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Interview mit einer Autorin:
Jemand stirbt, jemand wächst

Zum Buch „Sie ist reif“ zum Thema persönliche Sterbebegleitung
20. Juli 2025
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Rahel Savol­del­li legt aktu­ell mit „Sie ist reif“ ein etwa 124-sei­ti­ges Buch vor, das Sach­buch und Rat­ge­ber in einem zum The­ma Ster­be­be­glei­tung und dem Mut­ma­chen zur Begeg­nung mit dem Tod ist.

Sie beschreibt in zehn Kapi­teln ihr eige­nes Auf­wach­sen und Wer­den und zudem die Aus­ein­an­der­set­zung mit der letz­ten Krank­heit der Mut­ter; dane­ben in wei­te­ren zehn Kapi­teln die ihr dabei Rat und Unter­stüt­zung geben­den Ber­li­ner Insti­tu­tio­nen und Berufs­per­so­nen. Sie begreift die dann täg­li­che Beglei­tung ihrer Mut­ter in den letz­ten Mona­ten vor deren Tod als einen Pro­zess des Abschied­neh­mens und des Ver­lus­tes und eben­so eine Chan­ce zu erneu­tem per­sön­li­chen Wachs­tum. Sie hat die­se ver­blei­ben­den Mona­te mit der Mut­ter in Pha­sen in ihren Details genau beschrie­ben, mit allen Zwei­feln und Emotionen.

Rahel Savol­del­li Foto: Rena­te Straetling

Was hat dich emo­tio­nal an dei­ne Mut­ter gebun­den? Und was hat dich bewo­gen, dei­ne Mut­ter beim Ster­ben zu begleiten?

Rahel Savol­del­li Ich leb­te 19 Jah­re mit mei­ner Fami­lie, kam dann nach Ber­lin und lebe seit­her hier. Ehr­lich gesagt, war es über­haupt kei­ne Fra­ge, die Mut­ter bei ihrer letz­ten Krank­heit zu begleiten.

Sie war mit 69 Jah­ren noch eher zu jung zum Ster­ben. Aber es kam so, und dass mei­ne Mut­ter sich zuvor Ber­lin als Wohn­ort aus­ge­sucht hat­te, war ein guter Umstand für mich war, sie täg­lich zu unterstützen.

Wann bist du ihr zu Hil­fe gekommen?

Rahel Savol­del­li Der Pro­zess bis zum Tod, den ich beschrei­be, umfasst neun Mona­te, auch ein Zeit­raum, der mit der Dau­er einer Schwan­ger­schaft ver­gleich­bar ist. Sie erhielt eine Dia­gno­se, von der sicher war, dass die Krank­heit zum Tod füh­ren wird und seit­dem war ich täg­lich bereit für sie.

Was stellst du in dem Buch dazu dar? Alles? Was nicht?

Rahel Savol­del­li Das Buch erzählt von der emo­tio­na­len Rei­se durch ver­schie­de­ne Lebens­pha­sen: vom anfäng­li­chen Wider­stand, die eige­ne kran­ke Mut­ter zu pfle­gen, über Kind­heits­er­in­ne­run­gen an nor­we­gi­sche Trol­le und flie­gen­de Pfann­ku­chen bis hin zum Rin­gen mit fest­ge­fah­re­nen Bezie­hungs­mus­tern und einem ver­zwei­fel­ten Thea­ter­pro­jekt im Job­Cen­ter Neukölln.

Wer noch konn­te in die­ser Zeit für dei­ne Mut­ter sorgen?

Rahel Savol­del­li Für mei­ne Mut­ter und ihre Freund­schaf­ten in z. B. Ita­li­en und Nor­we­gen, wo sie lan­ge im Nor­den leb­te, war das Ster­ben in der der Coro­na­zeit sehr scha­de, denn die Freun­de aus die­sen Län­dern konn­ten auf­grund der Lock­downs gar nicht reisen.

So war ich der ein­zi­ge Mensch, den sie hat­te. Die Coro­na­zeit und die har­ten Anfor­de­run­gen an die Ver­sor­gung der Pati­en­ten, vor allem die alten, beschrei­be ich nicht näher; das wur­de schon oft publiziert.

