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Kinokonzert im Alhambra:
“Wedding ist und bleibt der Nabel der Welt!”

24. Oktober 2022
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Seit mehr als zehn Jah­ren fei­ert die Wed­din­ger Akus­tik-Rock-Band „Lari und die Pau­sen­mu­sik“ (LudP) ihr Jah­res­ab­schluss­kon­zert am Sams­tag vor dem ers­ten Advent. In die­sem Jahr lädt die Com­bo am 26. Novem­ber um 19 Uhr ins Cine­plex Alham­bra in der See­stra­ße ein. Zusam­men mit der befreun­de­ten Band „Schnaps im Sil­ber­see“ wol­len die Wed­din­ger in die­sem Jahr einen Kino­ssaal bespie­len. Zur Musik kommt eine fil­mi­sche Doku­men­ta­ti­on des musi­ka­li­schen Jah­res der Band. Auch eine After­show-Par­ty steht auf dem Pro­gramm. Wir haben Lari gefragt, was das Publi­kum erwar­tet und was ihn mit dem Wed­ding verbindet.

Lari mit Gitarre auf einem Dach im Wedding. Foto: Ben Kriemann
Lari mit Gitar­re auf einem Dach im Wed­ding. Foto: Ben Kriemann

Neu­jahrs­kon­zert, Fes­ti­val­auf­tritt im Som­mer, Club­kon­zert im Win­ter – das kennt man ja. War­um hat ist eigent­lich ein Jahresabschlusskonzert?

Lari: Unser Jah­res­ab­schluss­kon­zert fei­ern wir bereits seit mehr als zehn Jah­ren im Wed­ding. Es ist vor allem in der letz­ten Zeit, wo wir immer mehr am Rei­sen sind und das gan­ze Jahr sel­ten in Ber­lin spie­len, ein Anlie­gen unse­rer­seits, auch im Wed­ding für Freun­de, Fami­lie und Her­zens­men­schen zu spie­len und Flag­ge zu zei­gen. Und das hat sich so am Sams­tag vor dem ers­ten Advent eta­bliert. Ursprüng­lich war es ein Kon­zert für Freun­de in einem unse­rer Wohn­zim­mer, zum Bei­spiel in der legen­dä­ren Knei­pe „Nacht­schwär­mer Bei Ernst“, oder dem „Ufer­ca­fe“ . Aber wo es die­se Knei­pen nicht mehr gibt, gehen wir jedes Jahr neu auf die Suche nach einer Her­ber­ge für eine Nacht, und sind sehr froh, sie in die­sem Jahr im Alham­bra Kino im Wed­ding gefun­den zu haben.

Ihr ladet zum Kon­zert im Kino­saal des Alham­bras in der See­stra­ße ein. Wie­so habt ihr die­sen doch eher unge­wöhn­li­chen Kon­zert­ort ausgesucht?

Lari: Weil ich neue, a‑typische Loca­ti­ons immer super fin­de, so lan­ge sie für die­sen kon­kre­ten Abend im Wed­ding lie­gen. Ich wür­de ger­ne auch mal in nem Fri­seur­sa­lon spie­len, oder in nem Plat­ten­la­den, oder irgend­wo an der Pan­ke, in ’ner Groß-WG – es gibt noch genug Ecken im Wed­ding die auf uns war­ten … Das gan­ze Jahr spie­len wir, wozu uns Ver­an­stal­ter und Boo­ker ein­la­den, einen Abend im Jahr wol­len wir mal der Regis­seur sein und uns einen ver­rück­ten Abend ausdenken …

Und man muss es auch ganz klar so sagen: Wir fin­den mitt­ler­wei­le immer weni­ger offe­ne Türen wo wir mit unse­rer Musik, unse­rer Mei­nung und unse­rer Idee auf offe­ne Ohren und Her­zen tref­fen. Wir wol­len an dem Abend nicht beson­ders reich wer­den, wir als LudP schüt­ten poten­ti­ell ent­ste­hen­de Gewin­ne die­ser Aben­de an die ande­ren Bands und Betei­lig­ten aus, und rech­nen nur unse­re Unkos­ten wie Geträn­ke für Musi­ker, Tech­nik und Mensch für die Tech­nik, etc. ab – wir wol­len nichts ver­die­nen an dem Abend, dazu ist das gan­ze Jahr genug Gele­gen­heit, wir wol­len uns ein­fach bei und für die Men­schen bedan­ken, die uns schon sooo lan­ge beglei­ten, pushen und unter­stüt­zen, das reicht!

