Rahel Savoldelli legt aktuell mit „Sie ist reif“ ein etwa 124-seitiges Buch vor, das Sachbuch und Ratgeber in einem zum Thema Sterbebegleitung und dem Mutmachen zur Begegnung mit dem Tod ist.
Sie beschreibt in zehn Kapiteln ihr eigenes Aufwachsen und Werden und zudem die Auseinandersetzung mit der letzten Krankheit der Mutter; daneben in weiteren zehn Kapiteln die ihr dabei Rat und Unterstützung gebenden Berliner Institutionen und Berufspersonen. Sie begreift die dann tägliche Begleitung ihrer Mutter in den letzten Monaten vor deren Tod als einen Prozess des Abschiednehmens und des Verlustes und ebenso eine Chance zu erneutem persönlichen Wachstum. Sie hat diese verbleibenden Monate mit der Mutter in Phasen in ihren Details genau beschrieben, mit allen Zweifeln und Emotionen.

Rahel Savoldelli Foto: Renate Straetling
Was hat dich emotional an deine Mutter gebunden? Und was hat dich bewogen, deine Mutter beim Sterben zu begleiten?
Rahel Savoldelli Ich lebte 19 Jahre mit meiner Familie, kam dann nach Berlin und lebe seither hier. Ehrlich gesagt, war es überhaupt keine Frage, die Mutter bei ihrer letzten Krankheit zu begleiten.
Sie war mit 69 Jahren noch eher zu jung zum Sterben. Aber es kam so, und dass meine Mutter sich zuvor Berlin als Wohnort ausgesucht hatte, war ein guter Umstand für mich war, sie täglich zu unterstützen.
Wann bist du ihr zu Hilfe gekommen?
Rahel Savoldelli Der Prozess bis zum Tod, den ich beschreibe, umfasst neun Monate, auch ein Zeitraum, der mit der Dauer einer Schwangerschaft vergleichbar ist. Sie erhielt eine Diagnose, von der sicher war, dass die Krankheit zum Tod führen wird und seitdem war ich täglich bereit für sie.
Was stellst du in dem Buch dazu dar? Alles? Was nicht?
Rahel Savoldelli Das Buch erzählt von der emotionalen Reise durch verschiedene Lebensphasen: vom anfänglichen Widerstand, die eigene kranke Mutter zu pflegen, über Kindheitserinnerungen an norwegische Trolle und fliegende Pfannkuchen bis hin zum Ringen mit festgefahrenen Beziehungsmustern und einem verzweifelten Theaterprojekt im JobCenter Neukölln.



Wer noch konnte in dieser Zeit für deine Mutter sorgen?
Rahel Savoldelli Für meine Mutter und ihre Freundschaften in z. B. Italien und Norwegen, wo sie lange im Norden lebte, war das Sterben in der der Coronazeit sehr schade, denn die Freunde aus diesen Ländern konnten aufgrund der Lockdowns gar nicht reisen.
So war ich der einzige Mensch, den sie hatte. Die Coronazeit und die harten Anforderungen an die Versorgung der Patienten, vor allem die alten, beschreibe ich nicht näher; das wurde schon oft publiziert.
Du hast deine Reflexionen in dem Text dargelegt und hast in der Zeit auch einen Podcast gemacht, den du mit ihr absprachst.
Rahel Savoldelli Ich hatte spontan das Bedürfnis, da war sie noch eher munter, sie zu interviewen. Wir sprachen über Kunst ( sie war Malerin) und das Sterben. Zu ihrer Angst vor dem Tod gefragt, antwortete sie: „Ich habe nichts dagegen geboren worden zu sein, und ich habe nichts dagegen zu sterben!“ Mich hat ihre Leichtigkeit und Abgeklärtheit beeindruckt.


Welche gemeinsamen Erlebnisse hattet ihr dabei?
Rahel Savoldelli Bis drei Tage vor ihrem Tod habe ich mich mit ihr ausgetauscht. Als ich ihr erzählte, dass ich eine wohltuende Shiatsu-Massage hatte, hat auch sie dann dies für sich eingefordert.
Franziska Dietrich hat sich auf Hospitzarbeit spezialisiert. Ihre Finger gaben ganz sachte eine Druck im Schulterbereich. Sie ermutigte mich auf dem Seiteninstrument welches auf Mammas Bauch lag zu spielen (Körpertambura). Der harmonische Klang wirkte entspannend. Ihre Atmung wurde tiefer. Sie sinkt in eine neue Dimension.

