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Für Umme mit dem Leihrad

30. Mai 2018
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Leihrad der Firma ofo. Foto: Hensel
Zwei Leih­rä­der ste­hen in der Brun­nen­stra­ße. Als das Foto ent­stand, sind zwei Kids schnell noch aus dem Bild gesprun­gen. Offen­bar woll­ten sie gera­de los. Foto: Hensel

Mei­nung Die Wed­din­ger Jugend hat das Rad­fah­ren ent­deckt. Wer hät­te gedacht, dass gera­de die Nach­wuchs-Gangs­ter, die sonst nie­mals mit dem Fahr­rad gese­hen wur­den, breit­bei­nig und mit natür­lich nur einer Hand radelnd im Wed­ding unter­wegs sind. Kaum einen Meter legen sie noch zu Fuß zurück. Kein Wun­der: Eine freund­li­che Fir­ma aus dem fer­nen Chi­na hat ihnen kos­ten­lo­se Leih­rä­der geschickt. Die Kids aus der Nach­bar­schaft neh­men das Geschenk dan­kend an.

So manch ein Erwach­se­ner hat sich sicher schon gefragt, woher die Kids die Koh­le oder die Kre­dit­kar­te für die Leih­rä­der haben, mit denen der­zeit alle unter­wegs sind. Es ist ganz ein­fach: Sie haben sie nicht. Sie ken­nen statt­des­sen die Zah­len­kom­bis, mit denen man die Räder für Umme, also für umsonst, nut­zen kann. Ganz offen trägt der Wed­din­ger Jugend­li­che sei­nen Tri­umph zur Schau, die Tech­nik über­lis­ten zu kön­nen. Beson­ders leicht scheint es ihnen die­ser noch neue Anbie­ter mit den quietsch­gel­ben Rädern zu machen. Die sind im Wed­ding im Moment fest in der Hand der Kids. Und so wird kräf­tig gespart. 80 Cent für 20 Minu­ten müss­ten sie laut Anbie­ter­sei­te für die Nut­zung eigent­lich bezah­len. Aber coo­ler ist wohl, man zahlt das nicht.

Wer ein wenig im Inter­net sucht, der fin­det leicht die Erklä­rung für die Umge­hung der Bezahl­sper­re (wir ver­brei­ten das wegen bestimm­ter Beden­ken jetzt mal nicht wei­ter). Offen­bar haben auch die Wed­din­ger Kids die­se Sei­te gefun­den. Ob der Leih­rad­an­bie­ter aus dem fer­nen Peking dem Trei­ben bald ein Ende macht? Wer weiß! Der­wei­len fah­ren sie in Gelb zur Schu­le – vor den Toren sta­peln sich die Räder. Sie fah­ren damit zu Dings und Bums und auch zum Park, zum Sport, zum Abhän­gen nach Irgend­wo. Kei­nen Meter lau­fen die Wed­din­ger Kids mehr, kei­nen Meter, Alter.

Kei­ne Senats­ver­wal­tung könn­te sich ein schö­ne­res Akti­vie­rungs­pro­jekt aus­den­ken oder mehr für die sport­li­che Ertüch­ti­gung der angeb­lich zu dicken Wed­din­ger Kids tun. So viel Bewe­gung wie gera­de jetzt hat­ten die Nach­wuchs-Gangs­ter noch nie. Viel­leicht tele­fo­niert mal jemand aus dem Senat mit Peking und über­weist dis­kret eine mitt­le­re Sum­me – und ver­schafft dem Wed­din­ger Jugend­li­chen damit eine lega­le Dau­er­flat fürs Leihrad.


Domi­ni­que Hen­sel ist noch nie mit einem Leih­rad gefah­ren, aber mit dem eige­nen Rad ist sie oft in der Stadt unter­wegs. Dabei hat sie sich über die Kids auf den gel­ben Leih­rä­dern gewun­dert, die ihr über­all begegneten. 

21 Comments

  1. Allen, die das Klau­en von Leih­rä­dern ok fin­den, wün­sche ich, dass ihnen mal eine gefüll­te Geld­bör­se geklaut wird!

    Wer einen Kon­zern beklaut, der wird auch vor der hilf­lo­sen Oma nicht halt machen. Dienstahl ist und bleibt Dienstahl.