Du hast dei­ne Refle­xio­nen in dem Text dar­ge­legt und hast in der Zeit auch einen Pod­cast gemacht, den du mit ihr absprachst.

Rahel Savol­del­li Ich hat­te spon­tan das Bedürf­nis, da war sie noch eher mun­ter, sie zu inter­view­en. Wir spra­chen über Kunst ( sie war Male­rin) und das Ster­ben. Zu ihrer Angst vor dem Tod gefragt, ant­wor­te­te sie: „Ich habe nichts dage­gen gebo­ren wor­den zu sein, und ich habe nichts dage­gen zu ster­ben!“ Mich hat ihre Leich­tig­keit und Abge­klärt­heit beeindruckt.

Wel­che gemein­sa­men Erleb­nis­se hat­tet ihr dabei?

Rahel Savol­del­li Bis drei Tage vor ihrem Tod habe ich mich mit ihr aus­ge­tauscht. Als ich ihr erzähl­te, dass ich eine wohl­tu­en­de Shi­atsu-Mas­sa­ge hat­te, hat auch sie dann dies für sich ein­ge­for­dert.
Fran­zis­ka Diet­rich hat sich auf Hospitz­ar­beit spe­zia­li­siert. Ihre Fin­ger gaben ganz sach­te eine Druck im Schul­ter­be­reich. Sie ermu­tig­te mich auf dem Sei­ten­in­stru­ment wel­ches auf Mam­mas Bauch lag zu spie­len (Kör­per­tam­bu­ra). Der har­mo­ni­sche Klang wirk­te ent­span­nend. Ihre Atmung wur­de tie­fer. Sie sinkt in eine neue Dimension.

Rahel Savol­del­li Foto Julia Meidel

War­um war es wich­tig für dich, das alles auch aufzuschreiben?

Rahel Savol­del­li Mir ging es um die Ehr­furcht vor dem Ster­ben und um die Blick­len­kung auf das Wesent­li­che, näm­lich den Mut zur Begeg­nung mit dem Tod, der mir die­sen Ver­lust brin­gen wür­de. Mehr noch um die tie­fe Erfah­rung, dies im Griff zu behal­ten und das Gemein­sa­me zu erle­ben. Wich­tig vor allem erscheint mir, in die­ser Situa­ti­on den Mut zu haben ihr Fra­gen zu stel­len über ihr Leben aber auch über ihre Krank­heit. Ich glau­be, das war sehr wich­tig auch für sie. Für eini­ge Fra­gen brauch­te ich immensen Mut. Bei­spiels­wei­se: Wel­ches Kleid willst du tra­gen auf dem Totenbett?

Wel­che Art der Befrei­ung wur­de dir zuteil?

Rahel Savol­del­li Vor dem Tod mei­ner Mut­ter habe ich viel geweint, seit­dem habe ich kei­ne Trä­nen mehr. Ich neh­me an, dass ich durch das Mit­er­le­ben des Ster­bens einen Zuwachs an Erwach­sen­sein erleb­te.
SIE IST REIF ist eine Hym­ne an das Erwachsenwerden.

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Die Lesung fin­det statt am 27. Juli 2025 um 18:30 Uhr im Park­ca­fé Reh­ber­ge statt

Hier der Link zum Will­kom­men-Video auf Instagram

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Was hast du mit dei­nem Buch vol­ler Weis­hei­ten und Erfah­run­gen vor?

Rahel Savol­del­li Mein Buch möch­te ich gern als Grund­la­ge für vie­le gute Grup­pen­ge­sprä­che, Lesun­gen und Vor­trä­ge ver­wen­den, um die­se exis­ten­ti­el­le Erfah­rung zu tei­len und zu ver­brei­ten. Es soll ein Mut­ma­cher für alle wer­den, für alle, die ande­re nahe ste­hen­de Per­so­nen auf dem letz­ten irdi­schen Weg begleiten.

Wann wirst du dein Buch „Sie ist reif“ bei uns im Wed­ding vorstellen?

Rahel Savol­del­li Bald, am Sonn­tag, den 27. Juli wer­de ich eine Lesung im Park­ca­fé Reh­ber­ge zu Buch geben und dazu einladen!

