19.02.2020 Vorsicht Fehlschluss: diese Meldung gehört nicht in die Reihe von Berichten, wonach das Himmelbeet einen neuen Standort braucht (zuletzt Weddinger Allgemeine Zeitung). Dennoch ist es eine gute Nachricht für die Gemeinschaftsgärtner, dass die evangelische Kirche sie als Ratgeber und praktische Helfer für die Friedhofsnachnutzung St. Elisabeth II in der Wollankstraße beauftragt hat. Jonathan Kuhlberger und Romain Elleboudt vom Himmelbeet suchen am Mittwoch, 26. Februar, in der Carl-Kraemer-Grundschule Mitstreiter.
Die beiden Stadtgärtner informieren in zwei Runden. Die erste Durchlauf beginnt um 10 Uhr, der zweite für alle, die in Lohn und Brot stehen, startet um 18.30 Uhr. Klar ist, es geht um nachbarschaftliches Gärtnern. Wobei das Bezirksamt bereits mitteilt, dass Vorgaben zu bachten sind: “das Projekt bedarf naturschutzrechtlicher Genehmigungen und Begleitung durch das Umwelt- und Naturschutzamt”.
Gemeinsam Gärtnern auf ehemaligen Friedhof
“Geplant ist Gärtnern mit der Nachbarschaft”, sagt Bettina Neff von den evangelischen Friedhöfen auf Nachfrage des Weddingweisers. Unter dieser Überschrift ist vieles möglich. Das ist Absicht, denn: “Welche inhaltlichen Schwerpunkte mit dem gemeinsamen Gärtnern verbunden sein werden, hängt sicher von den Beteiligten sowohl seitens des Himmelbeets als auch seitens der Nachbarschaft ab”. Offenkundig möchte die Kirche die Erfahrung des Gemeinschaftsgartens Himmelbeet nutzen, damit die Idee “Totenacker zu Nachbarschaftsacker” erfolgreich wird. Zweifelsohne genießt das Himmelbeet einen guten Ruf im Wedding und verfügt über ein starkes Netzwerk.
Das Himmelbeet beschreibt die Idee als Freiflächennutzung. Auf dem Friedhof soll “der Fokus der gärtnerischen Fläche die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln sein.” Die Gemeinschaftsgärtner denken dabei an das Modell der “Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi)”. Außerdem soll es Bildungsangebote für Schulen und Kitas geben.
Bedarf an Friedhöfen sinkt
Anders als bei vergleichbaren Projekten – etwa St. Jacobi in Neukölln – wird “der Friedhof St. Elisabeth II weiterhin Friedhof bleiben”. Außerdem geht es lediglich um Teilflächen und auch diese sollen Schritt für Schritt zu einem Gemeinschaftsgarten entwickelt werden. Zur Verfügung stehen maximal 2,5 Hektar. “Wir hoffen, dass Himmelbeet ein Gartenprojekt schafft, das die Nachbarschaft neu mit ihrem Friedhof verbindet.” In dem Wörtchen “neu” steckt die Hoffnung, einerseits den Friedhof “auch langfristig grün zu erhalten” und andererseits das ehemalige Gräberfeld zu einem belebten Ort zu machen.
Hintergrund ist, dass die evangelische Kirche seit Jahren Friedhofsflächen auflöst. “Nach heutigen Prognosen werden nur noch 35 Prozent der Fläche für Bestattungen benötigt”, sagt Bettina Neff. Sie ist Projektleiterin ökologische und zentrale Nachnutzung bei der evangelischen Friedhofsverwaltung. Zudem verringere der Wandel der Bestattungskultur von der Sarg- zur Urnenbestattung den benötigten Platz. “Bei einer klassischen Sargbestattung fallen in Berlin im Schnitt 12,6 Quadratmeter Fläche an, bei einer Urnengemeinschaftsanlage nur 0,3 Quadratmeter”. 2006 wurden 78 Prozent der Verstorbenen in Urnen bestattet. Aktuell sind es 82 Prozent.
Auch kommunale Friedhöfe werden aufgegeben. Die Senatsverwaltung erklärt wie das geht: “Bei Aufhebung der Friedhofsnutzung ist gemäß Friedhofsgesetz eine Frist von 30 Jahren nach der letzten Bestattung einzuhalten.” Landeseigene Friedhöfe werden “grundsätzlich” in Grünflächen umgewandelt. Die Flächen werden “umgewidmet” von Friedhof zu öffentliche Grün- und Erholungsanlage. Die 30-Jahre-Frist nach der letzten Bestattung gilt auch für kirchliche Friedhöfe.
Friedhöfe schon immer ein Ort im Leben
Dass Friedhöfe schon immer mehr als nur “Orte der Totenruhe” waren, darauf weist Bettina Neff hin: Neben “Nutzern als trauernde Angehörige”, suchen seit langem “Menschen auf der Suche nach Ruhe und Besinnung” Friedhöfe auf. Auch “kunst- und kulturhistorisch interessierten Besucher” oder “Vogelkundler” sind gewohnte Gäste in den stillen Parks der Großstädte. Auch wenn der Gedanke neu ist, auf Friedhöfen nachbarschaftlich zu gärtnern, so dürften viele Weddinger einer solchen Nutzung eher zustimmen als einer Bebauung. In anderen Fällen ist es durchaus Anliegen der Kirche, Friedhofsland zu Bauland zu machen.
Der evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte verwaltet derzeit 46 Friedhöfe in sieben Berliner Innenstadtbezirken mit einer Gesamtfläche von rund 230 Hektar – etwa der Hälfte aller evangelischen Friedhöfe in Berlin. Himmelbeet ist Auftragnehmer und im Rahmen der Förderung durch das Berliner Programm für nachhaltige Entwicklung mit der Umsetzung des Gartenprojektes und der dazu gehörigen Vernetzung mit der Nachbarschaft beauftragt.
Einen ähnlichen Plan – einen Friedhof für die Stadt zu öffnen – verfolgt die evangelische Kirche für den Friedhof St. Pauls. Der Weddingweiser berichtete.
Links:
Beschreibung des Projekts Flächennutzung Friedhof St. Elisabeht II durch himmelbeet
Webseite des Friedhofverbandes
Infoveranstaltung am Mittwoch, 26. Februar, in der Carl-Kraemer-Grundschule ab 10 Uhr und um 18.30 Uhr
Andrei Schnell wünscht der Idee Gemeinschaftsgärtnern auf Friedhof viel Erfolg.
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