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Kindergärten im Brunnenviertel

26. Mai 2014

kita1Seit Anfang 2014 gibt es auf der Lan­des­web­sei­te www.berlin.de eine Such­mög­lich­keit nach frei­en Kita­plät­zen (Klick auf grau­en But­ton „Freie Plät­ze suchen“). Außer­dem kann neu (seit Früh­jahr 2014) der Kita­gut­schein, der die Bezah­lung regelt, online bean­tragt wer­den, was eini­ge Wege spart. Anlass für Autor And­rei Schnell die Kin­der­gär­ten im Brun­nen­vier­tel zu zählen.

Warum gibt es überhaupt Kindergärten?

Vor fast schon 150 Jah­ren, also Sicht mei­ner drei Kin­der unge­fähr zur Rit­ter­zeit, wur­de ein Kanz­ler, der auf sei­ne adli­ge Her­kunft doch sehr stolz war, erpresst. Tu was in der sozia­len Fra­ge oder wir armen Schlu­cker orga­ni­sie­ren uns. Also erfand der Kanz­ler die Ren­ten­ver­si­che­rung. Unter ande­rem. Aber weil er nicht woll­te, dass die Steu­er­zah­ler, also auch Adli­ge, die­se bezah­len müs­sen, sag­te er: Aber ihr armen Schlu­cker bezahlt sie hübsch selbst. Und so bis heu­te geblie­ben. Und bis heu­te heißt auch immer wie­der: Wir brau­chen Kin­der, wer soll sonst arbei­ten, um die schö­ne Ren­te zu bezah­len? Und sieh da, prompt bekom­men die Men­schen Kin­der. Und dann kommt es zu der gro­ßen Fra­ge: Wohin denn nun mit ihnen? Etwa drei Jah­re lang zu Hau­se betreu­en wie die bay­ri­schen Haus­frau­en? Wie lang­wei­lig! Wer soll das aus­hal­ten? Die Lösung heißt: Kin­der­gar­ten! Ab einem Alter von 12 Mona­ten kann man sein Kind ablie­fern und wird man dort nicht auch so freund­lich emp­fan­gen mit den Wor­ten: „Frü­her wur­den die Kin­der ja nur ver­wahrt, heu­te arbei­ten wir nach dem Ber­li­ner Bildungsprogramm“.

Kindergarten immer die richtige Entscheidung?

kita2Nach­dem mei­ne drei Kin­der durch­weg unge­eig­net für den Kin­der­gar­ten waren, bin ich kein gro­ßer Freund der Erfin­dung Kin­der­gar­ten. Das hat man sicher schon gemerkt. Tages­müt­tern und ande­ren Klein­grup­pen kann ich für ein- bis drei­jäh­ri­ge akzep­tie­ren. Am bes­ten wäre es natür­lich, wenn die Oma täg­lich kom­men könn­te (wenn die nicht eine bay­ri­sche Haus­frau wäre, mit so merk­wür­di­gen Ansich­ten manchmal).

Aber gut, las­sen wir per­sön­li­che Befind­lich­kei­ten, Kin­der­gär­ten sind nun ein­mal das The­ma. Schau­en wir uns im Brun­nen­vier­tel um, wo ich woh­ne. Wo kön­nen in die­sem Kiez Kin­der klein­kind­ge­mäß gebil­det werden?

Suche eines Kindergartens

Die Suche auf der Sei­te der Senats­ver­wal­tung ergibt für das Brun­nen­vier­tel 16 Tref­fer.  (Dort kann man den Kita­gut­schein – wich­tig für die Kos­ten­über­nah­me – online bean­tra­gen). Die eben­falls die­ses Jahr gestar­te­te Frei­platz­bör­se (Klick auf But­ton Freie Plät­ze) wirft für das Brun­nen­vier­tel mit Datum 2. Mai kei­ne frei­en Plät­ze aus. Man wird trotz Bör­se auch im Brun­nen­vier­tel Klin­ken put­zen gehen müssen.

Liste für das Brunnenviertel – Kleine Träger

kita3Wer Eigen­in­itia­tiv-Kitas mag, weil dort die Grup­pen klein sind und die Chan­ce recht hoch ist, dass das erar­bei­te­te päd­ago­gi­sche Kon­zept nicht als büro­kra­ti­sche Erschwer­nis, son­dern als Anlei­tung für den All­tag ver­stan­den wird, der geht zu Omas Gar­ten e.V. (mit 76 Plät­zen nicht mehr ganz klein), zum neu eröff­ne­ten Brun­nen­gar­ten des Haupt­stadt­kin­der e.V., Wal­dorf-Kin­der­gar­ten Ber­lin-Wed­ding e.V. oder zum Mau­er­spech­te e.V.

Wer christ­lich gebun­den ist, hat es leich­ter. Die Aus­wahl ist gering. Ers­te Adres­se ist hier: Kita der Katho­li­schen Kir­chen­ge­mein­de St. Sebas­ti­an bezie­hungs­wei­se die Evan­ge­li­sche Kita am Hum­boldt­hain. Eine aus­drück­lich isla­mi­sche Kin­der­gär­ten gibt es Stand Mai 2021 eine: die Kita Son­nen­schein.

