Das Haus Phönix in der Koloniestraße ist ein Wohnprojekt für Drogensüchtige. Klaus Großer weiß aus eigener Erfahrung, was Sucht bedeutet. Mit dem Projekt hat der den Ausstieg geschafft und engagiert sich heute für die Prävention.
Mein Name ist Klaus. Ich bin 47 Jahre und süchtig. Ich lebe aber seit mehreren Jahren abstinent und arbeite seit vier Jahren im Haus Phönix Mitte in der Koloniestraße. Seit drei Jahren betreue ich von dort aus das Netzwerk „Wir lassen uns nicht betäuben“, das sich mit Drogenprävention beschäftigt. Ein ähnliches Projekt existiert seit 2013 auch in Pankow, wo wir zusammen mit der Polizei vom Abschnitt 13 an Schulen Aufklärungsarbeit zu legalen und illegalen Drogen leisten.
Das Haus ist Zufluchtsort für Süchtige
Das Haus Phönix ist ein soziales, betreutes Wohnprojekt für ehemals drogenabhängige Menschen. Es gibt einen Standort in Pankow und einen im Soldiner Kiez. Bei uns finden seit 1998 bis zu 75 wohnungslose Süchtige einen Zufluchtsort, ein sogenanntes cleanes Umfeld – ohne Alkohol und Drogen. Unsere Bewohner lassen sich beim Einzug auf folgende Regel ein: Keine Gewalt oder Drogen im oder außerhalb des Hauses! Darüber hinaus verpflichten sie sich, ein Mal in der Woche an der Etagen-Sucht-Selbsthilfegruppe teilzunehmen.
Wir haben Räumlichkeiten in unserem Selbsthilfetreff in der Koloniestraße 76, wo von Montag bis Sonnabend Kaffee, Tee und weitere alkoholfreie Getränke, Frühstück und Mittagessen für wenig Geld angeboten werden. Mittwochs in der Zeit von 12 bis 13.30 Uhr findet die wöchentliche offene Selbsthilfegruppe „Antipappalapap“ statt, die von jedem genutzt werden kann, der keine Drogen und keinen Alkohol zu sich genommen hat. Freitags ab 18 Uhr findet die NA-Selbsthilfegruppe statt (Narcotics Anonymous – Anonyme Süchtige). Oft werden die Räume auch von den Nachbarn für Festlichkeiten genutzt. Seit 2008 werden regelmäßig einmal im Monat die Treffen der Bürgerinitiative „Obere Koloniestraße“ ausgerichtet.
Nach einem schwerem Brand im November 2013 haben wir unser Haus wieder schnell bewohnbar gemacht, um unsere Arbeit am und mit den Menschen weiterführen zu können.
Eine neue Idee: das Lotsennetzwerk Berlin
Im Juni 2015 haben wir uns für ein neues ehrenamtliches Projekt entschieden, um Hilfe zu leisten für Menschen, die gerade den ersten Schritt zum drogenfreien Leben machen. Unser „Lotsennetzwerk Berlin“ kommt aus der Sucht-Selbsthilfe und besteht aus langjährig abstinent lebenden Menschen, die Betroffene in den Entgiftungsstationen der Krankenhäuser aufsuchen, um Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten und zur Seite zu stehen. Oft sind es die kleinen Dinge, die am Anfang eines drogenfreien Lebens stehen und die doch so wichtig sind. Momentan haben wir zwölf Lotsen und Lotsinnen, die regelmäßig verschiedene Krankenhäuser und Entgiftungseinrichtungen aufsuchen und in Vorstellungsgruppen für die Betroffenen gehen. Alle unsere Lotsen sind für ihre Aufgabe geschult.
Leider konnten wir für das noch junge „Lotsennetzwerk Berlin“ bisher keine Finanzierung für Lotsenhandys, Lotsentaschen, Fahrtkosten und weiteres Büromaterial organisieren. Diese Dinge werden aber dringend benötigt, um einen Standard für die Ehrenamtlichen zu gewähren. Wir bleiben aber dran!
Unsere Arbeit dient dazu, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Das wird oft missverstanden und es kommt die Frage auf: Warum Selbsthilfe? Unsere Antwort ist ganz einfach: Die Arche Noah wurde mit Gottes Hilfe in Selbsthilfe gebaut, die Titanic von Fachleuten … Man sollte auch bedenken, dass viele Menschen auf der Suche nach neuen Wegen sind, die sie herausbringen aus dem, was bisher wie ein geschlossener Kreis wirkte. Ihnen geht es dabei um eigene Interessen und Vorteile, selbst etwas für sich zu tun. Das ist gut so und dabei wollen wir Unterstützung bieten.
Haus Phönix, Koloniestraße 76, www.haus-phoenix.de
Der Text ist in der Mai-Ausgabe des Kiezmagazins Soldiner erschienen. Wir sind Kooperationspartner der Bürgerredaktion, die das Magazin ehrenamtlich vier Mal im Jahr herausgibt. Autor dieses Textes ist Klaus Großer. Mehr über die Soldiner-Kiezredaktion unter www.dersoldiner.wordpress.com. Fotos: Dominique Hensel