  2. Ich wur­de gera­de von drei Zehn­jäh­ri­gen ange­spro­chen, die mich baten, die ofo-App für sie her­un­ter­zu­la­den. Dann hät­te man einen gan­zen Tag lang freie Fahrt und das wür­den vie­le so machen, sag­ten sie.

    • Mit der App kann man ent­sper­ren und das kos­tet dann 0,80 Cent für 20 min die du dann bezah­len müss­test oh je die wis­sen das ganz genau die Jungs

      • Nein das stimmt nicht. Wenn man die App neu run­ter­lädt ist die ers­te Fahrt immer kos­ten­los. Da die Nut­zung der App aber laut AGB erst ab 18 mög­lich ist UND man ver­mut­lich dafür haf­ten muss wenn wäh­rend der kos­ten­lo­sen Fahrt etwas mit dem Rad (oder Kind auf dem Rad?) pas­siert, soll­te man da wohl bes­ser von Abstand nehmen.

  3. Ich hab ein Fahr­rad das ich selbst bezahlt habe und mir ist das scheiß egal sol­len sie doch die kaputt machen ofo weis das auch also sol­len die sich dar­um küm­mern ich hab bes­se­res zu tun

  4. Das waren die jun­gen die auch damit gefah­ren sind die mut­wil­lig die kaputt gemacht haben und ste­hen doch über­all neue so kön­nen sie Nas nächs­te neh­men aber wenn die wei­ter die kaputt tre­ten dann sind bald kei­ne mehr da Pech

    • Ach so. Haben Sie dafür Bewei­se? Dann wen­den Sie sich bit­te an die nächs­te Poli­zei­dienst­stel­le und erstat­ten Anzei­ge wegen Sach­be­schä­di­gung. Ansons­ten fin­de ich das eher arm­se­lig wie Sie hier als Erwach­se­ne gegen Jugend­li­che stän­kern. Da kann ich nur mit dem Kopfschütteln.

      • Das ist mei­ne Mei­nung dazu, aber wenn die Jugend­li­chen mut­wil­lig Sachen zer­stö­ren die ihnen nicht gehö­ren dann fin­de ich das nicht ok da fehlt jeg­li­cher Respekt

  5. Also ich sehe nur Jungs auf dem Fahr­rad und wenn sie damit nor­mal umge­hen wür­den wäre es mir auch egal wenn sie die Ille­gal nut­zen. Aber die mut­wil­lig zer­stö­ren ist nicht OK. Gehört ihnen ja nicht und hat ja auch kein Geld gekos­tet ne das ist nicht ok

    • Also ich hab erst ges­tern 5 Mädels auf den gel­ben Din­gern an mei­nem Haus vor­bei­fah­ren sehen. Gehen die denn davon kaputt, wenn man sie kos­ten­los fährt oder wie­so soll­ten es genau die­se Kids sein, die die Räder mut­wil­lig zer­stö­ren? Bei mir vorm Haus stand auch schon ein Bike von einer ande­ren (Supermarkt-)Kette. Das war auch nach einer Nacht zer­trüm­mert. Die Jungs (oder Mädels) wer­den ja wohl kaum so däm­lich sein die Räder kaputt zu machen, wenn sie sie umsonst fah­ren kön­nen? Ich ver­steh die gan­ze Auf­re­gung nicht so recht.

      • Es scheint so als hät­te Ofo jetzt den Wed­ding aus dem Bereich genom­men in dem man die Räder aus­lei­hen kann – vor 2 Tagen wur­de die Gren­ze auf jeden Fall noch wei­ter nörd­lich in der App ange­zeigt als jetzt .…

  6. Mei­ner Mei­nung nach die geni­als­te Wer­be­maß­nah­me von der ich je gehört hab. Die Kids fah­ren für das Unter­neh­men flei­ßig durch die Gegend und brin­gen so jeden fahr­rad­lo­sen Anwoh­ner (auch mich) auf die Idee mir auch mal so ein Ding zu lei­hen. Der Ver­lust fürs Unter­neh­men (80ct für 20 Minu­ten) ist dabei doch weit­aus gerin­ger als jede groß­an­ge­leg­te PR-Aktion.

    • Gerüch­te­wei­se hab ich gehört, dass das Geschäfts­mo­dell von ofo das Gene­rie­ren von Bewe­gungs­pro­fi­len ist. Der Miet­preis ist also nur so eine Art Schutz­ge­bühr, Geld ver­dient man mit den Daten.

