Mastodon

Leopolds Erfindung

18. Juli 2014
1

Als ein an der Geschich­te inter­es­sier­ter Mensch mach­te ich mich heu­te im Mär­ki­schen Muse­um auf die Suche nach Anknüp­fungs­punk­ten zum Wed­ding. Ja, ich wur­de fün­dig und zwar im Kel­ler, dort wo das Beil eines Schaf­rich­ters und aller­lei his­to­ri­sche Fol­ter­werk­zeu­ge wie z.B. Dau­men­schrau­ben ver­sam­melt sind. Neben mit­tel­al­ter­li­chen „Läs­ter­stei­nen“, die zän­ki­schen Frau­en mit Ket­ten um den Hals gehängt wur­den oder den Schand­mas­ken für Ehe­bre­cher, fin­det unser „Leo“, nach dem der Leo­pold­platz benannt ist, auch eine Erwäh­nung. Nun wis­sen wir, dass Leo­pold von Fürst von Anhalt-Des­sau nicht im Mit­tel­al­ter, son­dern von 1676 bis 1747 leb­te. Sei­ne letz­ten Jah­re fie­len in eine Zeit, in der Fried­rich der II. – auch Fried­rich der Gro­ße genannt – den Preu­ßi­schen Thron bestieg.

Die Hel­den­ta­ten von Leo­pold sind bekannt und schnell erzählt, so sieg­te er in den Schlach­ten bei Turin, Mal­plaquet und Höchstädt – danach sind die Stra­ßen am Leo­poldpatz benannt. Er ver­bes­ser­te die Effi­zi­enz der Hand­feu­er­waf­fen, dar­über hin­aus mach­ten sei­ne Refor­men das Heer zum Schlag­kräf­tigs­ten Euro­pas und Preu­ßen zur bedeu­ten­den Militärmacht.

Dessauer TrogHier im Muse­um lern­te ich nun den krea­ti­ven Leo­pold ken­nen. Er reagier­te mit einer bahn­bre­chen­den Erfin­dung auf das Ver­bot der Fol­ter, das Fried­rich der Gro­ße bei sei­nem Amts­an­tritt im Jah­re 1740 ver­füg­te. Vie­le Zeit­ge­nos­sen hat­ten damals Angst, dass es nun nicht mehr zu Ver­ur­tei­lung von Straf­tä­tern kom­men wür­de. Um hier Abhil­fe zu schaf­fen, erfand Leo­pold den „Des­sau­er Trog“, des­sen Exis­tenz für Ber­lin, Span­dau und Ber­nau belegt, und von dem ein Ori­gi­nal im Muse­um vor­han­den ist.

Dabei han­delt es sich um einen ca. 2 Meter lan­gen aus­ge­höhl­ten Baum­stamm, mit einer geschmie­de­ten Fuß­fes­sel. Hier hin­ein wur­de der Delin­quent an Armen und Bei­nen gefes­selt gelegt. Oben mit einem Deckel bedeckt, war er jeder Bewe­gung beraubt. Er habe dann so lan­ge dar­in gele­gen, bis er die Tat gestan­den hät­te. Dies habe schon ein­mal meh­re­re Tage gedau­ert, so die Chro­nis­ten der Zeit. Die schlimms­ten Pei­ni­ger sei­en aber die Insek­ten gewe­sen, deren sich der Gefan­ge­ne nicht hät­te erweh­ren können.

Bei der Neu­ge­stal­tung des Leo­pold­plat­zes vor eini­gen Jah­ren blieb kei­ne Zeit, die Leis­tun­gen von Prinz Leo­pold von Anhalt-Des­sau zu wür­di­gen. Damals über­la­ger­te die Lösung sozia­ler Pro­blem das Gesche­hen. Viel­leicht kann man nun, mit einem klei­nen zeit­li­chen Abstand, eine klei­ne Tafel erstel­len, mit etwas Text und einem Bild die­ses inter­es­san­ten Expo­na­tes. Die Tafel könn­te dann an einer der schö­nen Schin­kel-Leuch­ten in der Nähe der Alten Naza­reth­kir­che ange­bracht wer­den. Vor allem zur Infor­ma­ti­on der aus­wär­ti­gen Gäs­te, die ja jetzt ger­ne auf dem neu gestal­te­ten Leo­pold­platz verweilen…

 

Text/Foto: Eber­hard Elfert 

Mehr Infos über Leopold

Gastautor

Als offene Plattform veröffentlichen wir gerne auch Texte, die Gastautorinnen und -autoren für uns verfasst haben.

1 Comment Leave a Reply

  1. Als ers­ter Mon­arch erlässt Fried­rich Wil­helm I. von Preu­ßen 1714 eine Order, nach der jede ein­zel­ne Anwen­dung der Fol­ter von ihm per­sön­lich zu geneh­mi­gen sei. Sehr viel wei­ter geht aber erst der vom “Sol­da­ten­kö­nig” als “eff­emi­nier­ter” Weich­ling ver­ach­te­te Sohn. Am 3. Juni 1740, drei Tage nach dem Tod sei­nes Vaters, dekre­tiert Fried­rich II., spä­ter “der Gro­ße”, als ers­ter Herr­scher auf deut­schem Boden: “Sei­ne Koe­nig­li­che Majes­taet in Preus­sen haben aus bewe­gen­den Ursa­chen resol­vi­ret, in Dero Lan­den bey denen Inquis­tio­nen die Tor­tur gaenz­lich abzuschaffen.”
    Vom Fol­ter­ver­bot zum Indizienprozess

    Auch Fried­rich lässt zunächst noch Aus­nah­men zu – bei Majes­täts­ver­bre­chen, Lan­des­ver­rat und gro­ßen Mord­ta­ten. Aller­dings ist kein Fall bekannt, in dem der König die Fol­ter noch bewil­ligt hät­te. 1754 erneu­ert Fried­rich II. das all­ge­mei­ne Fol­ter­ver­bot, nun ohne jede Aus­nah­me. Aus Rück­sicht auf Staats­rai­son und Juris­pru­denz bleibt es aber geheim und die blo­ße Andro­hung der Fol­ter wei­ter erlaubt.

    aus:http://www1.wdr.de/themen/archiv/stichtag/stichtag5112.html

    Die Abschaf­fung der Folter

    Zu sei­nen ers­ten Amts­hand­lun­gen zähl­te 1740 die Abschaf­fung der Fol­ter – eine Ent­schei­dung, die in Euro­pa Auf­se­hen erreg­te. Im dies­be­züg­li­chen Befehl an den Jus­tiz­mi­nis­ter Cocce­ji mach­te Fried­rich II. zunächst noch den Vor­be­halt gel­tend, die Fol­ter sei bei “gro­ßen Mord­ta­ten, wo vie­le Men­schen ums Leben gebracht”, noch erlaubt. 1754 wur­de die Fol­ter ohne jeden Vor­be­halt abge­schafft, aber vor­sichts­hal­ber war es ver­bo­ten, das Fol­ter­ver­bot zu veröffentlichen.
    aus:
    http://akademie.coart.de/geschichtliches/news/was-waren-die-wirklichen-ziele-vom-preussenkoenig/

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

MastodonWeddingweiser auf Mastodon
@[email protected]

Wedding, der Newsletter. 1 x pro Woche



Unterstützen

nachoben

Auch interessant?