Schon am Montag sind die Plakate auf dem Mittelstreifen der Müllerstraße erschienen. Darauf zu sehen: der Wedding. Zehn Menschen haben der Freiluftausstellung ihre Perspektive auf den Stadtteil mitgegeben. Gestern (22.8.) wurde die Ausstellung „Mein Wedding“ mit einer Vernissage in der Schillerbibliothek offiziell eröffnet.
Insgesamt zehn Arbeiten hatte eine Jury zuvor aus insgesamt 75 eingereichten Fotografien, Collagen, Grafiken, Zeichnungen und Malereien für die Mittelstreifen-Ausstellung ausgewählt. Dabei ist eine Grafik von Uwe Bressem, der sich mit „Weddingmatrix – Detlef der Pfandsammler und sein Kiez“ beteiligt hatte. Die Grafik ist schon länger im Nachbarschaftsladen im Sprengelkiez ausgestellt und nun auch ganz groß auf der Müllerstraße zu sehen. Die Aquarellgruppe der AWO-Freizeitstätte hat eine Gemeinschaftsarbeit beigesteuert, die aus 14 kleinen Einzelbildern besteht. Darauf zu sehen: das alte Wedding-Wappen, das Kreamtorium Wedding/silent green, der Brunnen auf dem Nettelbeckplatz, der Volkspark Rehberge, der Mini-Eiffelturm am Centre Français und vieles mehr. Marie-Zoe Graul hat mit “Tahsin” das einzige Porträt der diesjährigen Ausstellung beigesteuert.
Viele Bilder, ein Thema: Wedding
Der Nettelbeckplatz ist auch das Thema der Grafik, die Josepha Jendricke für den Kunstwettbewerb eingereicht hatte. Es zeigt den markanten Brunnen mit dem Klavierspieler und den tanzenden Menschen, einen Spätkauf und eine abgeblätterte politische Botschaft – ganz normales Weddinger Leben halt. Eine schwarz-weiße Aufnahme aus der Müllerstraße von Mathias Völzke ist unter den ausgewählten Arbeiten, so wie auch eine dreigeteilte fotografische Arbeit von Sophie-Helene Graul. Auf dem Baum sitzen und mit den Beinen baumeln? Kann man auch im Wedding gut! Eine wirklich schöne Idee hatte auch Carolin Ullrich. Sie hat auf dem Mittelstreifen der Müllerstraße Pflanzen gesammelt, getrocknet, gepresst und daraus ein Bild gestaltet. Versehen mit den lateinischen Namen einiger der Pflanzen ist „Fundort: Mittelstreifen“ nun auf der Müllerstraße zu sehen.
Die Gewinner: Foto, Aquarell, digitale Bildbearbeitung
Eine besondere Würdigung erhielten die Einreicher:innen der drei bestplatziertesten Arbeiten. Sie bekamen neben dem gerahmten Bild (was alle zehn Preisträger erhielten) noch ein Preisgeld. Über den dritten Platz konnte sich Collin Becker freuen. Sein hochformatiges Aquarell zeigt eine Ansicht aus dem Ortsteil Gesundbrunnen „Scherer-Ecke Adolfstraße“. Das einst besetzte Haus, das aktuell wegen Dachsanierung eingerüstet ist, ist auf dem Bild noch ohne Gerüst festgehalten. Wer genau hinschaut, sieht das Mobilisierungsplakat des Volksentscheids „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ vor dem Haus und hat somit einen Hinweis auf die Entstehungszeit des Aquarells. Den zweiten Platz hat die Jury Kristina Möckel zugesprochen. Sie hat die digitale Montage „Wildwedding“ eingereicht, auf der ein Zebra durch die Müllerstraße trabt, die Fahrbahn komplett gestreift. Ein Beitrag zu Verkehrswende-Diskussion in der Straße sei das nicht, erklärte die Grafikerin am Rande der Vernissage lachend, vielmehr ginge es ihr um den Naturaspekt.
Der erste Preis ging in diesem Jahr an Sulamith Sallmann und ihre schwarz-weiße Aufnahme „Panke Culture“. In einer großen Pfütze spiegeln sich darauf die Häuser und Graffitis an der Panke/Gerichtstraße. Sulamith Sallmann ist freiberufliche Fotografin, Autodidaktin und Weddingentdeckerin. Sie fotografiert seit vielen Jahren auch für den Weddingweiser.
Vom Mut der Teilnehmenden
Bei der Vernissage in der Schillerbibliothek mit etwa 50 Anwesenden waren auch einige der Preisträger:innen anwesend und es gab die Gelegenheit, mit ihnen ungezwungen ins Gespräch zu kommen. Auch Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) war dabei und würdigte das Engagement der Organisatoren und die Kreativität der Teilnehmenden. Die meisten von ihnen, so betonte die Bezirksbürgermeisterin, sind keine Profis und sie brauchen Mut, ihre Arbeit so prominent auf der Müllerstraße zu präsentieren. Sie wies auch auf die schwierige Situation rund um den Leopoldplatz hin und freute sich auch deshalb über die künstlerische Belebung: „Wir wollen hier auch symbolisch dagegen halten“. Gemeint ist die sich zuspitzende Drogensituation rund um den Platz.
Die Ausstellung „Mein Wedding“ findet in diesem Jahr zum 7. Mal statt. Organisiert wurden Kunstwettbewerb und Ausstellung in diesem Jahr ehrenamtlich von Guido Rohmann, Igor Brezovski und Florian Heyer. Unterstützt wurden sie von der AWO Berlin-Mitte, dem Büro Jahn, Mack & Partner, dem Bezirksamt Mitte und der Schillerbibliothek. Die Sachausgaben wurden mit Mitteln aus dem Programm „Aktive Zentren“ bezahlt.
Wer Lust hat, kann die ausgestellten Arbeiten auf dem Mittelstreifen der Müllerstraße selbst entdecken. Die Plakatwände sind bis 4. Oktober zu Gast. Alle eingereichten Arbeiten sollen außerdem auf dem Blog https://meinwedding2023.blogspot.com/ veröffentlicht werden.
Transparenzhinweis: Unsere Autorin Dominique Hensel war Teil der diesjährigen Jury von „Mein Wedding“.
Wo gibts die Postkarten denn? 🙂
Hallo Luzia, ich habe das beim Veranstalter nachgefragt. Die Postkarten sind in der Schillerbibliothek zu haben.