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Thematischer Kiezspaziergang zu Verkehrsberuhigung:
Kiezblock Schillerpark: Ja oder nein?

22. Mai 2023
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Soll es im Eng­li­schen Vier­tel und rund um den Schil­ler­park Maß­nah­men zur Ver­kehrs­be­ru­hi­gung geben? Auch für die­ses Wed­din­ger Gebiet gibt es näm­lich die Idee, mit Durch­fahrt­sper­ren den Ver­kehr zu redu­zie­ren. Sie kommt nicht aus dem Bezirks­amt, son­dern wie bei den meis­ten ande­ren Initia­ti­ven die­ser Art aus den Kiezen selbst. Im aktu­el­len Fall hat die SPD Schil­ler­park am Sams­tag, den 13. Mai zu einem Kiez­spa­zier­gang ein­ge­la­den, um die Mei­nung der Anwoh­ne­rin­nen und Anwoh­ner zu dem Vor­ha­ben Kiez­block zu hören. Ver­gleicht man den Spa­zier­gang mit denen der ande­ren Kiez­blo­ckinitia­ti­ven (etwa im Anton­kiez, im Brüs­se­ler Kiez oder im Bel­ler­mann­kiez) war die Ver­an­stal­tung eher ungewöhnlich.

Diskussion mit Anwohnenden in der Glasgower Ecke Dubliner Straße. Foto: Hensel
Dis­kus­si­on mit Anwoh­nen­den in der Ecke Glas­gower und Dub­li­ner Stra­ße. Foto: Hensel

Im Rah­men des Kiez­spa­zier­gangs wur­den vier Orte in dem Vier­tel im Nor­den des Wed­ding besucht, für die in einem ers­ten Kiez­block-Ent­wurf Dia­go­nal- oder Quer­sper­ren ent­ste­hen könn­ten. Dort, wo sich Glas­gower und Ofe­ner Stra­ße kreu­zen, an der Ecke Glas­gower und Dub­li­ner Stra­ße, an der Ein­mün­dung der Bris­tol­stra­ße in die Dub­li­ner Stra­ße sowie am Schil­ler­park-Park­ein­gang in der Bris­tol­stra­ße in Höhe der Oxfor­der Stra­ße sind im Plan Sper­ren geplant, die den Ver­kehr in eine bestimmt Rich­tung len­ken und redu­zie­ren sollen.

Ein­ge­la­den hat­te die Abtei­lung der SPD mit Pla­ka­ten an den Haus­tü­ren in den betrof­fe­nen Stra­ßen. Sechs Men­schen aus dem Kiez haben die­se Pla­ka­te moti­viert, zu der Ver­an­stal­tung zu kom­men. Min­des­tens genau­so vie­le Mit­glie­der und Politiker:innen der Par­tei selbst kom­plet­tier­ten die Run­de. „Wir wol­len wis­sen: Wie ist über­haupt die Mei­nung der Leu­te? Fin­den die das hier gut, fin­den die das schlecht?“, erklär­te Gui­do Roh­mann die Idee des Spa­zier­gangs. Es gebe kei­ne fer­ti­gen Plä­ne in der Schub­la­de, die nur noch umge­setzt wer­den müss­ten. Man wol­le auf kei­nen Fall, „dass jemand das Gefühl bekommt, hier wird einem was vorgesetzt“.

Mit Plakaten an den Haustüren wurde zum Kiezspaziergang eingeladen. Foto: Hensel
Mit Pla­ka­ten an den Haus­tü­ren wur­de zum Kiez­spa­zier­gang ein­ge­la­den. Foto: Hensel

Die Ver­an­stal­tung war auf einen Dia­log mit den Anwoh­nen­den aus­ge­legt und das Kon­zept ging auf. Wäh­rend bei ande­ren Ver­an­stal­tun­gen die­ser Art nur Unterstützer:innen von Kiez­blocks ver­sam­melt gewe­sen sind, war das Ver­hält­nis hier unge­fähr aus­ge­gli­chen. Die Hälf­te der Anwe­sen­den aus dem Kiez zeig­ten sich sehr froh über Maß­nah­men zur Ver­kehrs­si­cher­heit. Dar­un­ter war auch ein älte­res Paar, die Frau hat eine Seh­be­hin­de­rung, das sich über jede vor­ge­schla­ge­ne Ver­kehrs­be­ru­hi­gung freu­te. Die ande­re Hälf­te waren Men­schen, die die Beschnei­dung des Auto­ver­kehrs gene­rell ablehn­ten. Beson­ders dis­ku­tier­freu­dig war hier ein Berufs­kraft­fah­rer, der berich­tet, dass er mit sei­nem Abschlepp­wa­gen ber­lin­weit immer schwe­rer um die Ecken kom­me und es schwe­rer wer­de, einen Park­platz für sein Fahr­zeug zu finden.