Das Gespräch führ­te Rena­te Straetling

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Über die Autorin von „Sie ist reif“

“SIE IST REIF” ist ihr ers­tes Buch. 

Savol­del­li, Rahel, Sie ist reif, epubli.com, Ber­lin 2025 

ISBN 978−3−819 767−11−1

Rahel Maria Savol­del­li lebt seit über zwan­zig Jah­ren in Ber­lin und arbei­tet als Schau­spie­le­rin, Regis­seu­rin und Coa­chin. Sie lei­tet das “Enttäusche_mich Ensem­ble”, ein Thea­ter­kol­lek­tiv mit lang­zeit­ar­beits­lo­sen JobCenter-Kund:innen, die ein Jahr lang täg­lich mit der Kunst als Bil­dungs­prin­zip arbeiten.

Ihre letz­te Auf­füh­rung fand im Haus der Deut­schen Gewerk­schaft mit Andrea Nah­les als Ehren­gast statt, davor insze­nier­te sie eine “Peer Gynt”- Ver­si­on auf einer Insel in Nordnorwegen.

Rahel Savol­del­li spiel­te unter ande­rem bei Con­stan­za Macras’ Dor­ky Park, grün­de­te mit Anne Tis­mer das Kol­lek­tiv GUTESTUN und war an der Ent­wick­lung des Social Mus­cle Clubs beteiligt.

Sie ist Bio­gra­fie-Coa­chin und macht der­zeit eine Wei­ter­bil­dung zur Familienaufstellerin.

Sie wirkt in der Initia­ti­ve des Park­ca­fé in den Wed­din­ger Reh­ber­gen mit.

Links/Hinweise

Lesung „Sie ist reif“ im Parkcafé/Rehberge am 27. Juli 2025

https://parkcafe-rehberge.org/de/events/2025–07

Sie bie­tet Bio­gra­fie-Coa­ching an. Geeig­net für Men­schen die für ihrem nächs­ten Schritt, beruf­lich oder pri­vat, Unter­stüt­zung wünschen:

Wei­te­re Infos auf: Web­sei­te https://kernkraft.online/

Insta­gram

https://www.instagram.com/rahel_kernkraft_coaching?igsh=MXI3dmpwYXFreTRtYQ==

Renate Straetling

Ich lebe seit dem Jahr 2007 in Berlin-Wedding, genauer gesagt im Brüsseler Kiez - und ich bin begeistert davon. Wir haben es freundlich, bunt und ohne Überspanntheit.
Jg. 1955, aufgewachsen in Hessen. Seit dem Jahr 1973 zum Studium an der FU Berlin bin ich in dieser damals noch grauen und zerschossenen Stadt.
Mittlerweile: Sozialforschung, Projekte, Publikationen u. a.

Seit 2011 bin ich auch Selfpublisherin bei www.epubli.com mit fast 60 diversen Titeln. Ich verfasse Anthologien, Haiku, Lesegeschichten, Kindersachbücher und neuerdings einen ökologisch orientierten Jugend-SciFi (für Kids 11+) "2236 - ein road trip in einer etwas entfernteren Zukunft" (Verlagshaus Schlosser, 28.11.22). An der mehr Weltraum-Tech orientierten Fortsetzung arbeite ich derzeit.

Meine Beiträge zu meiner "Kolumne Ü 60" habe ich für alle, die lieber analog lesen, in einem Sammelband zusammengefasst
Renate Straetling
Kolumne Ü 60 - Sommer 2022 – Sommer 2024
Ein Sammelband
Sachbuchformat, 336 Seiten
ISBN: 978-3-759847-6, - Überall im Buchhandel oder online.

Mein Katalog mit allen meinen 60 ePublis in Kurzbeschreibung kann über den folgenden Link heruntergeladen werden
https://renatestraetling.wordpress.com/meine-kindersachbuch-serie/

Mein Wedding-Motte lautet: Unser Wedding: ein großes lebendiges Wimmelbild ernsthafter Menschen!

1 Comment Schreibe einen Kommentar

  1. Ich habe das Glück, die Autorin per­sön­lich zu ken­nen – was für ein wun­der­ba­rer Mensch!!! 

    Und das Buch ist auch schon bestellt 🙂

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