Würde gern auch mal in einem Friseursalon spielen - oder vielleicht im Späti? Lari von Lari und die Pausenmusik. Foto: Ben Kriemann
Wür­de gern auch mal in einem Fri­seur­sa­lon spie­len – oder viel­leicht im Späti? Lari von Lari und die Pau­sen­mu­sik. Foto: Ben Kriemann

Was erwar­tet das Publi­kum beim ange­kün­dig­ten Film: Wird das eine Lie­bes­ko­mö­die oder ein Action Film?

Lari: Wir sind sehr stolz und dank­bar, die­se Film­idee mit der Manu von MMK­filmt gemein­sam umzu­set­zen. Wir wis­sen aktu­ell noch gar nicht was es wird, wir durf­ten ges­tern den ers­ten Schnitt der ers­ten zwei Minu­ten sehen – ich sage nur: ganz gro­ßes Kino! Nee, im Ernst, es ist der Ver­such von uns, den Men­schen mal auf­zu­zei­gen, was alles an einer Kapel­le wie LudP hängt, und nicht auf der Büh­ne stattfindet. 

Wenn mal liest: „Boah, die bekom­men 500 Euro für das Kon­zert“, ist der Neid oft groß. Erzählt man aber, dass wir ein­mal in der Woche regel­mä­ßig für vier Stun­den pro­ben, dass wir Mie­te zah­len, dass wir tech­ni­sche Mate­ria­li­en und Co. regel­mä­ßig finan­zie­ren müs­sen, dass wir Ein­nah­men durch die Anzahl der Musi­zie­ren­den und der Band­kas­se zu glei­chen Tei­len tei­len, dass wir lau­fen­de Kos­ten haben für zum Bei­spiel Web­hos­ting, dass wir tage­lang auf der Auto­bahn, im Zug sind, nicht an unse­ren Liebs­ten dran sind, dann beginnt man viel­leicht zu ver­ste­hen, wie­so ein „gut bezahl­ter Gig“ sehr rela­tiv ist… Manu ver­folgt und beglei­tet uns schon eine Wei­le, ich bin sehr gespannt und freue mich end­lich mich selbst als Action­held auf der Lein­wand zu bewundern …

Wie­so zieht es Euch mit den Kon­zer­ten immer wie­der in den Wed­ding, was ist für Euch das beson­de­re an unse­rem Stadtteil?

Lari: Also zunächst, Wed­ding ist mei­ne Hei­mat, ich bin hier auf­ge­wach­sen, woh­ne jetzt mit mei­ner eige­nen Fami­lie hier, und bestimmt ist der Wed­ding schon irgend­wie in mei­ne DNA über­ge­gan­gen. Egal wo wir spie­len, in Hes­sen, neu­lich in Baden-Würt­tem­berg oder in Moa­bit drü­ben auf der ande­ren Sei­te der Put­litz­brü­cke – immer spricht uns wer an, dass er frü­her im Wed­ding gewohnt habe, dass sei­ne Kin­der nun dort wohn­ten, dass sei­ne Lieb­lings­knei­pe, die Arbeits­stel­le (sel­ten!), oder sonst was ihm mit dem Wed­ding ver­bin­det – Wed­ding ist und bleibt der Nabel der Welt!