An der Ecke Glasgower und Ofener Straße könnte eine Diagonalsperre für Verkehrsberuhigung sorgen. Foto: Hensel
An der Ecke Glas­gower und Ofe­ner Stra­ße könn­te eine Dia­go­nal­sper­re für Ver­kehrs­be­ru­hi­gung sor­gen. Foto: Hensel

Ein Pas­sant, der sich kurz in die Dis­kus­si­on ein­klink­te, fand, dass ande­re Pro­ble­me viel wich­ti­ger sei­en. Er kri­ti­sier­te die Situa­ti­on rund um in der Mül­lerstra­ße cam­pie­ren­de Obdach­lo­se und die Sau­ber­keit im Kiez all­ge­mein. „Küm­mert Euch lie­ber dar­um!“, rief er. Die Politiker:innen ver­spra­chen, sich auch die­ses The­mas anzu­neh­men. Die gro­ße Poli­tik lässt auch im Klei­nen die Gefüh­le auf­wal­len, das zeig­te sich auch bei die­sem Spa­zier­gang. So fie­len Stich­wor­te wie die auto­freie Fried­rich­stra­ße, auto­fah­rer­feind­li­che sowie Ver­bots-Poli­tik auch beim Kiez­spa­zier­gang im Eng­li­schen Vier­tel. Gui­do Roh­mann fun­gier­te dabei als guter Mode­ra­tor, sorg­te für einen ruhi­gen Aus­tausch auch gegen­sätz­li­cher Meinungen.

Einen kon­struk­ti­ven Teil hat­te der Kiez­spa­zier­gang auch. So waren sich die Teil­neh­men­den, Gegner:innen wie Befür­wor­ten­de, beim genau­en Betrach­ten der kon­kre­ten Ideen vor Ort schnell einig, dass eine an der Ecke Glas­gower und Dub­li­ner Stra­ße avi­sier­te Dia­go­nal­sper­re anders­her­um als vor­ge­schla­gen ste­hen soll­te. Auch bei einer Beru­hi­gung der Bris­tol­stra­ße am Ein­gang des Schil­ler­parks an der Oxfor­der Stra­ße hat­ten die Betei­lig­ten Anmer­kun­gen und Vor­schlä­ge. Ins­be­son­de­re im Som­mer, wenn die Plat­sche in Betrieb sei, sei mit einem Par­ken in zwei­ter Rei­he zu rech­nen und der Grün­strei­fen direkt am Park bräuch­te einen Schutz vor Falschparkenden.

Ein erster Plan mit Ideen für einen Kiezblock im englischen Viertel und am Schillerpark. Foto: Hensel
Ein ers­ter Plan mit Ideen für einen Kiez­block im eng­li­schen Vier­tel und am Schil­ler­park. Foto: Hensel

„Man merkt, es wird etwas getan, ihr küm­mert euch drum“, resü­mier­te eine befür­wor­ten­de Teil­neh­me­rin am Ende der Run­de. Dass der Ver­kehr auf den Haupt­stra­ßen dann aber auch flie­ßen müs­se, wenn in den Kiezen weni­ger durch­ge­fah­ren wer­den soll, merk­te ein ande­rer Teil­neh­mer an. Der Berufs­kraft­fah­rer sag­te: „Ich bin immer noch dage­gen. Ich sehe es aber teil­wei­se ein, es ist ein­fach zu viel in Ber­lin. Aber es geht immer nur gegen Auto­fah­rer.” Gui­do Roh­mann von der SPD fass­te es so zusam­men: „Die Ver­kehrs­si­tua­ti­on im Kiez ist nicht so rich­tig zufrie­den­stel­lend, da sind sich alle einig. Man hat sich so ein­ge­rich­tet, sucht sich sei­ne Schleich­we­ge, aber gut es ist nicht“. Des­halb set­ze sich auch die SPD für Ver­kehrs­be­ru­hi­gung ein.

