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Engagement an der Prinzenallee:
Ins Kamine! Nicht elitär, aber besonders

6. November 2024

Es heißt, um ein Kind zu erzie­hen, braucht es ein gan­zes Dorf. Und um einen Ort wie das „Kami­ne und Wein“ viel­fäl­tig zu bespie­len, eine gro­ße Grup­pe von Gleichgesinnten.

Wir tref­fen uns in einem mit viel Holz möblier­ten, gemüt­li­chen Raum in der Prin­zen­al­lee. Dahin­ter zwei Zim­mer, die einen Blick in den Gar­ten im Hof gewäh­ren. Moder­ne Kamin­öfen aus schwar­zem Metall unter­strei­chen den Wohn­zim­mer-Cha­rak­ter des Ortes. Ein Ver­ein betreibt die Bar, obwohl das Wort nicht ein­mal ansatz­wei­se beschreibt, was hier alles mög­lich ist: Kunst, Kul­tur, Raum für Töp­fer-Work­shops, Pfad­fin­der­tref­fen, Kon­zer­te – oder ein­fach nur Aus­tausch und Gespräche. 

„Vie­le woh­nen hier, haben aber das Nach­bar­schaft­li­che im Sol­di­ner Kiez vermisst.“

Alex

Mi, eine der Organisator:innen des Ver­eins, erklärt, wie die Idee ent­stan­den ist: „Am Anfang waren es etwa acht Akti­ve. Die wünsch­ten sich einen Ort, wo sie sich tref­fen und Din­ge ver­an­stal­ten kön­nen.“ Unter ihnen war auch Mau­ri­zio. Der kann­te den Ort schon, als es noch ein Kamin­ge­schäft mit Café war. Er schlug vor, par­al­lel zum wei­ter­hin akti­ven Kamin­ge­schäft, das seit der Coro­na-Pan­de­mie geschlos­se­ne Café als Nach­bar­schafts­be­treff wiederzubeleben.

Der wird drin­gend benö­tigt. Mis Ver­eins­kol­le­ge Alex sagt, dass im „Kami­ne“ inzwi­schen vie­le Leu­te anzu­tref­fen sei­en, bei denen man mehr als Hal­lo und Tschüß sagt. „Man freut sich, die Leu­te regel­mä­ßig wie­der­zu­tref­fen.“ Aus dem Freun­des­kreis wur­de eine über 100 Köp­fe zäh­len­de, alters­ge­misch­te Grup­pe von Men­schen aus allen mög­li­chen Berufs­grup­pen. Inzwi­schen ist es sogar ein gemein­nüt­zi­ger Ver­ein. Bei den monat­li­chen Com­mu­ni­ty-Tref­fen frag­te man sich: „Wo wol­len wir hin, was ist das hier? Ist das nur ein Ort, an dem Freun­de chil­len? Oder wol­len wir in beweg­ten Zei­ten etwas tun?“ In die­sem Fall bedeu­tet das: sich für den Zusam­men­halt und die Nach­bar­schaft einsetzen.

„Wir wol­len nicht aus­schließ­lich für eine bestimm­te Art von Men­schen da sein, son­dern ein Ange­bot für alle im Kiez machen“

Mi

Wo sich so vie­le krea­ti­ve und tat­kräf­ti­ge Men­schen zusam­men­tun, wird ein ohne­hin schon gesel­li­ger Ort umso leben­di­ger. Das sieht man auch schon von außen: Vor dem “Kami­ne” fin­det man eine Bank, die zum gemein­sa­men Aus­tausch mit der Gemein­schaft einlädt.

Zurück ins War­me: Im vor­de­ren Raum befin­den sich der Tre­sen und erhöh­te Holz­platt­for­men, von denen aus man direkt das Gesche­hen auf der Prin­zen­al­lee beob­ach­ten kann. Hin­ten sind noch zwei Räu­me, einer groß und mit einem wei­te­ren Kamin und dem Gar­ten­zu­gang, der ande­re eher klein und gemüt­lich mit Sofas und Ses­seln. In die­sen Räu­men ist vie­les mög­lich. „An die­sem Ort kann noch viel geschaf­fen wer­den, auch durch die Unter­stüt­zung von För­der­gel­dern”, sagt Alex. Nächs­te Pro­jek­te wären dabei z.B. der Aus­bau der Toi­let­ten, Bar­rie­re­frei­heit, Ange­bo­te von ver­schie­de­nen Kur­sen oder auch ein­fach neue Werk­zeu­ge. Den Deut­schen Nach­bar­schafts­preis, der mit 2.000 Euro dotiert ist, hat der Ver­ein gera­de gewonnen.

Wie kommt man aber an die Nach­barn her­an, die viel­leicht Hem­mun­gen haben, durch die Ein­gangs­tür zu gehen? „Durch akti­ves Zuge­hen auf die Leu­te“, sagt Mi. Zu Inklu­si­on gehört für sie näm­lich auch, den Zugang zum „Kami­ne“ zu erleich­tern. „Wir haben auch schon Eltern und Kin­der nach Schul­schluss ange­spro­chen. Die Kin­der sind sofort gekom­men und haben die­sen Raum für sich ent­deckt“, sagt Mi zu der Woche der offe­nen Tür, die vor kur­zem stattfand.

„Wer hier ein­mal rein­ge­kom­men ist, kann auch gleich mit­ma­chen. Hier kom­men alle in ver­schie­de­nen Rol­len zusam­men“, sagt Mi. Mal sei man Organisator:in, mal Teil des Freun­des­krei­ses, mal nur Zuhörer:in. „Es ist alles ein gro­ßes, selbst­or­ga­ni­sier­tes Netz, das die­sen Ort belebt.“ 

Din­ge anpa­cken, sich nicht nur bekla­gen: Das ist der Geist vom „Kami­ne“, das nicht eli­tär sein will, aber doch besonders.

Fotos: Andar­as Hahn

Kami­ne & Wein Kieztreff

Prin­zen­al­lee 58

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Joachim Faust

hat 2011 den Blog gegründet. Heute leitet er das Projekt Weddingweiser. Mag die Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen gleichermaßen.

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