soldiner Straße gehen. Einer der Organisatoren ist Robert Schimanek: „Zur Vorbereitung des Workshops werden noch Leute gesucht.“ Es müssen Flyer designt werden, eine umfangreiche Parkflächenzählung soll durchgeführt werden. Wer mitmachen möchte, schreibt eine E‑Mail an [email protected].
Viel Arbeit für eine Diagonalsperre
Ein aktuelles Projekt der offenen Gruppe ist ihr Vorschlag einer Diagonalsperre auf der Kreuzung Soldiner Straße und Grüntaler Straße. Hier hat die Gruppe von März bis Juni Daten erhoben und Varianten geprüft. In einer Online-Umfrage wurden zunächst 40 Personen befragt, ob Sie Diagonalsperren für einen sinnvollen Weg halten, um Durchgangsverkehr in Wohngebieten zu reduzieren. 40 Befragte hielten es zu 79% für sinnvoll und mehr als 87% der Befragen wünschen eine Diagonalsperre im Kiez. Anschließend konnte unter mehreren Vorschlägen gewählt werden. Gleichauf lagen dabei die Kreuzungen Soldiner/Grüntaler und Soldiner/Koloniestraße. (Quelle: „Eine Empfehlung an das Bezirksamt“ verfasst von der AGNMV). Im April holte sich die AG bei einer Begehung durch den Kiez AG Rat von Experten von Changing Cities Mitte, die unter anderem darauf hinwiesen, dass eine Diagonalsperre nicht an einer Kreuzung mit Linienbusverkehr errichtet werden kann. Am 12. Mai stellten sich einige der Gruppe entlang der Grüntaler und Steeger Straße auf, um den Verkehr zu zählen. Frage war: Gibt es überhaupt Durchgangsverkehr? Antwort: In der Zeit von 16.30 Uhr bis 18.30 Uhr zählte die AG 985 Fahrten. In der Zeit von 16 bis 17 Uhr war rund 30 Prozent davon reiner Durchgangsvekehr. „Ich war erschrocken, wie schnell manche durch die enge Steeger-Straße fahren“, sagt Robert Schimanek. Nun liegt ihr Vorschlag für eine Diagonalsperre beim Bezirksamt. Das sagte zu, den Vorschlag zu prüfen. Allerdings ohne einen Termin für den Abschluss der Prüfung zu nennen.
Rückblick: Projekt mitentwickelt
Als Erfolg sieht die offene Gruppe ihre Kooperation mit dem Quartiersmanagement Soldiner Kiez. Aus dem dortigen Quartiersrat ist die AG auch entstanden als dieser über Verkehrsfragen diskutierte. Entstanden ist eine Zusammenarbeit bei der Frage, wie ein vom Quartiersmanagement finanziertes Projekt zur Mobilität im Kiez aussehen könnte. Die AG brachte den Vorschlag ein, mit temporären Spielstraßen die Nachbarschaft zu stärken und dabei auch Mobilitätsfragen anzugehen. „Wir haben uns mit dem Team des Quartiersmanagement zusammengesetzt, gemeinsam an Ideen gearbeitet und freuen uns, dass unsere Ideen in die letztendliche Ausschreibung des Projekts Reallabor für nachhaltige Mobilität eingeflossen sind“, sagt Robert Schimanek. So ist ihnen zum Beispiel wichtig, dass ein solches Projekt zur Verkehrsberuhigung nicht nur „vor Eigentumswohnungen“ stattfindet, sondern „überall im Kiez“. Auch das Quartiersmanagements kann die Zusammenarbeit als Erfolg verbuchen, lautet doch einer ihrer Aufträge, Bürger für die Angelegenheiten ihres Stadtteils zu interessieren. Als „Aktivieren“ wird das bezeichnet.
Über die AGNMW
Der Name Arbeitsgemeinschaft für nachhaltige Mobilität und Verkehrswende wirkt wie vom Amt ausgedacht. Auch wenn ein solcher Titel nicht gerade sexy wirkt, ist er vielleicht genau deshalb auch die richtige Namenswahl, um bei den intensiven Kontakten mit dem Amt verstanden zu werden.
Die Gruppe ist kein Verein, es gibt keine Mitgliedschaften. Etwa zwanzig Personen, die mal weniger mal mehr aktiv sind, engagieren sich. Über einen E‑Mail-Verteiler bleiben alle auf dem Laufenden und jeder kann sich bei konkreten Diskussionen einklinken. Auf Facebook hat die AG eine Seite eingerichtet.
Die AGNMV gründete sich 2019. Anlass war die Frage im Quartiersrat, was von einem Verkehrskonzept für den Soldiner Kiez zu halten ist. „Eine solches Konzept ist notwendig, darf aber nicht aus den Projektmitteln des Programms Sozialer Zusammenhalt bezahlt werden“, lautet die Position, des Quartiersrates und der Gruppe. Aber wie das Amt hier versucht mit EU-Mitteln zu tricksen, das ist einen eigenen künftigen Beitrag wert.
Andrei Schnell schaut Verkehrswendern über die Schulter.
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