Deutschland ist ein Sozialstaat, dessen demokratische Grundidee die Gleichheit aller Menschen beinhaltet. Dass diese Idee immer noch nicht der Realität entspricht, wurde gerade in der Pandemie besonders deutlich. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist gewachsen. Die soziale Ungleichheit verfestigt sich. Der soziale Status und damit auch die Bildung eines Kindes hängt nach wie vor stark vom Elternhaus ab. Schüler:innen aus sozial benachteiligten Familien oder mit Einwanderungshintergrund haben weniger Chancen auf eine gute Bildung. Manche schaffen dennoch den „sozialen Aufstieg“. Was brauchen Kinder, um diese Chance zu bekommen?
Genau diese Frage stellten sich Sinem und Gloria, die Gründerinnen von kein Abseits! e.V., die beide aus Familien mit Einwanderungshintergrund kommen. Sie reflektierten ihre eigene Geschichte und kamen zu dem Schluss: Für eine erfolgreiche Integration brauchen Kinder Vorbilder. Sie brauchen Menschen, die sie an die Hand nehmen und in ihren Interessen fördern. Beide hatten Personen in ihrem Umfeld, die sie unterstützten und ihren Lebensweg begleiteten. So gründeten sie 2011 den Verein kein Abseits! e.V. Sie starteten ihr Engagement mit einem Mentoringprogramm und mit Fußball-AGs für Mädchen, da beide aktive Sportlerinnen waren. Seitdem hat sich der Verein vergrößert. Inzwischen kümmern sich über 20 hauptamtlich Mitarbeitende um Koordination und Durchführung verschiedenster Projekte. Auch das Angebot ist mittlerweile vielfältiger geworden: Neben dem Mentoring und den Fußball-AGs gibt es Jugendengagement, viele Sport- und Erlebnisangebote, ein Spielemobil und einen Kinder- und Jugendclub.
1:1 für mehr Gerechtigkeit
Als Mentor:in begleitet eine ehrenamtliche Person ein Grundschulkind im Alter zwischen 8 – 12 Jahren für acht Monate. In dieser Zeit unternimmt man einmal die Woche etwas mit seinem Mentee. Es geht einerseits darum, dem Kind neue Perspektiven zu eröffnen, indem man in einer 1:1 – Betreuung neue Freizeitaktivitäten und Interessen entdeckt. Andererseits geht es um den Aufbau einer guten und verlässlichen Beziehung, in der man voneinander lernt. Für Aktivitäten gibt es zwar genug Geld, um sich hin und wieder einen Blockbuster zu gönnen. Doch nicht alle Aktivitäten können im Zoo oder im Kino stattfinden. Manchmal besteht ein Nachmittag vielleicht auch daraus, mit dem Kind und dessen Familie zu backen, zu basteln oder Spiele zu spielen. So lernt auch der:die Mentor:in neue Lebensrealitäten kennen. Was genau unternommen wird, entscheiden Mentor:in und Mentee natürlich selbst (Das Jumphouse besuchen übrigens fast alle einmal.)
Positive Vorbilder für eine bessere Zukunft
Obwohl das Mentoring in der Freizeit stattfindet, entsteht ein Prozess des außerschulischen Lernens. Die Idee ist, dass eine Art Lernbeziehung zwischen zwei Menschen entsteht, bei der beide bereit sind, diese längerfristig aufrechtzuerhalten. Eine Person ist dabei diejenige, die mehr Erfahrungen mitbringt und als positives Vorbild dient. Genau diese Vorbilder fehlen vielen Kindern und Jugendlichen. kein Abseits e.V. hat das Ziel, positive Vorbilder an Kinder heranzuführen, damit diese über ihre Milieugrenzen hinweg Neues erleben dürfen und ein starkes Selbstbewusstsein entwickeln können.
„Erfolg ist, wenn die Kinder mit einem gestärkten Selbstbewusstsein durch die Welt gehen.“ (Alena von kein Abseits e.V.)
Wenn Kinder frühzeitig Unterstützung bekommen, entwickeln sie eine höhere Resilienz und ein größeres Selbstbewusstsein. Dies sind zwei wichtige Grundpfeiler der Persönlichkeitsentwicklung, denn so geraten sie seltener ins Abseits und können lernen ihren Lebensweg selbstbestimmt zu gestalten. Um die Erfolge des Kindes nachvollziehen zu können, führen Mentor:in und Mentee während der acht Monate gemeinsam Tagebuch, in dem sie alle Erlebnisse festhalten. Am Ende des Mentorings gibt es – genau wie am Anfang – ein großes Fest für alle, die Teil des Programmes waren. Danach können sich alle neu entscheiden, ob sie sich weiterhin treffen möchten. Dafür bietet kein Abseits e.V. ein Fortsetzungsprogramm an. Tatsächlich bleiben fast alle miteinander in Kontakt. Ein Drittel aller Teilnehmenden führt das Mentoring fort. Wie erfolgreich das Mentoring ist, zeigt sich darüber hinaus auf anderer Ebene: dem Jugendengagement von kein Abseits e.V.. In diesem Bereich können sich Jugendliche im Verein engagieren. Besonders aktiv sind hier ehemalige Mentees.
Für das Mentoringprogramm werden aktuell noch Freiwillige gesucht: Wer einem Kind aus Reinickendorf als Mentor:in bei einem erfolgreichen Lebensweg zur Seite stehen will, kann sich hier informieren.
Oder hier:
kein Abseits! e.V.
Fehmarner Straße 12
13353 Berlin
Tel.: 030 – 4 90 86 886
(Tel. Erreichbarkeit:
Di – Fr von 10 – 18 Uhr)