Rahel Savoldelli Foto Julia Meidel
Warum war es wichtig für dich, das alles auch aufzuschreiben?
Rahel Savoldelli Mir ging es um die Ehrfurcht vor dem Sterben und um die Blicklenkung auf das Wesentliche, nämlich den Mut zur Begegnung mit dem Tod, der mir diesen Verlust bringen würde. Mehr noch um die tiefe Erfahrung, dies im Griff zu behalten und das Gemeinsame zu erleben. Wichtig vor allem erscheint mir, in dieser Situation den Mut zu haben ihr Fragen zu stellen über ihr Leben aber auch über ihre Krankheit. Ich glaube, das war sehr wichtig auch für sie. Für einige Fragen brauchte ich immensen Mut. Beispielsweise: Welches Kleid willst du tragen auf dem Totenbett?
Welche Art der Befreiung wurde dir zuteil?
Rahel Savoldelli Vor dem Tod meiner Mutter habe ich viel geweint, seitdem habe ich keine Tränen mehr. Ich nehme an, dass ich durch das Miterleben des Sterbens einen Zuwachs an Erwachsensein erlebte.
SIE IST REIF ist eine Hymne an das Erwachsenwerden.
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Die Lesung findet statt am 27. Juli 2025 um 18:30 Uhr im Parkcafé Rehberge statt
Hier der Link zum Willkommen-Video auf Instagram
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Was hast du mit deinem Buch voller Weisheiten und Erfahrungen vor?
Rahel Savoldelli Mein Buch möchte ich gern als Grundlage für viele gute Gruppengespräche, Lesungen und Vorträge verwenden, um diese existentielle Erfahrung zu teilen und zu verbreiten. Es soll ein Mutmacher für alle werden, für alle, die andere nahe stehende Personen auf dem letzten irdischen Weg begleiten.
Wann wirst du dein Buch „Sie ist reif“ bei uns im Wedding vorstellen?
Rahel Savoldelli Bald, am Sonntag, den 27. Juli werde ich eine Lesung im Parkcafé Rehberge zu Buch geben und dazu einladen!
Das Gespräch führte Renate Straetling
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Über die Autorin von „Sie ist reif“
“SIE IST REIF” ist ihr erstes Buch.
Savoldelli, Rahel, Sie ist reif, epubli.com, Berlin 2025
ISBN 978−3−819 767−11−1
Rahel Maria Savoldelli lebt seit über zwanzig Jahren in Berlin und arbeitet als Schauspielerin, Regisseurin und Coachin. Sie leitet das “Enttäusche_mich Ensemble”, ein Theaterkollektiv mit langzeitarbeitslosen JobCenter-Kund:innen, die ein Jahr lang täglich mit der Kunst als Bildungsprinzip arbeiten.
Ihre letzte Aufführung fand im Haus der Deutschen Gewerkschaft mit Andrea Nahles als Ehrengast statt, davor inszenierte sie eine “Peer Gynt”- Version auf einer Insel in Nordnorwegen.
Rahel Savoldelli spielte unter anderem bei Constanza Macras’ Dorky Park, gründete mit Anne Tismer das Kollektiv GUTESTUN und war an der Entwicklung des Social Muscle Clubs beteiligt.
Sie ist Biografie-Coachin und macht derzeit eine Weiterbildung zur Familienaufstellerin.
Sie wirkt in der Initiative des Parkcafé in den Weddinger Rehbergen mit.
Links/Hinweise
Lesung „Sie ist reif“ im Parkcafé/Rehberge am 27. Juli 2025
https://parkcafe-rehberge.org/de/events/2025–07
Sie bietet Biografie-Coaching an. Geeignet für Menschen die für ihrem nächsten Schritt, beruflich oder privat, Unterstützung wünschen:
Weitere Infos auf: Webseite https://kernkraft.online/
Instagram
https://www.instagram.com/rahel_kernkraft_coaching?igsh=MXI3dmpwYXFreTRtYQ==
Ich habe das Glück, die Autorin persönlich zu kennen – was für ein wunderbarer Mensch!!!
Und das Buch ist auch schon bestellt 🙂