Wed­ding ist für mich vor allem aber auch die­ses Gefühl der Frei­heit und Tole­ranz. Ey, scheiß egal wie du aus­siehst, ob du im Mini­rock, im Bade­man­tel oder mit preu­ßi­scher Pickel­hau­be auf die Stra­ße gehst – du bist okay, du bist viel­leicht sogar einer von uns, es ist schön das du da bist… Das fin­de ich sonst sel­ten drau­ßen, woan­ders. Klar habe ich hier auch mein star­kes Netz­werk, ken­ne so vie­le Leu­te, Initia­ti­ven, poli­tisch, kul­tu­rell ist der Wed­ding ja schon lan­ge ein hei­ßes Pflas­ter, und hier bin ich gefühlt ganz nah am Zahn der Zeit, bekom­me auch die Zahn­schmer­zen mit, fra­ge mich nachts aufm Heim­weg, ob ich eigent­lich Teil der Lösung oder Teil des Pro­blems des Wed­dings bin… Der Wed­ding ist so mei­ne Scha­blo­ne im Kopf, die ich über ande­re Orte und Men­schen lege, wenn ich mir über­le­ge, ob die Men­schen cool sind, oder wie du es hier eigent­lich fin­dest – Wed­ding, oder Nicht- Wed­ding… Und, man glaubt es kaum, oft ist mehr Wed­ding in ande­ren Orten, Men­schen, Pro­jek­ten als man auf dem ers­ten Ein­druck glau­ben mag.

Lari und die Pausenmusik. Im Vordergrund ist Lari, der Kopf der Band, Weddinger. Foto: MMKfilmt
Lari und die Pau­sen­mu­sik. Im Vor­der­grund ist Lari, der Kopf der Band, Wed­din­ger. Foto: MMKfilmt

Bei Eurer Musik geht es nicht nur um die Musik, es geht auch stark um die Tex­te. Habt ihr eine Bot­schaft an die Welt?

Lari: Ich habe frü­her Punk­rock gemacht, mei­ne Band mit zir­ka 13 Jah­ren hieß „Die Stil­len Den­ker“. Ein gutes Kon­zert war es, wenn der Pogo abging, mensch vor der Büh­ne danach schweiß­nass war, und du im Anschluss an den Gig dich mit all den schö­nen und auf­re­gen­den Men­schen zusam­men besof­fen hast. Es war völ­lig Bana­ne damals, ob ich „Anar­chie“, „Kom­mu­nis­mus“ oder „Wed­ding“ ins Mikro­phon gebrüllt habe, es ging im Pogo­tanz völ­lig unter. Die­se Erfah­rung habe ich lan­ge mit mir her­um­ge­tra­gen, ich lie­be den Punk und die Punk­mu­sik, aber LudP ist ein Gegen­ent­wurf dazu, es soll um Text, Anspra­che, Ansa­ge und Pro­vo­ka­ti­on gehen – ich möch­te gehört wer­den, mit den Tex­ten und The­men der Lie­der. Da muss es dann nicht immer gleich um die gro­ße Welt­re­vo­lu­ti­on gehen, aber ’ne klei­ne Revo­lu­ti­on im All­tag reicht ja auch schon­mal für den Anfang…

Wo probt ihr, wo schreibt ihr neue Lie­der und wel­chen Anteil hat der Wed­ding daran?

Lari: Ich kann nur über das schrei­ben, was mich emo­tio­nal sehr bewegt. Wütend, freu­dig – egal, aber es muss eine Schwin­gung in mir aus­lö­sen. Als ich zum Bei­spiel zum zwei­ten Mal Hans Fal­la­das Roman „Jeder stirbt für sich allei­ne“ gele­sen habe, war ich stark in Emo­tio­nen. Als ich hin­ten im Glos­sar dann noch las, dass das qua­si Nach­barn von mir in der Ams­ter­da­mer Stra­ße waren, muss­te ich dazu ’nen Lied schrei­ben. So geht es mir oft: da ist was, ein The­ma, ’ne Aus­sa­ge, die lan­ge in mei­nem Kopf gärt, und dann set­ze ich mich irgend­wann abends in die Küche wenn die Kids schla­fen, oder auf Rei­sen im Zug, und ver­su­che mich zu einem bestimm­ten The­ma, Gefühl auszukotzen.

