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Lesung über verstorbene Kiezbewohnerin:
In Memoriam Dorothee Neserke-de la Haye

25. April 2023

Fast 20 Per­so­nen waren zur Lesung am 19. April ins Pri­ma Cen­ter in der Bie­sen­ta­ler Stra­ße gekom­men, die an die im Jahr 2019 ver­stor­be­ne Dich­te­rin und Schrift­stel­le­rin Doro­thee Neser­ke-de la Haye erin­ner­te. Doro­thee Neser­ke (1944 bis 2019) leb­te im Sol­di­ner Kiez, war eine Freun­din aus dem Sol­di­ner Kiez e.V. Sie schrieb Lyrik z. B. in ihrem Lyrik­band „Zart­bit­ter und ein Mär­chen“ (1994), ein Kin­der­thea­ter­stück „Noahs Arche“, das 1995/1996 urauf­ge­führt wur­de, berei­cher­te Antho­lo­gien und war im Vor­stand der Neu­en Gesell­schaft für Lite­ra­tur) NGL.

Nach der ein­lei­ten­den Musik von Erik Satie kam zunächst Ilia Kit­up zu Wort. Ilia Kit­up, der in sei­nem Pro­pel­ler Ver­lag das Buch „Din­ge“ (2023) mit sie­ben Kurz­ge­schich­ten aus dem Nach­lass von D. Neser­ke ver­öf­fent­lich­te, kün­dig­te an, in 2024 ein wei­te­res Buch mit Wer­ken von D. Neser­ke zu publi­zie­ren. Als ein­lei­ten­der Red­ner bemerk­te er, dass Doro­thee Neser­ke eine Frau mit Sta­tur und Manie­ren gewe­sen sei. Sie habe ihr Leben mit Lite­ra­tur und Kul­tur ver­bracht. In sei­nem Maga­zin GAF Der GAlak­ti­sche Futu­rist habe er Frau Neser­ke mit wei­te­ren drei Geschich­ten auf­ge­nom­men. In 2009 gab es ein Lite­ra­tur­fes­ti­val, die in der Kreuz­ber­ger Buch­hand­lung Nim­mer­satt statt­fand, wo er die Lesung von Doro­thee Neser­ke auf­zeich­ne­te, die an die­sem Abend im zwei­ten Teil der Ver­an­stal­tung gezeigt wurde.

Tho­mas Brauck­mann und Wal­traud Köh­ler vom Sol­di­ner Kiez e.V. began­nen die Lesung mit Kurz­ge­schich­ten aus dem Bänd­chen von Ilia Kit­up wie Der Fisch, Der Wein oder auch Die Lit­faß­säu­le, Die Vase. Was sich zunächst sim­pel und bloß anhört, als gin­ge es wie der Buch­ti­tel schon sagt, nur um Din­ge, ent­spinnt sich in den Geschich­ten als invol­vier­ter Blick auf Bege­ben­hei­ten zwi­schen Men­schen in unse­rer heu­ti­gen Zeit und dabei oft ver­bun­den mit dem abrup­ten Ver­las­sen der Hand­lung, womög­lich um mit Fas­sung, die auf den ers­ten Blick nicht erkenn­ba­re Wider­sin­nig­keit und auch Grob­heit des Bei­sam­men­seins in den Raum zu stel­len. Sie beschreibt Ver­här­tun­gen zwi­schen und gegen Men­schen, die man erst nach dem Nach­wir­ken begreift, wenn sol­che hart kon­tu­rier­ten Aus­schnit­te ohne regen­war­men Aus­klang aus dem Leben erzählt wer­den wie sie es tut.

Das Gedicht „Cre­scen­do“ hat bei den Zuhörer*innen atem­be­rau­ben­de Wir­kung gezeigt, es geht um die Nacht und all das, was die Nacht ver­spricht und ein­be­hält. Auch „Der Baum­stumpf“ ein ein­drück­li­ches knap­pes Text­stück, das mit „ … wo ich jetzt lebe ist mein Grab“ endet und eine trotz allen Ster­bens eine noch im Leben ste­cken blei­ben­de maka­be­re Zäsur des Daseins bekräftigt.

Wei­ter­hin sind es Pau­la Balov und ihre Mut­ter, die eine Lesung aus ihrem Lite­ra­tur­fes­ti­val­bei­trag im Jahr 1998 in Maze­do­ni­en lesen. Es ist ein Taschen­buch in sprach­lich dua­ler Fas­sung, das es nicht mehr zu kau­fen gibt und von den Balovs gehü­tet wird. Sie war der Fami­lie gut bekannt, man war vie­le Jah­re befreun­det und Pau­la, die Toch­ter, damals noch Schü­le­rin, pro­fi­tier­te von Frau Neser­kes guten Sprach­kennt­nis­sen in Fran­zö­sisch, als es um gute Schul­no­ten ging

Wie Tho­mas Brauck­mann zum Ende der Ver­an­stal­tung anmerk­te, gebe es guten Grund, mitt­ler­wei­le eine „Ahnen­ga­le­rie“ für den Sol­di­ner Kiez anzu­le­gen, die aus einer Foto­ga­le­rie der mitt­ler­wei­le ver­stor­be­nen akti­ven Anwohner*innen bestehen soll.

Text und Fotos © Rena­te Straetling

Renate Straetling

Ich lebe seit dem Jahr 2007 in Berlin-Wedding, genauer gesagt im Brüsseler Kiez - und ich bin begeistert davon. Wir haben es freundlich, bunt ohne Überspanntheit.
Jg. 1955, aufgewachsen in Hessen. Seit dem Jahr 1973 zum Studium an der FU Berlin bin ich in dieser damals noch grauen und zerschossenen Stadt. Mittlerweile: Sozialforschung, Projekte. Seit 2011 auch Selfpublisherin bei www.epubli.de mit fast 60 Titeln. Ich verfasse Anthologien, Haiku, Lesegeschichten, Kindersachbücher und neuerdings einen ökologisch orientierten Jugend-SciFi (für Kids 11+) "2236 - ein road trip in einer etwas entfernteren Zukunft" (Verlagshaus Schlosser, 28.11.22).-
Meine Beiträge zu meiner Kolumne Ü 60 habe ich für alle, die lieber analog lesen, in einem Sammelband zusammengefasst
Renate Straetling
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