Suse Weber zeigt zusammen mit anderen Künstlerinnen im Schaufenster der Studio//Bühne in der Osloer Straße ein Mal im Monat Schattenspiele. Die Nachbarschaft ist eingeladen, stehenzubleiben, Kunst zu erleben und mal auf ganz andere Gedanken zu kommen. Das ist immer einer gute Idee, aber besonders jetzt. Die nächste Aktion ist am Sonntag (27.6.).
Schräg gegenüber des Oberstufenzentrums in der Osloer Straße hat Suse Weber Quartier bezogen. 2013 hat die Künstlerin die Räume übernommen, früher war in der Hausnummer 93a eine Afroshop. Ihre Studie//Bühne ist ein eher zurückgenommener Ort, der sich auch wegen seiner Lage im Stadtbild nicht aufdrängt. Die Autos sausen unablässig vorbei, ein Haus weiter ist der Copy Shop ein Anziehungspunkt, dem gegenüber ein Backshop. Einfach so vorbeispaziert wird hier eher selten. Ende Mai hat die Künstlerin die Nachbarschaft mit einer Aktion überrascht, die im Wortsinn nach außen wirkte. Ihr großes Fenster war an einem Abend die Bühne für Sabine Reinfeld, die unter der Überschrift „Shadow Play“ ihre künstlerische Botschaft aus Licht und Schatten in den Kiez warf.
Jeden Monat ein Schattenspiel
Bis August ist jeden Monat ein Schattenspiel geplant. Das nächste, von Heike Kabisch, wird am 27. Juni ab 23 Uhr zu sehen sein. Am 3. Juli ist Nina Rhode, am sind 17. Juli Barbara Buchmaier und Christina Woditschka an der Reihe. Auch Suse Weber wird ein Schattenspiel beisteuern (14.8.). Für die Gastgeberin war der Auftakt im Mai gelungen: „Es kamen Beteiligte, Bekannte, aber auch Fremde; jemand ist aus der Straßenbahn ausgestiegen, weil sehen wollte, was hier ist“. Bis zu 30 Personen haben die Live-Performance verfolgt, die Hälfte Bekannte aus der Kunstszene, die andere zufällige Passanten. Mit gebührendem Corona-Abstand war es nach dem Lockdown für viele vielleicht das erste Mal, dass sie wieder Kunst erlebten.
Auch dafür war die Senats-Förderung, die Suse Weber für die Reihe erhalten hat, da: Kunst wieder möglich machen. Die Initiative Draussenstadt stellt den Bezirken Mittel für künstlerische Vorhaben im Stadtraum zur Verfügung, die sie dann vergeben können. Es ist auch als Soforthilfe für Kunstschaffende in der Corona-Krise gedacht. Der Bezirk Mitte konnte insgesamt 25.000 Euro vergeben. Suse Weber bekommt davon den größten Teil, 15.350 Euro für „Shadow Plays“. Das Geld geht an die beteiligten Künstlerinnen.
Suse Weber wurde 1970 in Leipzig geboren, kam 1990 nach Berlin und lebt heute im Wedding. Sie studierte Bildende Kunst an der Hochschule der Künste in Berlin und Elektroakustische Musik. Von der Malerei kam sie zur Performance, “weil ich Dinge erklären wollte”. Ihre Arbeiten bewegen sich heute zwischen Objektkunst, Installation und Performance. Die Studio/Bühne ist für die Künstlerin ein wichtiger Ort, auch wenn sie viel in der ganzen Welt unterwegs ist und ihre Kunst in Leipzig, Prag, Antwerpen oder London zeigt.
Kunst wandert ab: “Berlin verliert seinen Schatz”
“Es ist fast schon Romantik, so einen Laden zu haben, frei von äußeren Eingriffen – als Refugium für mich und als Bühne für andere Künstlerinnen”, sagt sie und spielt damit auf die Mietenentwicklung in Berlin an. Denn durch steigende Mieten verschwinden nicht nur Clubs, auch Kunsträume gehen verloren, Kunstwerke und Künstler wandern vielleicht ins Umland ab und Suse Weber stellt fest: “Berlin verliert nach und nach seinen Schatz”. Für sie ist es bisher allerdings gut gegangen, auch wenn das Haus, in dem sie Kunst schafft, in den letzten Jahren mehrfach verkauft wurde. Unter dem Begriff OsKo ist es im vergangenen Jahr im Wedding bekannt geworden – wegen des Kampfes seiner Mieterinnen und Mieter um einen Vorkauf durch den Bezirk. Auch wenn das gescheitert ist, konnte die Künstlerin bleiben und kann nun die Schattenspiele zeigen.
Es liegt am Konzept des Raumes, das die Studio//Bühne ohne die Kunst aus Licht und Schatten im Wedding nicht so sichtbar ist. „Ich verkaufe nichts, das ist keine Galerie mit Öffnungszeiten, eher ein Labor, ein Entwicklungs- und Testraum“, beschreibt es Suse Weber. Hier entwickelt sie ihre eigene Kunst, hier lädt sie auch andere Künstlerinnen ein, ihre Arbeiten anderen Künstlerinnen vorzustellen bevor sie in die veröffentlicht werden. „Man spricht einfach zu selten über die Arbeiten“, findet Suse Weber. Diese Lücke will sie mit ihrer Studio//Bühne schließen. Fast 40 Künstlerinnen treten deshalb immer wieder auf ihre Bühne, die jetzt auch ins Internet verlängert wurde. Bis Ende Dezember sind die mitgeschnittenen Schattenspiele nämlich auch online zu sehen (www.suseweber.wordpress.com).