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Wo es die Besucher hinzieht:
Hilfe, die Touristen kommen in den Wedding!

9. Januar 2017
Touristen an der Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße. Foto: Hensel
Tou­ris­ten an der Gedenk­stät­te Ber­li­ner Mau­er in der Ber­nau­er Stra­ße. Foto: Hensel

Tou­ris­mus im Wed­ding, Tou­ris­ten im Brun­nen­vier­tel? Vie­le Bewoh­ner wür­den den Kopf schüt­teln: im Kie­z­all­tag sind ganz ande­re The­men wich­tig. Doch die drei tou­ris­ti­schen Attrak­tio­nen des sonst ruhi­gen Wed­din­ger Wohn­quar­tiers feh­len in kei­nem Ber­lin-Rei­se­füh­rer: die Gedenk­stät­te Ber­li­ner Mau­er, die Ber­li­ner Unter­wel­ten, der Mau­er­park-Floh­markt. Fast zwei Mil­li­on Men­schen aus aller Welt sehen sich in jedem Jahr im Kiez und an sei­nen Gren­zen um. Wir fas­sen zusam­men, was es da so zu sehen gibt.

Ber­lin ist eines der ganz wich­ti­gen Zie­le für Tou­ris­ten. Mehr als 10,6 Mil­lio­nen Tou­ris­ten kamen von Janu­ar bis Okto­ber 2016 in die deut­sche Haupt­stadt. Fern­seh­turm, Bran­den­bur­ger Tor, Regie­rungs­vier­tel, Pots­da­mer Platz ste­hen selbst­ver­ständ­lich auf der Rei­se­rou­te durch die Stadt. Doch die Tou­ris­tik­un­ter­neh­men steu­ern auch den Wed­ding und vor allem das Brun­nen­vier­tel an. So fah­ren auch die grü­nen Dop­pel­de­cker­bus­se auf ihrer Rund­tour “Mau­er + Kieze” Tou­ris­ten durch den Kiez.

Ob sich die Wel­ten­bumm­ler in Mit­te, Prenz­lau­er Berg oder Wed­ding bewe­gen, ist für sie neben­säch­lich. Sie wol­len den berühm­ten Floh­markt sehen, sich in alten Bun­ker­an­la­gen umschau­en, an der Erin­ne­rungs­land­schaft an der Ber­li­ner Mau­er ent­lang­lau­fen. Sie schau­en sich um wie bei allen ande­ren Sehens­wür­dig­kei­ten der Stadt, machen ein Foto und zie­hen wei­ter zur nächs­ten Sta­ti­on. “Der durch­schnitt­li­che Tou­rist möch­te dort­hin fah­ren, wo es kei­ne Tou­ris­ten gibt”, sag­te ein­mal der ame­ri­ka­ni­sche Jour­na­list und Humo­rist Sam Ewing. Sie suchen das ech­te Leben fern­ab der für sie her­ge­stell­ten Insze­nie­rung. Unter die­sem Aspekt ist das Brun­nen­vier­tel viel­leicht ein guter und authen­ti­scher Ort für Stadterkunder.

Zahl­rei­che Pro­jek­te haben sich dar­auf spe­zia­li­siert, die Gäs­te durch das Gebiet zu füh­ren. Es gibt Archi­tek­tur­füh­run­gen, Tou­ren durch den Hum­boldt­hain, Füh­run­gen rund um das Gesund­brun­nen Cen­ter und in der Kul­tur­braue­rei im Prenz­lau­er Berg beginnt eine belieb­te Fahr­ra­d­er­kun­dungs­tour ent­lang der Mau­er, die die Tou­ris­ten auch ins Brun­nen­vier­tel bringt.

Das The­ma Tou­ris­mus hat auf den ers­ten Blick nicht sehr viel mit dem All­tag vie­ler Men­schen im Kiez zu tun. Floh­markt und Mau­er­ge­denk­stät­te mögen für man­che gefühlt viel­leicht gar nicht im Kiez lie­gen, die Ange­bo­te der gro­ßen Tou­ris­ten­at­trak­tio­nen sind viel­leicht wenig inter­es­sant für die hier leben­den Men­schen, doch es ist das Brun­nen­vier­tel, das jeden Tag Gast­ge­ber für Men­schen aus Groß­bri­tan­ni­en, Ita­li­en, den USA, Spa­ni­en und vie­len ande­ren Län­dern ist. Was die Men­schen im Kiez mit ihnen zu tun haben wol­len, das ent­schei­den sie wie alle, die neben dem Fern­seh­turm, der Muse­ums­in­sel oder in der Nähe des Gen­dar­men­mark­tes woh­nen selbst.

Bernauer Straße: Gedenkstätte Berliner Mauer 

Anlaufpunkt für Besucher an der Gedenkstätte Berliner Mauer. Foto: Hensel
Anlauf­punkt für Besu­cher an der Gedenk­stät­te Ber­li­ner Mau­er: das Besu­cher­zen­trum. Foto: Hensel

Die Gedenk­stät­te Ber­li­ner Mau­er ist mit ihrer Erin­ne­rungs­land­schaft ein Anzie­hungs­punkt für geschichts­in­ter­es­sier­te Besu­cher. Sie ist als zen­tra­ler Erin­ne­rungs­ort für die deut­sche Tei­lung und ihrer Opfer kon­zi­piert und brach­te 2016 rund 976.000 Men­schen in die Ber­nau­er Stra­ße. Das Besu­cher­zen­trum und das Doku­men­ta­ti­ons­zen­trum mit dem Aus­sichts­turm lie­gen auf Wed­din­ger Sei­te. Von dort aus star­ten vie­le ihren Weg ent­lang des ehe­ma­li­gen Grenz­strei­fens. Ein Vier­tel der Besu­cher kamen in Gruppen.

