Schwierige Meinungsfindung im Deutschen Bundestag, die Abgeordneten konnten sich nicht entscheiden. Denn sie lehnten einerseits die Impfpflicht ab (Schlagzeile: Schlappe für Karl Lauterbach) und lehnten gleichzeitig die Absage an eine Impfpflicht ab (fehlende Schlagzeile: Schlappe für die Impfgegner). Unterm Strich gleicht die Antwort auf die Frage nach einer Impfpflicht einer typischen Chat-Unterhaltung. Der Bundestag sagt “KA”, keine Ahnung. Doch die einzelnen Abgeordneten enthielten sich nicht, hatten eine Meinung. Die im Wedding (als Teil des Bundeswahlkreises Berlin-Mitte) gewählten Vertreter stimmten gestern wie folgt ab:
Impfpflicht ab 60 Jahren und als Option ab 18 Jahren
Der Bundestag hat den Antrag abgelehnt. Das Ergebnis lautet: 296÷378÷9 (Ja/Nein/Enthaltung). Der Vorschlag enthielt einen aus mehreren Entwürfen zusammengeführten Gesetzestext. Die ursprünglichen Varianten beschreibt dieser Beitrag weiter unten. Das gescheiterte Gesetz sah vor, dass die Impfpflicht für Menschen ab 60 Jahren gelten sollte. Medizinisch begründete Ausnahmen sollten möglich sein. Die Senioren hätten den Nachweis über drei Impfungen bis zum 15. Oktober erbringen müssen. Übergangsfristen wären vorgesehen gewesen. Außerdem wäre für ungeimpfte Erwachsene ein Beratungstermin vorgeschrieben gewesen. Bei neuen Erkenntnissen zu Impfquoten und Virusvarianten hätte die Bundesregierung im Herbst eine Impfpflicht für alle Erwachsene erklären können.
Annika Klose (SPD) hat zugestimmt.
Hanna Steinmüller (Grüne) hat zugestimmt.
Ottilie Klein (CDU) hat abgelehnt.
Beatrix von Storch (AfD) hat abgelehnt.
Impfvorsorge – Antrag der CDU
Der Bundestag hat auch diesen Antrag abgelehnt. Das Ergebnis lautet: 172÷496÷9 (Ja/Nein/Enthaltung). Es handelt sich um Drucksache 20⁄978. Sie enthielt einen Antrag, einen Impfmechanismus einzuführen. Die Bundesregierung sollte Kriterien erarbeiten, nach denen für Altersgruppen oder Berufsgruppen je nach Pandemielage eine Impfpflicht möglich hätte werden können. Zudem sollte Deutschland ein Impfregister einführen und die Regierung sollte die Impfkampagne fortführen. Vorgelegt hatte den Antrag die Fraktion der CDU.
Annika Klose (SPD) hat abgelehnt.
Hanna Steinmüller (Grüne) hat abgelehnt.
Ottilie Klein (CDU) hat zugestimmt.
Beatrix von Storch (AfD) hat abgelehnt.
Impfbereitschaft erhöhen
Diesen Vorschlag hat der Bundestag abgelehnt mit 85÷590÷12 (Ja/Nein/Enthaltung). Es handelt sich um Drucksache 20⁄680. Sie enthält den Antrag, die Bundesregierung solle mehr für Aufklärung und Werbung unternehmen. Zudem soll ermittelt werden, welche Impfraten und Impfintervalle eine Entlastung des Gesundheitswesens bewirken können. Vorgelegt hat den Antrag eine Gruppe von rund 50 Abgeordneten, angeführt von Wolfgang Kubicki. Aber auch Sarah Wagenknecht und Gregor Gysi stehen auf dem Antrag.
Annika Klose (SPD) hat abgelehnt.
Hanna Steinmüller (Grüne) hat abgelehnt.
Ottilie Klein (CDU) hat abgelehnt.
Beatrix von Storch (AfD) hat abgelehnt.
Keine Impfpflicht
Diesen Vorschlag hat der Bundestag abgelehnt mit 79÷606÷0 (Ja/Nein/Enthaltung). Eingebracht haben den Vorschlag namentlich genannte Abgeordnete der AfD-Fraktion (Beatrix von Storch ist nicht unter den Namen). Die Drucksache 20⁄516 enthält den Antrag, eine Impfpflicht für unverhältnismäßig zu erklären. Damit wäre auch die Impfpflicht für Beschäftigte in der Pflege rückgängig gemacht worden.
Annika Klose (SPD) hat abgelehnt.
Hanna Steinmüller (Grüne) hat abgelehnt.
Ottilie Klein (CDU) hat abgelehnt.
Beatrix von Storch (AfD) hat zugestimmt.
Nicht abgestimmt: Impfpflicht ab 50 Jahren
Dieser Vorschlag wurde nicht behandelt. Er ist Teil des Kompromisses “Impfpflicht ab 60 …” geworden. Die Drucksache 20⁄954 hätte eine Impfpflicht ab 50 Jahren vorgesehen. Prominenter Vertreter unter ihnen (aber nicht an erster Stelle genannt) waren SPD Generalsekretär Kevin Kühnert und Bundesminister Cem Özdemir. Vorgelegt hatten das Gesetz rund 45 Abgeordnete.
Nicht abgestimmt: Impfpflicht ab 18 Jahren
Dieser Vorschlag wurde nicht behandelt. Er ist Teil des Kompromisses “Impfpflicht ab 60 …” geworden. Die Drucksache 20⁄899 hätte eine Impfpflicht ab 18 Jahren vorgesehen. Vorgelegt haben das Gesetz rund 200 Abgeordnete. Wichtigster Punkt des vorgeschlagenen Gesetzes war, dass ab dem 1. Oktober alle Erwachsenen einen Impfnachweis hätten vorlegen müssen. Für den Nachweis wären drei Einzelimpfungen nötig gewesen. Die Regelung sollte bis 31.12.2023 befristet werden. Unter den Antragstellern befanden sich auch Kanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock, die SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil, Bundesminister Robert Habeck, Bundesminister Karl Lauterbach, Bundesministerin Steffi Lemke und Bundesministerin Svenja Schulze. Für Berlin-Mitte standen Annika Klose (SPD) und Hanna Steinmüller (Grüne) auf dem Antrag.
Weddinger Abgeordnete
Als Weddinger Abgeordnete gelten Annika Klose (SPD), Hanna Steinmüller (Grüne), Ottilie Klein (CDU) und Beatrix von Storch (AfD), weil sie 2021 im Wahlkreis Berlin-Mitte als Direktkandidaten antraten. Hanna Steinmüller gewann den Wahlkreis direkt. Die drei anderen Politikerinnen zogen über die Liste ein.
Der Deutsche Bundestag diskutierte gestern, am 7. April, zweieinhalb Stunden über Pro und Contra einer Impfpflicht. Nach weiteren rund zweieinhalb Stunden lehnten die Abgeordnete bei mehreren namentlichen Abstimmungen sämtliche eingebrachten Anträge – also Pro und Contra – ab. Damit ist weder die Impfpflicht beschlossen, noch deren Verzicht.
Wie schön, dass ALLE Bundestagsabgeordneten abstimmen durften und nicht nur die Mitte-/Weddinger Vertreter.
So sind immerhin alle Versuche einer staatlichen Impfpflicht krachend abgeschmettert worden ! Hier bin ich ja mal ausnahmsweise mit dem Gremium einig!