  7. Wie kann man ernst­haft etwas dage­gen haben, wenn unter­pri­vi­le­gier­te Jugend­li­che etwas Spaß haben? Nach der Pet­ze­rei hier, wird das wohl bald nicht mehr mög­lich sein. Schade.

    • Das glau­be ich kaum, dass wegen eines Bei­trags auf einem Stadt­teil­b­log der Trick nicht mehr funk­tio­niert. Ich glau­be, da über­schätzt Du unse­ren Ein­fluss. Aber. Vie­le Medi­en haben bereits dar­über berich­tet. Und angeb­lich weiß die betref­fen­de Fir­ma auch schon län­ger von dem Problem.

  8. Die­se Fahr­rä­der sind zum Mie­ten kos­ten 0,80cent 20 min fra­ge mich wie ofo das sieht denn in der Togo­stra­ße wur­den die hin und her geschmis­sen Fahr­rad Stän­der abge­tre­ten lan­de­ten danach im Gebüsch ich fin­de sowas nicht ok

  9. Es ist total scha­de, dass die Wed­din­ger Jugend­li­chen, die sicher nicht alle den Luxus eines pri­vi­le­gier­ten Eltern­hau­ses haben, dass das Geld hat ein Fahr­rad zu kau­fen oder das als wich­ti­ge Anschaf­fung zu sehen, hier als “Nach­wuchs Gangs­ter” abge­wer­tet wer­den. Will ich damit den Fahr­rad­be­trug gut­heis­sen? Nein, ganz sicher nicht, das ist nicht in Ord­nung. Aber in einem Land wo erwie­se­ner­ma­ßen ‑Stu­di­en dazu gibt es en Mas­se- Schü­ler mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund schlech­ter bewer­tet wer­den, mehr Bewer­bun­gen schrei­ben müs­sen, weni­ger Bil­dungs­chan­cen bekom­men und es vie­le Vor­ur­tei­le gegen ‘Tür­ken’ gibt (die Anfüh­rungs­zei­chen sind iro­nisch gesetzt; auch in 2018 ver­ste­hen vie­le Men­schen nicht dass man auch mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund oder ande­rer Haut­far­be deutsch sein kann) soll­te man sich fra­gen ob so ein Arti­kel nicht zu dem Pro­blem bei­trägt. Heis­ser Tipp: ja tut er. Scha­de, vom Wed­ding­wei­ser hät­te ich mehr Reflek­ti­on erwartet.

    • Ich den­ke nicht, dass der Bei­trag zum Pro­blem bei­trägt. Er schil­dert eine Beob­ach­tung. Der Ton ist flap­sig, ja, das kann man kri­ti­sie­ren. Ich ste­he trotz­dem zu dem Stil­mit­tel der Zuspit­zung. Was aber nicht von der Hand zu wei­sen ist (oder zumin­dest an ande­rer Stel­le bleeuch­tet wer­den könn­te) ist die Fra­ge, ob die wegen dem feh­len­den pri­vi­le­gier­ten Eltern­haus, das Du erwähnst, feh­len­de Nut­zung von kos­ten­pflich­ti­gen Leih­rä­dern zu irgend­wel­chen Nach­tei­len bei den Kin­dern und Jugend­li­chen führt … Mei­ne Kin­der fah­ren auch nicht Leih­rad. Wie ist das bei ihnen?

      Ich sehe noch einen ande­ren Aspekt, der mir per Mail von einer Lese­rin berich­tet wur­de. Die Mäd­chen in ihrem Haus, tür­ki­scher Migra­ti­ons­hin­ter­grund, freu­en sich total über die neue Mög­lich­keit. Ihre Eltern kau­fen ihnen aus reli­giö­sen Grün­den kein Rad. Dass Mäd­chen Rad­fah­ren ist ja nicht über­all selbst­ver­ständ­lich. Nun kön­nen sie, meist ja ohne­hin kaum beauf­sich­tigt, trotz­dem Rad­fah­ren. Heimlich. 

      Es gibt vie­le Aspek­te zu dem The­ma. Mei­ne Glos­se soll­te die Dis­kus­si­on dar­über eröff­nen. Offen­bar hat sie das getan.

  10. Ich gebe mal eine off­line gege­be­ne Ergän­zung von Paul wei­ter: Die Idee hat Poten­ti­al. Man soll­te Mathe­bü­cher zum Klau­en in der Stadt ver­tei­len. Und für mich bit­te Leihautos. 😉

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