Wenn ich dann in die Revi­si­on gehe, liegt da schon meist ein halb fer­ti­ges Stück Text, was von mir geputzt, sor­tiert und erfasst wer­den will. Dann neh­me ich das Ding mit zur nächs­ten Pro­be, oder schick es der Gang vor­ab, und es ent­wi­ckelt sich. Ich den­ke an Lie­der wie „War­um Wil­mers­dorf?“, „Wed­ding bleibt Hart!“, „Wir blei­ben Alle!“, oder eben „Otto und Eli­se“, die haben alle ihren Ursprung in Beob­ach­tun­gen im Kiez, oder aus Gesprä­chen mit akti­ven Men­schen von hier vor Ort, und es gibt ’ne Men­ge Akti­vi­tä­ten und Orga­ni­sa­tio­nen, die ich unter­stüt­zens­wert fin­de oder die ein­fach ’ne echt wich­ti­ge Arbeit hier vor Ort ganz kom­mu­nal machen, da kommt man dann so auf sei­ne Gedanken.

Pro­ben tun wir jeden Diens­tag in einem eige­nen Pro­be­raum, im Her­zen des Wed­dings, in einer christ­li­chen Kir­che. Unser Pro­be­raum ist ein wenig eine Misch­form aus Musik­la­bor, Lager­raum, pri­va­ter Knei­pe, Rück­zugs­ort, krea­ti­vem Mek­ka und ein­fach einem Raum mit häss­li­chen Leucht­stoff­röh­ren an der Decke und einem ziem­lich mar­kan­ten Eigen­ge­ruch. Es ist auch der Fami­lie klar: gehe ich in mei­nen Pro­be­raum, ver­las­se ich, wenn auch nur tem­po­rär, die Kos­mos aus Win­deln wech­seln, Kita Eltern­abend, Ein­kauf, Woh­nungs­putz, Ener­gie­kri­se und Elends­ver­wal­tung, und tau­che in mei­nen ganz inti­men Schutz­be­reich ein, das gilt es zu bewah­ren, und sowas brau­che ich auch!

Eine Fra­ge noch: Was genau ist Pausenmusik?

Lari: Die Pau­sen­mu­sik ist mei­ne Band und Gang, mei­ne Trüm­mer­trup­pe. Zunächst gestar­tet mit Plat­ze und Mar­kus als Über­brü­ckunspro­jekt (Pau­sen­mu­sik) einer krea­ti­ven Pau­se mei­nes dama­li­gen Duos „Das Lari­Fa­ri“ , haben sich mitt­ler­wei­le eini­ge Men­schen unter der Flag­ge der Pau­sen­mu­sik ver­sam­melt, und wir sind ein Stück des Weges gemein­sam gegan­gen. Da ich selbst kein klas­sisch aus­ge­bil­de­ter Musi­ker bin, war und bin ich stets abhän­gig von Men­schen die mei­ne Lie­der und Tex­te musi­ka­lisch beglei­ten, ver­edeln und mit mir gemein­sam aus Schei­ße Gold machen – die Pausenmusik.

Das sind Lari und die Pausenmusik

Lari und die Pau­sen­mu­sik besteht aktu­ell aus vier Musi­kern. Neben Lari, Tex­ter und Motor der Band, spielt nun über vie­le Jah­re Teds die Strom­gi­tar­re. Den Bass bedient die treue See­le und der begeis­ter­te Son­nen­bril­len-Samm­ler Wan­ja. Der Job am Schlag­werk ist eben­falls wie­der fest besetzt. Live wer­den die drei von Mimi W. aus Lübeck unterstützt.

Kar­ten für das Kino­kon­zert im Cine­plex Alham­bra am 26. Novem­ber um 19 Uhr gibt es online über die Web­sei­te des Kinos. 

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