Wer es pri­vat mag, bevor­zugt die phor­mi­nis. Dann kann das Kind – natür­lich immer gegen Gebühr – über die Schu­le zur Fach­hoch­schu­le einen guten Teil sei­nes Lebens im glei­chen Gebäu­de verbringen.

Im Unter­schied zu pri­vat­wirt­schaft­li­chen Trä­gern gibt es auch freie Trä­ger, die ein bestimm­tes Kon­zept ver­fol­gen. Hier gibt es den Trä­ger TÜDESB Bil­dungs­in­sti­tut Ber­lin-Bran­den­burg e.V. (steht TÜDESB für Tür­kisch-Deut­scher-Schul­bund ?), bekannt als Betrei­ber – ich sage mal lax – tür­ki­scher Grund­schu­len und Gym­na­si­en (dabei nicht unum­strit­ten bzw. auch hier kri­tisch Deutsch-Tuer­ki­sche-Pri­vat­schu­len). Im Brun­nen­vier­tel wird die Kita Kin­der­pa­ra­dies betrieben.

Große Täger

Unum­strit­ten dürf­ten der lan­des­ei­ge­ne Trä­ger Kin­der­gär­ten City sein. Er bie­tet die Kita Acker­stra­ße (kein ein­falls­rei­cher Name) und die Kita Ram­ler­stra­ße (auch kein ein­falls­rei­cher Name) an. Eben­falls zwei Kiten betreibt der Trä­ger Pfef­fer­werk. Pfef­fer­werk ist bekannt als Kul­tur­trä­ger und hat sei­nen Ver­wal­tungs­sitz in der Schön­hau­ser Allee. Die Kiten im Brun­nen­vier­tel sind: Kita Watt­stra­ße und Kita Sternenhimmel.

Ein Big Play­er mit zahl­rei­chen Kiten in Wed­ding und Gesund­brun­nen ist Kin­der in Bewe­gung gGmbH Gemein­nüt­zi­ge Kin­der­gar­ten-Trä­ger­ge­sell­schaft des Ber­li­ner Sports . In der Wol­gas­ter Stra­ße ver­fügt die Gesell­schaft über ein Haus mit 180 Kin­dern, die gegen Auf­preis alle Schwim­men ler­nen. Eben­falls groß in Ber­lin ist die Arbei­ter­wohl­fahrt mit ihren zahl­rei­chen Kreis­ver­bän­den. Die Kita Rosa Mar­zi­pan gehört zu die­sem Verein.

Ausreichend Kitas?

Aber man darf auch eine eige­ne Kita grün­den. In den 90er Jah­ren waren die Eigen­in­i­ta­tiv-Kitas hoch im Kurs. Heu­te muss man Trä­ger wer­den – als Ver­ein am bes­ten und schau­en wie man in das Pro­gramm „Auf die Plät­ze, Kitas, los!“ – Lan­des­pro­gramm Kita-Aus­bau 2012–2015 gelangt. Der Bedarfs­at­las zeigt für den Bezirk Mit­te die Regi­on Moa­bit West als unter­ver­sorgt an. Das Brun­nen­vier­tel gilt als Regi­on gut ver­sorgt, bei einem Betreu­ungs­über­an­ge­bot (PDF 2014 nicht mehr ver­füg­bar, hier PDF 2017) trotz stei­gen­der Kinderzahlen)

Der Bedarfs­at­las berück­sich­tigt natür­lich nur die Kin­der­zah­len aus dem Brun­nen­vier­tel, nicht die Nach­fra­ge nach Plät­zen aus den benach­bar­ten Bezir­ken. Böse Zun­gen behaup­ten ein­fach, für Brun­nen­viert­ler wird es immer schwe­rer einen Kita­platz im Kiez zu bekom­men. Aber ob das stimmt?

Schwer zu beant­wor­ten ist natür­lich die Fra­ge, wel­che Kita nun die bes­te ist. Dabei ist die Fra­ge gar nicht so wich­tig, weil nicht Eltern ent­schei­den, son­dern das Schick­sal in Form der War­te­lis­te. Man soll­te aber schon dar­auf ach­ten, ob die Kita über Jahr­gangs­mi­schung hin­aus auch in offe­ne Grup­pen orga­ni­siert ist. Dann sind näm­lich 30 bis 40 Kin­der in einer Grup­pe mit vier Erzie­hern, die dann am Ende selbst nicht mehr so genau wis­sen, wer eigent­lich zustän­dig ist. Mit mei­nem kon­ser­va­ti­ven Hin­ter­grund emp­fin­de ich die Orga­ni­sa­ti­ons­form als nicht mehr normal.

Unbe­ant­wor­tet bleibt natür­lich die Fra­ge, ob Hun­de und Kin­der über­haupt in die Stadt gehö­ren. Und man in einer Stadt mit so viel Ange­bo­ten über­haupt Kin­der braucht.

Text: And­rei Schnell, Fotos: Domi­ni­que Hensel

Andrei Schnell

Meine Feinde besitzen ein Stück der Wahrheit, das mir fehlt.

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