Fast die Hälf­te der Besu­cher kamen im ver­gan­ge­nen Jahr aus Deutsch­land, 53 Pro­zent aus dem Aus­land. Das Spek­trum der Her­kunfts­län­der war brei­ter gefä­chert als noch im Jahr davor. Zwar kam rund die Hälf­te der aus­län­di­schen Gäs­te wei­ter­hin aus einem west­eu­ro­päi­schen Land. Neben Nord­ame­ri­ka­nern kamen dar­über hin­aus 2016 im Ver­gleich aber mehr Besu­cher aus afri­ka­ni­schen und asia­ti­schen Län­dern und aus dem Nahen und Mitt­le­ren Osten. Sie reis­ten vor allem aus Japan, Chi­na, Süd­ko­rea, aber auch aus Ban­gla­desch, Thai­land, Isra­el, Iran, Oman, Syri­en oder dem Sene­gal zu die­sem Erin­ne­rungs­ort auf dem ehe­ma­li­gen Grenz­strei­fen.
www.berliner-mauer-gedenkstaette.de

Mauerpark: Flohmarkt, Karaoke und mehr

Auf dem Flohmarkt am Mauerpark. Foto: Hensel
Auf dem Floh­markt am Mau­er­park. Foto: Hensel

An jedem Sonn­tag strö­men die Men­schen in den Mau­er­park. In den Som­mer­mo­na­ten drän­gen sich vie­le tau­send Men­schen über den Floh­markt – da wird es oft sehr eng. Kein Wun­der: der Floh­markt am Mau­er­park steht in jedem Ber­lin-Rei­se­füh­rer. Was vie­le nicht wis­sen: der weit über die Gren­zen der Stadt bekann­te Markt im Mau­er­park liegt im Brun­nen­vier­tel, auf Wed­din­ger Ter­ri­to­ri­um, zumin­dest noch. Es ist aber geplant, dass der Bezirk Pan­kow die Flä­chen über­nimmt (inzwi­schen ist das erfolgt, Anm.d.R.) . Auf dem Markt wer­den vie­le Spra­chen gespro­chen, denn die Fla­nie­ren­den sind haupt­säch­lich Tou­ris­ten. Nur weni­ge Schrit­te wei­ter haben sie mit dem eben­falls berühm­ten Karao­ke im Amphi­thea­ter im Mau­er­park eine wei­te­re Attrak­ti­on. Umrahmt wird das bun­te Trei­ben von unzäh­li­gen klei­nen Kon­zer­ten und Klein­kunst­dar­bie­tun­gen im Park.

Bahnhof Gesundbrunnen: Berliner Unterwelten 

Besucher stehen am Pavillon am Bahnhof Gesundbrunnen für Tickets für eine der Touren der Berliner Unterwelten an. Foto: Hensel
Besu­cher ste­hen am Pavil­lon am Bahn­hof Gesund­brun­nen für Tickets für eine der Tou­ren der Ber­li­ner Unter­wel­ten an. Foto: Hensel

Der Ver­ein „Ber­li­ner Unter­wel­ten“ hat sich der Erfor­schung und Doku­men­ta­ti­on unter­ir­di­scher Bau­ten ver­schrie­ben. Am Info­ki­osk neben dem U‑Bahnhof Gesund­brun­nen war­ten täg­lich unzäh­li­ge Inter­es­sen­ten auf eine der Füh­run­gen durch die alten U‑Bahnschächte und Bun­ker­an­la­gen. 335.000 Besu­cher zähl­te der Ver­ein 2016, gut 10.000 mehr als im Jahr davor. Die Aus­stel­lung Mythos Ger­ma­nia – Visi­on und Ver­bre­chen ver­zeich­ne­te dar­über hin­aus rund 9.000 Indi­vi­du­al­be­su­cher und etwa 500 Teil­neh­mer von geführ­ten Rund­gän­gen. An den Bil­dungs­se­mi­na­ren des Ver­eins nah­men im ver­gan­ge­nen Jahr 689 Gäs­te teil.
www.berliner-unterwelten.de

Was noch?

Das AEG-Tor an der Brunnenstraße, auch Beamtentor genannt. Foto: Hensel
Das AEG-Tor an der Brun­nen­stra­ße, auch Beam­ten­tor genannt. Foto: Hensel

Für Archi­tek­tur­freun­de unter den Tou­ris­ten gibt es im Brun­nen­vier­tel wei­te­re inter­es­san­te Orte, zum Bei­spiel den Flak­turm im Hum­boldt­hain, das AEG-Tor, die Mil­lio­nen­brü­cke, der Gleim­tun­nel und die Liesenbrücken.

Text und Fotos: Domi­ni­que Hensel

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