Bei die­sem Spa­zier­gang war zu spü­ren, dass auch auf Sei­ten der Par­tei die Mei­nung zu Kiez­blocks nicht ganz ein­heit­lich ist. Auch hier gibt es offen­bar sehr offen­siv Befür­wor­ten­de und eher skep­tisch Abwar­ten­de. Zu den Befür­wor­ten­den gehör­te auch Mathi­as Schulz, der als Wahl­kreis­ab­ge­ord­ne­ter für die SPD im Ber­li­ner Abge­ord­ne­ten­haus sitzt. „Die Men­schen wol­len ja alle mobil sein, aber es sind zu vie­le Autos in der Stadt. Die gro­ße Mas­se muss in den ÖPNV“, sag­te er. Grund­sätz­lich stimm­ten ihm alle zu. Wer am Ende aber wirk­lich auf die Öffis umstei­gen oder zuguns­ten von Ver­kehrs­be­ru­hi­gung aufs Auto ver­zich­ten wür­de, steht aber ganz offen­sicht­lich auf einem ande­ren Blatt.

Der SPD-Orts­ver­ein will nun die Bürger:innenmeinungen aus­wer­ten. „Im nächs­ten Schritt wird es auf jeden Fall eine Ver­kehrs­zäh­lung geben“, erklär­te Gui­do Roh­mann. Außer­dem ist eine Online-Peti­ti­on ein­ge­rich­tet wor­den. Hier kön­nen alle, die einen Kiez­block Schil­ler­park unter­stüt­zen, unter­schrei­ben. Even­tu­ell soll es wei­te­re öffent­li­che Ver­an­stal­tun­gen wie am 13. Mai zu den Kiez­block-Plä­nen geben. Kon­takt zur SPD Schil­ler­park wegen des Kiez­blocks ist per E‑Mail unter [email protected] möglich.

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Der Text ent­stand in Zusam­men­ar­beit mit der Wed­din­ger All­ge­mei­nen Zei­tung (–> E‑Paper), der gedruck­ten Zei­tung für den Wed­ding. Autorin ist Domi­ni­que Hen­sel. Wir dan­ken dem RAZ-Verlag!

4 Comments Leave a Reply

  1. Der Berufs­kraft­fah­rer ist wit­zig. Natür­lich geht es gegen Autos, natür­lich wird es für euch schwe­rer, das ist der gan­ze Sinn und Zweck der Vekehrs­wen­de. 100 Jah­re lang ging alles nur ums Auto. Und immer­noch neh­men Autos trotz aller Mass­nah­men den mit Abstand meis­ten Raum ein. Auch Hand­wer­ker und so kön­nen auf Las­ten­rä­der oder kom­pak­te­re Fahr­zeu­ge umstei­gen. Und es könn­te mehr Hal­te­buch­ten geben. Aber kate­go­risch gegen egal was zu sein was gegen die ulti­ma­ti­ve Domi­nanz von Autos geht, die Zei­ten sind vorbei.

    • Klar 🙂
      Haben Sie jemals in ein sog. “Hand­wer­ker-Fahr­zeug” rein­ge­schaut. Dies sind (bspw. bei Instal­la­teu­ren und Elek­tro­diens­ten) teil­wei­se kom­plett ein­ge­rich­te­te Werk­stät­ten. Hin­zu kom­men die neu ein­zu­bau­en­den (Ersatz-)Teile!
      Dar­über­hin­aus ist es der der­zei­ti­gen Situa­ti­on geschul­det, dass Hand­wer­ker für den Auf­trag quer durch die gan­ze Stadt fah­ren müs­sen! Soll jetzt jemand aus Tem­pel­hol mit dem Las­tenrd in den Wed­ding kommen…
      Die Idee, das Hand­wer­ker mit dem Las­ten­rad kom­men sol­len, ist bereits im Ansatz lächerlich.

    • Hal­lo Jan

      der Berufs­fah­rer ist nicht wit­zig, er spricht höchst­wahr­schein­lich aus Erfahrung.

      Hand­wer­ker und Las­ten­rä­der… nun ja nur bei Klein­auf­trä­gen, aber Jan ist bestimmt kein Hand­wer­ker wenn er so redet. Wer auf dem Bau gear­beit hat , der weis was es heißt Kabel­trom­mel, Lei­ter, Werk­zeug und einen Ring Kabel zuschleppen.

      Ob das was hier in einer Mili­o­nen­stadt wie Ber­lin ziel­füh­rend sein wird und nun mit der Brech­stan­ge als Ver­kehrs­wen­de ver­sucht wird durch­zu­set­zen, wird sich noch herausstellen.

      Eines ist sicher , das Kli­ma wird dadurch nicht gerettet.…

      son­ni­ge Woche noch

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